Terrasse à St-Germain 2012

Nezdoux
10.09.2016 - 07:59 Uhr
11
Sehr hilfreiche Rezension
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft

Sakrament

Ein Sakrament ist ein Ritus, der als sichtbares Zeichen eine unsichtbare Wirklichkeit Gottes vergegenwärtigt und an ihr teilhaben lässt.

„Sakramente muss man spüren“ schreibt Pfarrer Rainer Maria Schießler in seinem Buch „Himmel, Herrgott, Sakrament.“ Nicht, wie in der Priesterausbildung gelehrt, für eine Taufe den Daumen vorsichtig in den Chrisambalsam eintunken und ein Kreuz auf die Stirn des Kindes zeichen, um selbiges sofort mittels eines zwischen Zeigefinger und Mittelfinger geklemmten Wattebausches zu entfernen, sondern mit einem ordentlichen Batzen herrlich duftenden Chrisamöls Kopf und Körper des neuen Erdenbürgers großzügig salben.

Offenbar wurde ich lehrmethodengerecht getauft, denn ich erinnere mich nicht an den Duft des Chrisams, jedoch stelle ich ihn mir so vor wie Terrasse a St. Germain von Jul et Mad. Salbung ist so auch das Hauptthema des Dufts, wie auch die Unberührtheit, Unschuld, Naivität und Heiligkeit eines neuen Lebens. Geborgenheit - getragen sein von den blumigen, cremigen Nuancen des Dufts auf seinem Patchoulibett. Von Heiligkeit sachte umweht, wie das leise Flügelschlagen der Englein, die mit Sicherheit besonders solche Taufen lieben und zahlreich aufsuchen, bei denen der Pfarrer mit dem Chrisam nicht spart.

Ein wenig hart tue mir, den Namen des Duftes mit seiner Textur in Verbindung zu bringen. Das Bild einer Terrasse auf der Seine Insel St. Germain in Paris entsteht, umfriedet von einer von üppigen bunten Blüten bewachsenen, ockerfarbenen Lehmmauer. Der Duft besingt eher die in zarter Herbstsonne warm strahlende Lehmmauer, als die dort vor sich hinträumenden Blumen. Unmerklich rieselt Sand aus den vor einigen hundert Jahren handgeformten Lehmziegeln und erinnert daran, dass die unsichtbare Wirklichkeit Gottes immer und überall um uns ist.
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