Bal à Versailles 1962 Eau de Toilette

Primel
09.03.2022 - 03:54 Uhr
23
Top Rezension
10
Preis
10
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft

L’odeur c’est moi!

Louis XIV mochte durchaus reinlich gewesen sein, genoss er doch ausgiebige Wannenbäder mit seinen jeweiligen Mätressen. Dennoch war dieser mächtige Monarch eigentlich ein armer Kerl, Opfer der Experimentierfreudigkeit seiner Leibärzte. Gemäss geschichtlicher Überlieferung wurden Louis sämtliche Zähne gezogen und darüber hinaus Teile seines Gaumens entfernt (ohne Narkose!). Die Indikation zu solch einer Operation in diesem Fall dürfte interessant zu erfahren sein, würde den zeitlichen Rahmen dieser Rezension aber erheblich sprengen. Dass aber Speisen im Mund des Königs hierbei an Orte gelangten wo sie nicht hingehörten, versteht sich von selbst (weitere Details, und vor allem den Geruch, will man sich nicht vorstellen!!).

Aber die Renaissance war vorbei, die Blütezeit des Rokoko hatte Einzug gehalten, mit der Körperhygiene ging es langsam wieder aufwärts. Jean Desprez‘s Bal à Versailles hat vermutlich die Düfte und Gerüche des opulent-verschwenderisch-luxuriösen Lebens von Marie-Antoinette einfangen wollen, was ihm sicherlich vortrefflich gelungen ist!

Nach einer durchtanzten Nacht werden die Beine und Füsse der Königin Marie-Antoinette kräftig mit Rosmarinöl massiert, duftender Orangenblütentee sowie eine schwere Kristallschale mit Vanille-Macarons werden in ihrem Boudoir à côté de la chaiselongue platziert. Ein scharf-süsslicher Duft breitet sich aus. Später macht der schneidige Axel von Fersen ihrer Majestät seine Aufwartung und überreicht seiner Angebeteten ein üppiges Rosenbouquet, und in einem zierlichen Sandelholzkästchen funkelndes Geschmeide. Später wird noch ein Ausflug ins „Petit Trianon“ getätigt, wobei der Duft der blühenden Gärten stark überlagert wird vom pudrigen Odeur der neuesten Création auf dem königlichen Haupte. Nachdem ausgiebig zwischen üppig blühenden Fliederbüschen und zierlichen Maiglöckchen flaniert wurde, geht es an diesem strahlend sonnigen Frühsommertag zurück ins Schloss. Auf dem Weg in die Gemächer ihrer Majestät passiert das königliche Gefolge allerlei Hinterlassenschaften in sämtlichen Aggregatszuständen. Dieser Geruch verfolgt Marie-Antoinette bis in ihr Boudoir….

Hier ging die Fantasie mit mir durch und diese kleine Szenerie ist mit Sicherheit historisch nicht korrekt ;)

Für mich ist dieser Duft schier untragbar, dennoch ein Meisterwerk. Zu Beginn wirkt der Duft aufgrund der Kräuter und Zitrusfrüchte sehr maskulin, erst danach weich und pudrig. Der blühende Garten wird leider unter einer dicken Puderschicht begraben, für mich wirken die Blumen wie gestickt auf einem langsam verblassenden Gobelin….

Der Rest ist Geschichte: Zibet der übelsten Sorte und das über Stunden! Ein kleines Andenken an die fehlenden sanitären Anlagen und die allgegenwärtigen Exkremente im Schlosse Versailles :(

Et voilà jetzt wasche ich meine Hände wieder in Unschuld (und desinfiziere sie noch gründlich)!

Vielen herzlichen Dank fürs Lesen :)
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