Citron Sauvage 2004

Kourosiosi
18.02.2022 - 16:39 Uhr
1
8
Preis
6
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Vincents Fahrenheit

Vincent van Gogh malte in Arles eine Serie von Bildern mit Sonnenblumen. Gelb ist da die dominante Farbe. In der Ölmalerei gibt es Pigmente die durch einen Anteil an Metallen leicht giftig sind: Kobaltgelb oder Kadmiumgelb zum Beispiel. Das potentiell gesundheitsschädliche Terpentin wird als Binde- und Verdünnungsmittel ebenfalls in der Ölmalerei verwendet. Es ist ein Gemisch aus Harzen und ätherischen Ölen und gehört zu den Balsamen.

An der Cote d´Azur gibt es auch heute noch Ateliers in denen Künstler mit kräftigem Strich das besondere Licht dieser herrlichen Landschaft in Ölfarben einfangen. Vor Corona waren wir Ende des Winters oft zum Rennradfahren dort und haben rund um Menton auch Künstler besucht und das eine oder andere Bild gekauft. Citron Sauvage ist der Duft, der mich schlagartig in so ein Atelier versetzt. Aus den 90ern habe ich noch einen Flakon der Parfumerie Funel aus der Avenue Felix Faure aus Menton. Er heißt Toulanne und ist ein Lavendelduft. Aber hinter dem Lavendel ist auch dieser dunkle Honig-Terpentin-Balsam, vielleicht inzwischen auch altersbedingt. Bei Citron Sauvage wird der Lavendel durch helle kadmiumgelbe Zitrone ersetzt. Was besser zur Winterzeit passt, weil wie das Licht strahlender, frischer als der Lavendel. Wer selbst einmal Terpentin benutzt hat, kennt den leichten Film, der am Ende auf der Haut zurück bleibt: weder trocken noch ölig. Ich habe das Gefühl, den Duft nicht nur zu riechen, sondern auch zu spüren.

Mag ich so riechen? Manchmal, ja. Für mich selbst, um eine Reise zu machen. Ich kann alles verstehen, was meine Vorredner schrieben: Manche Klosteine riechen ähnlich, aber das wirft man ja auch dem von mir geliebten Kouros vor. Das ölige Terpentin erinert mich entfernt an die Benzinnote im alten Fahrenheit, nur dunkler. Citron Sauvage ist eine sehr abstrakte Zitrone, riecht für manche leicht giftig, gesundheitsschädlich und deshalb definitiv schwerer zugänglich als zum Beispiel Eau De Rochas. Für mich ist es die moderne Interpretation der Sonnenblumen Van Goghs in Duftform. Van Gogh konnte kein Fahrenheit tragen. Aber wenn er in Arles im Sommer die Tür des Ateliers nach getaner Arbeit öffnete und lauer Zitronenwind sich mit dem Ölmalereidüften vermischte, roch es nach Citron Sauvage. Finde ich klasse :-)
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