Primel

Primel

Rezensionen
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1 - 5 von 41
Primel vor 2 Jahren 25 17
10
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Kein Duft für den Sensenmann
Dieses Eau de Toilette ist offenbar eine ideale Projektionsfläche für die verschiedensten Empfindungen: beispielsweise dufte es « böse“, „nach Tod“, „kalt“, „wie ein Nadelwald“ und so weiter und so fort. Mir fällt zu diesem Duft spontan ein Gedicht von Ludwig Uhland ein, welches ich sehr mag:

Frühlingsruhe

O legt mich nicht ins dunkle Grab
Nicht unter die grüne Erd hinab
Will ich begraben sein,
lieg‘ ich ins tiefe Gras hinein
In Gras und Blumen lieg‘ ich gern
wenn eine Flöte tönt von fern
und wenn hoch obenhin
die hellen Frühlingswolken ziehn

EN ist kein Duft für Unbeschwerte, die wie bunte Schmetterlinge von Blüte zu Blüte flattern und das Leben mit all seinen Annehmlichkeiten auskosten wollen. EN strahlt eine ruhige Ernsthaftigkeit aus, ich empfinde ihn aber keinesfalls als „böse“. Seine Emotionslosigkeit wird als Kälte interpretiert, passt aber vortrefflich zu zentrierten und zielstrebigen Menschen, welche sich auf das Wesentliche konzentrieren wollen, wobei dieses in weltlichen Vergnügungen schlussendlich nicht zu finden ist. Nicht nach Tannenwald, vor allem nach Thuja und auch leicht nach Zedern duftend erinnert mich EN ein wenig an „Féminité du Bois“ von Serge Lutens, wenn auch ganz entfernt. Dunkelgrün, würzig, erdig und zugleich frisch verkörpert EN einen irgendwie „ästhetischen Tod“. Leiden und Qual, Geruch nach Krankheit, Verfall und Verwesung, ja sogar die Trauer sind vorbei. Nun beginnt die Ewigkeit und tiefer Frieden. Nicht zuletzt verkörpern die immergrünen Friedhofsbäume die Hoffnung auf ewiges Leben. Das vermeintlich „Böse“ rührt vermutlich vom giftigen Duft der Thuja her, aber ansonsten tödliche Gifte bergen auch die Chance auf Heilung. Thuja ist entzündungshemmend bei Rheuma, Eibe (ein weiterer Immergrüner) wird oftmals bei Krebserkrankungen eingesetzt.

EN ist für mich kein typischer Männerduft, sondern ausdrücklich von allen Geschlechtern tragbar, fehlt diesem doch aggressive Männlichkeit als auch zarte Weiblichkeit (oder auch umgekehrt, um nicht in irgendwelche Klischees zu verfallen ;)

Fazit: Ein Duft der „über den Dingen steht“ und einfach unglaublich cool ist!
17 Antworten
Primel vor 2 Jahren 23 14
10
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
L’odeur c’est moi!
Louis XIV mochte durchaus reinlich gewesen sein, genoss er doch ausgiebige Wannenbäder mit seinen jeweiligen Mätressen. Dennoch war dieser mächtige Monarch eigentlich ein armer Kerl, Opfer der Experimentierfreudigkeit seiner Leibärzte. Gemäss geschichtlicher Überlieferung wurden Louis sämtliche Zähne gezogen und darüber hinaus Teile seines Gaumens entfernt (ohne Narkose!). Die Indikation zu solch einer Operation in diesem Fall dürfte interessant zu erfahren sein, würde den zeitlichen Rahmen dieser Rezension aber erheblich sprengen. Dass aber Speisen im Mund des Königs hierbei an Orte gelangten wo sie nicht hingehörten, versteht sich von selbst (weitere Details, und vor allem den Geruch, will man sich nicht vorstellen!!).

Aber die Renaissance war vorbei, die Blütezeit des Rokoko hatte Einzug gehalten, mit der Körperhygiene ging es langsam wieder aufwärts. Jean Desprez‘s Bal à Versailles hat vermutlich die Düfte und Gerüche des opulent-verschwenderisch-luxuriösen Lebens von Marie-Antoinette einfangen wollen, was ihm sicherlich vortrefflich gelungen ist!

Nach einer durchtanzten Nacht werden die Beine und Füsse der Königin Marie-Antoinette kräftig mit Rosmarinöl massiert, duftender Orangenblütentee sowie eine schwere Kristallschale mit Vanille-Macarons werden in ihrem Boudoir à côté de la chaiselongue platziert. Ein scharf-süsslicher Duft breitet sich aus. Später macht der schneidige Axel von Fersen ihrer Majestät seine Aufwartung und überreicht seiner Angebeteten ein üppiges Rosenbouquet, und in einem zierlichen Sandelholzkästchen funkelndes Geschmeide. Später wird noch ein Ausflug ins „Petit Trianon“ getätigt, wobei der Duft der blühenden Gärten stark überlagert wird vom pudrigen Odeur der neuesten Création auf dem königlichen Haupte. Nachdem ausgiebig zwischen üppig blühenden Fliederbüschen und zierlichen Maiglöckchen flaniert wurde, geht es an diesem strahlend sonnigen Frühsommertag zurück ins Schloss. Auf dem Weg in die Gemächer ihrer Majestät passiert das königliche Gefolge allerlei Hinterlassenschaften in sämtlichen Aggregatszuständen. Dieser Geruch verfolgt Marie-Antoinette bis in ihr Boudoir….

Hier ging die Fantasie mit mir durch und diese kleine Szenerie ist mit Sicherheit historisch nicht korrekt ;)

Für mich ist dieser Duft schier untragbar, dennoch ein Meisterwerk. Zu Beginn wirkt der Duft aufgrund der Kräuter und Zitrusfrüchte sehr maskulin, erst danach weich und pudrig. Der blühende Garten wird leider unter einer dicken Puderschicht begraben, für mich wirken die Blumen wie gestickt auf einem langsam verblassenden Gobelin….

Der Rest ist Geschichte: Zibet der übelsten Sorte und das über Stunden! Ein kleines Andenken an die fehlenden sanitären Anlagen und die allgegenwärtigen Exkremente im Schlosse Versailles :(

Et voilà jetzt wasche ich meine Hände wieder in Unschuld (und desinfiziere sie noch gründlich)!

Vielen herzlichen Dank fürs Lesen :)
14 Antworten
Primel vor 2 Jahren 10 6
8
Flakon
6
Sillage
5
Haltbarkeit
5
Duft
Dessert am Valentinstag
Ein Mann kann wohl nichts falsch machen, wenn er seine Angebetete am Valentinstag mit Rosen und Schokolade beglückt. Obwohl selbst Rosenfan und auch Schokolade nicht abhold, muss ich in diesem Fall leider dankend abwinken. Zwar hat das Dufthaus Mancera den hochwertigen Flakon mit Magnetverschluss zudem noch liebevoll in feinstes Leder gehüllt. Dennoch wird das mehr als zweifelhafte Duftvergnügen hiermit nicht wettgemacht.

Der Duft startet mit der versprochenen Schokolade, allerdings (wie bereits in vorherigen Rezensionen beschrieben) mit einer ausgeprägten Kaffenote. Ich mag zwar den Duft von Kaffebohnen oder von frisch aufgebrühtem Kaffee, hier riecht es aber nach kaltem Kaffeesatz. Leider lässt sich aus diesem nicht herauslesen, ob der Duft mit der Zeit besser wird :)

Mit der Zeit kommen dann doch die Rosen zum Vorschein. Wer sich nun auf den frischen Duft von englischen Gartenrosen freut, den muss ich leider enttäuschen, da die Rose sehr synthetisch duftet und mich an Möbelpolitur erinnert.

Die Sillage ist im ersten Moment regelrecht erschlagend, danach wird der Duft dezenter, dennoch über mehrere Stunden wahrnehmbar.

Für mich ein recht enttäuschendes Wässerchen. Und ich habe mir redliche Mühe gegeben „Roses and Chocolate“ zu mögen. Aber die Schokoladennote wurde beispielsweise bei Muglers „Angel“ erheblich besser hingekriegt. Auch die Rosen empfinde ich so gar nicht als rosig
:(

Es ist mit Sicherheit empfehlenswert, den Duft einerseits vorher zu testen und sich zudem von jeglichen Erwartungen freizumachen. Dann könnte er einem vielleicht ja doch noch gefallen :)
6 Antworten
Primel vor 2 Jahren 24 16
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
Mit Wysel Gyr nach Kaschmir
Mir ist klar, dass nur die wenigsten hier Wysel Gyr kennen. Er war das helvetische Pendant zu Karl Moik oder Carolin Reiber, und „Öisi Musig“ vergleichbar mit dem „Musikantenstadl“. Meine Ma, die volkstümliche Musik eigentlich verabscheute, schwelgte zu meiner Verwunderung immer wieder in Träumen, in welchen sie mit Wysel Gyr Kaschmir bereist. Zum Jodeln und Fahnenschwingen? Diese Vorstellung bereitete mir ziemliches Unbehagen. Wieso eigentlich ausgerechnet Kaschmir? Ich werde es leider nicht mehr in Erfahrung bringen können.

Jahre später hatte ich dann endlich das Vergnügen, „Kaschmir » olfaktorisch erleben zu dürfen: „Casmir“ von Chopard. Meine damalige Kollegin benutzte diesen Duft mehr als grosszügig. Da zur damaligen Zeit die Düfte noch nicht reformuliert waren, bekam ich praktisch täglich eine volle Breitseite ab! Sie dezent darauf hinweisen, dass der Duft too much war, unerträglich vanillig mit Untertönen von leicht säuerlichem Aprikosen-Babybrei und mir Kopfschmerzen machte? Fehlanzeige! Sie hatte ein äusserst empfindsames Gemüt :)
Und Abstandsregeln hatten wir damals auch noch keine! Glücklicherweise dauerte die Zusammenarbeit nicht allzu lange, und „Casmir“ gehörte bald der Vergangenheit an.

Vor kurzem fiel mir ein praktisch voller Testflakon in die Hände, zu einem wahrhaft lächerlichen Preis (wusste gar nicht, dass Chopard schweizerisch ist, für mich war es immer „très français » :) Sollte man da nicht zuschlagen? Trotz Abneigung in längst vergangenen Zeiten?
Nun ja der Flakon war schon schön. Vermutlich einer Stupa (buddhistisches Bauwerk) nachempfunden.

Aber, was war denn das? Der Duft war vorzüglich herangereift während jahrzehntelanger Abstinenz meinerseits (oder ich endlich reif für diesen Duft :)

Der Duft startet zwar mit der erwarteten Vanille, aber doch eigentlich sehr schön mit frischem Obstsalat garniert, Kokosnuss glücklicherweise sehr dezent. Diese Vanille duftet angenehm, nicht pappsüss, die holzigen Noten vermögen dies gekonnt zu verhindern. Mit der Zeit empfinde ich den Duft als blumiger. Schöner Jasmin macht sich bemerkbar und auch die Rosengeranie. Vom Maiglöckchen merke ich nichts. Aber irgendwie finde ich Maiglöckchen in orientalischen Düften sowieso ein wenig deplatziert, ich weiss auch nicht warum! Mit der Zeit wird der Duft abwechselnd holzig-vanillig, dann wieder sanft-blumig. Später blinzelt wieder das eine oder andere Früchtchen. Spannend :)

Fazit: Ich bin angenehm überrascht! Entweder wurde dieser Duft bis zur Unkenntlichkeit reformuliert, oder lediglich die damalige Überdosis dieses Duftes hat meine (tatsächlich ungerechtfertigte) Antipathie ausgelöst.

Vielen Dank fürs Lesen meiner Irrungen und Wirrungen mit Casmir :)
16 Antworten
Primel vor 3 Jahren 15 14
6
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7.5
Duft
Hin….Und weg?….Wow….
Putzen ist öde. Nachputzen, weil die aus Zeitmangel angestellte Raumpflegerin liederlich geputzt hat, noch öder und zudem ärgerlich. Manchmal hat aber schnöde Reinigungsarbeit auch ihr Gutes, besonders wenn man beim Aufräumen auf Parfumproben trifft :)

Der Auftakt von „Wow“ gestaltet sich, wie wenn aus einem Holzschränkchen mir ein Sammelsurium an Gewürzen entgegen purzelt. Ich rieche Zimt. Vielleicht sogar etwas Gewürznelke?

Anschliessend nichts mehr….Was? Schon vorbei?

Dann dreht der Duft dann doch wieder auf, die Gewürze haben sich diskret entfernt und ein herrlich süsser Veilchenduft hüllt mich unaufdringlich ein! Ab und an steckt der Zimt seinen Kopf zur Tür hinein. Ist das wirklich ein Herrenduft?

In der Duftpyramide ist Kardamom aufgelistet. Hm, interessant….für mich riecht Kardamom irgendwie anders. Da ich meinen Kaffee häufig mit Kardamom würze, ist mir dieser eigentlich bestens bekannt. Zimt und Gewürznelken hat es zu meinem Erstaunen gar keine drin…da habe ich mich wohl mit dem Griff in das Schränkchen vertan…Ach egal…

Das Veilchen ist sehr dominant, aber auf eine leichte und süsse Weise, erinnert am ehesten an Veilchensorbet. Ich empfinde dieses Veilchen auf jeden Fall als recht feminin. Wenn sich die Gewürze wieder in den Vordergrund drängeln, wirkt der Duft wieder maskulin. Definitiv für alle Geschlechter tragbar.

Vanille und Tonka geben die warme Basis, dennoch ist der Duft nicht übertrieben süss, sondern bleibt angenehm. Mit der Zeit nehme ich auch den Tannenbalsam wahr, was mir eher weniger gefällt, da er mich dann an „Le Mâle » von Gaultier zu erinnern beginnt, wenn ihm auch glücklicherweise dessen Penetranz fehlt.

Alles in allem doch ein angenehmer und schöner Duft, mit welchem man mit Sicherheit nicht negativ auffällt, da er zwar würzig, aber dennoch dezent ist.

Beworben wird dieses Parfum mit einem schwarzen Panther, was mir gänzlich unpassend erscheint, dafür ist der Duft zu „zahm“.

Wer aber einen sanft-würzig-blumigen Duft für die bevorstehende Adventszeit sucht, mit welchem man sein Umfeld nicht erschlägt, könnte mit „Wow“ glücklich werden.
14 Antworten
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