01.02.2014 - 16:26 Uhr
Mefunx
13 Rezensionen
Mefunx
Sehr hilfreiche Rezension
16
Ruhe vor dem Sturm…
2004 ergab es sich, dass Fotografie für mich mehr wurde, als nur ein Hobby. Kein Beruf, aber doch ein Teil davon. In zeitlicher Nähe dazu hat sich auch mein Interesse an Düften vertieft. Eines meiner fotografischen Motive damals war ein steinerner Löwe – und einer meiner ersten Düfte, jenseits der bekannten Pfade, war "Let Me Play The Lion". Noch heute komme ich beim Laufen an diesem Löwen, eigentlich sind es zwei, beim Nußdorfer Wehr in Wien, vorbei – und noch heute berührt mich "Let Me Play The Lion".
"Let Me Play The Lion", das ist Holz im weitesten Sinne, rauchig, würzig, flirrend, abstrakt, wie eine Wolke aus Staub, die dann doch Regen bringt. Mehr Textur als Duft. Ungreifbar und meditativ.
"Let Me Play The Lion" ist ein Wohlfühlduft, dem etwas Bedrohliches innewohnt, etwas Geheimnisvolles, Sinnliches, Widersprüchliches. LMPTL ist trocken, aber mit einer drohenden Humidität, vielleicht wie ein Unwetter, das sich an einem heißen Sommertag ankündigt.
Eine Assoziation, die auch der LesNez-Beschreibungstext bestätigt (neben der Bezugnahme auf Shakespeares „Sommernachtstraum“):
„Scents of dusty trails,
Of lightly sweetened ochre,
Of sun-weathered wood,
Of silence swept by mild breezes,
Of skies open like an endless azure cut oozing signs
of the coming storm.“
"Let Me Play The Lion" bedeutet mir Haut, Staub, brennendes Holz und – obwohl kein Sommerduft im engeren Sinne – meditative Ruhe während eines Sommerurlaubs. Ich rieche harzige Koniferen, feine, kühlend-grüne Noten, aber auch süßlichen Amber, balsamisch, papieren, staubig, warm. Da ist etwas Ingwer, etwas Anis, Vetiver, manchmal sind da auch florale Facetten. Fraglos kommen hauptsächlich synthetische Riechstoffe zum Einsatz, und zwar, so mein Eindruck, befreit von fehlgeleiteten Vorbehalten, gleichzeitig aber auch nicht bloß zum Selbstzweck oder rein aus wirtschaftlichen Motiven begründet. Toll. [*]
Verortung: "Let Me Play The Lion" könnte ich in Situationen tragen, in denen ich sonst zu "Gucci pour Homme" (I) greifen würde – dagegen spricht die etwas unberechenbare Ausdauer und Kraft des Löwen, beides schwankt in meiner Wahrnehmung zwischen akzeptabel und gut, und die Tatsache, dass "Let Me Play The Lion" minimalistischer und unkonventioneller ist, insofern weniger gefällig und nicht so betont distinguiert. Ich könnte "Let Me Play The Lion" auch an Stelle von "No. 02 - L'Air du Désert Marocain" oder "L'Homme Sage" tragen, diesen fehlt allerdings der meditative Aspekt, dieses In-sich-ruhen von "Let Me Play The Lion". "No. 02 - L'Air du Désert Marocain" ist geradezu opulent im Vergleich, "L'Homme Sage" teilt sich mit "Let Me Play The Lion" immerhin die fast wolkige Textur – sie sind insofern tatsächlich verwandte Geister.
"Let Me Play The Lion" ist wunderschön. Danke, Isabelle Doyen und René Schifferle.
---
Edit 10.03.2014: [*] Aufgrund einer Empfehlung von Siebter habe ich mir Erik Kormanns Blog nochmal genauer angesehen. Neben vielen lesenswerten Beiträgen gibt es dort auch einen kurzen aber aufschlussreichen Artikel über LMPTL (auch die Comments sind interessant, Stichwort „Timber Propanol“), www.aromatisches-blog.de/2008/09/29/let-me-play-the-lion-leznez-parfums.
Edit 18.08.2018: Auch wenn ich heute meinen Kommentar vermutlich anders anlegen würde, LMPTL ist nach wie vor einer meiner absoluten Lieblinge, ein Duft, der mich berührt, mich an einen Sehnsuchtsort versetzen kann. Was mir aber nach all den Jahren immer klarer wird: wie weit vorn LMPTL damals war, wie hier was mit welchen Mitteln erzeugt wird, das ist schon großes Kino und in dieser Konsequenz bemerkenswert.
"Let Me Play The Lion", das ist Holz im weitesten Sinne, rauchig, würzig, flirrend, abstrakt, wie eine Wolke aus Staub, die dann doch Regen bringt. Mehr Textur als Duft. Ungreifbar und meditativ.
"Let Me Play The Lion" ist ein Wohlfühlduft, dem etwas Bedrohliches innewohnt, etwas Geheimnisvolles, Sinnliches, Widersprüchliches. LMPTL ist trocken, aber mit einer drohenden Humidität, vielleicht wie ein Unwetter, das sich an einem heißen Sommertag ankündigt.
Eine Assoziation, die auch der LesNez-Beschreibungstext bestätigt (neben der Bezugnahme auf Shakespeares „Sommernachtstraum“):
„Scents of dusty trails,
Of lightly sweetened ochre,
Of sun-weathered wood,
Of silence swept by mild breezes,
Of skies open like an endless azure cut oozing signs
of the coming storm.“
"Let Me Play The Lion" bedeutet mir Haut, Staub, brennendes Holz und – obwohl kein Sommerduft im engeren Sinne – meditative Ruhe während eines Sommerurlaubs. Ich rieche harzige Koniferen, feine, kühlend-grüne Noten, aber auch süßlichen Amber, balsamisch, papieren, staubig, warm. Da ist etwas Ingwer, etwas Anis, Vetiver, manchmal sind da auch florale Facetten. Fraglos kommen hauptsächlich synthetische Riechstoffe zum Einsatz, und zwar, so mein Eindruck, befreit von fehlgeleiteten Vorbehalten, gleichzeitig aber auch nicht bloß zum Selbstzweck oder rein aus wirtschaftlichen Motiven begründet. Toll. [*]
Verortung: "Let Me Play The Lion" könnte ich in Situationen tragen, in denen ich sonst zu "Gucci pour Homme" (I) greifen würde – dagegen spricht die etwas unberechenbare Ausdauer und Kraft des Löwen, beides schwankt in meiner Wahrnehmung zwischen akzeptabel und gut, und die Tatsache, dass "Let Me Play The Lion" minimalistischer und unkonventioneller ist, insofern weniger gefällig und nicht so betont distinguiert. Ich könnte "Let Me Play The Lion" auch an Stelle von "No. 02 - L'Air du Désert Marocain" oder "L'Homme Sage" tragen, diesen fehlt allerdings der meditative Aspekt, dieses In-sich-ruhen von "Let Me Play The Lion". "No. 02 - L'Air du Désert Marocain" ist geradezu opulent im Vergleich, "L'Homme Sage" teilt sich mit "Let Me Play The Lion" immerhin die fast wolkige Textur – sie sind insofern tatsächlich verwandte Geister.
"Let Me Play The Lion" ist wunderschön. Danke, Isabelle Doyen und René Schifferle.
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Edit 10.03.2014: [*] Aufgrund einer Empfehlung von Siebter habe ich mir Erik Kormanns Blog nochmal genauer angesehen. Neben vielen lesenswerten Beiträgen gibt es dort auch einen kurzen aber aufschlussreichen Artikel über LMPTL (auch die Comments sind interessant, Stichwort „Timber Propanol“), www.aromatisches-blog.de/2008/09/29/let-me-play-the-lion-leznez-parfums.
Edit 18.08.2018: Auch wenn ich heute meinen Kommentar vermutlich anders anlegen würde, LMPTL ist nach wie vor einer meiner absoluten Lieblinge, ein Duft, der mich berührt, mich an einen Sehnsuchtsort versetzen kann. Was mir aber nach all den Jahren immer klarer wird: wie weit vorn LMPTL damals war, wie hier was mit welchen Mitteln erzeugt wird, das ist schon großes Kino und in dieser Konsequenz bemerkenswert.
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