28.02.2016 - 11:40 Uhr
Meggi
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Meggi
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31
Am rechten Platz
Small Black Lake startet spitz und frisch mit einer Spur Schärfe. Ganz kurz fühle ich mich an Franzbranntwein erinnert, allerdings verfliegt die Anmutung alkohol-getriebener medizinischer Öle rasch und es erscheint Nadelholz: luftig-holzig-ätherisch. Außerdem wird es dezent krautig. Heide passt gut, und sei es bloß die Vorstellung einer ausgedehnten Heide-Landschaft. „Aquatische Noten“ hin oder her – sie lassen sich zwar diagnostizieren, doch der Duft ist nicht aquatisch. Er ist höchstens von weiter Ferne ein kleines bisschen maritim. Wie die Luft im etwas abgelegeneren Hinterland des Meeres. Dieser Teil würde auch zu einer Gegend in Richtung der Westküste passen. Von wegen Highlands….
Mittags wirkt der Duft direkt auf der Haut wie eine bittere Kräuter-Tinktur. Abermals ähnlich wie Franzbranntwein, nur konzentrierter und nicht so flüchtig. Eine Spur Süße ist enthalten, wahrscheinlich wurde beim Holz-Eindruck per Labor-Substitut nachgeholfen. Eine Vermutung, die sich – das sei vorweggenommen – zum späten Nachmittag hin erhärtet.
Im Laufe des Nachmittags rücken wieder die nadelholzigen Komponenten in den Vordergrund. Mithin handelt es sich nicht um einen klassischen Duftverlauf, vielmehr um ein Hin- und Her-Wabern. Andere Test-Tage bestätigen diesen Eindruck. Erst nach zwölf Stunden, zum Ende hin mit der oben erwähnten deutlichen Künstlich-Note, ist Small Black Lake praktisch komplett weg.
Wie Wasserpfeffer und Sumpfveilchen riechen, weiß ich nicht. Die seltsamen Angaben und Ansagen „feuchter Stein“ und „Meeresbrise“ sollen wohl kaum allein banaler Hinweis sein, wonach es riecht oder riechen soll, sondern, welche Empfindungen hervorgerufen werden sollen. Die Benennung des Duftes mit einer Stimmungs-Ansage im Gewand einer Orts-Angabe tut ein Übriges dazu.
RoMi58 hat in seinem vorzüglichen Auftakt-Kommentar Small Black Lake als Konzept-Duft bezeichnet. Ich hätte den Begriff Stimmungs-Duft gewählt, der vielleicht eine Szenerie im Sinne einer Momentaufnahme geruchlich festhalten will.
Bei derlei drängen sich einem natürlich Vergleichs-Objekte etwa von Comme des Garcons auf. Small Black Lake ist freilich wenig philosophisch angelegt, gänzlich unprätentiös (und damit konzeptionell näher an Sugi als an Hinoki, um bei CdG zu bleiben). Als käme einfach das Denken am genannten Ort – und ein solcher See wäre dafür zweifellos bestens geeignet – für eine Weile zur Ruhe: In jenem Nicht-wirken-Wollen, lieber Auf-sich-wirken-Lassen, welches idyllische, einsame Orte auslösen können. Eins sein. Teil sein. Am rechten Platz.
Und nun lande ich doch bei einem Philosophen: Ich denke plötzlich an einen Satz aus Immanuel Kants „Kritik der praktischen Vernunft“. Einen sehr un-philosophischen Satz, wie ich meine, mit dem der Meisterdenker aus Königsberg weitaus mehr über sein Herz als über seinen Verstand verriet. Einen Satz, der gleichsam en passant das Empfinden widerspiegelt, sich – ohne indes Mittelpunkt zu sein – genau inmitten von allem zu fühlen: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit…Bewunderung und Ehrfurcht…: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir. …ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewußtsein meiner Existenz.“ Die Verwendung des Wortes ‚Gemüt‘ verlegt das Gesagte vom Kopf in den Bauch, fernab von all dem, was sich über Kants berühmt-berüchtigtes moralisches Gesetz klug theoretisieren ließe. Darum geht es in diesem Augenblick nämlich gar nicht. Wir sitzen schlichtweg als Teil eines Ganzen am See. Am rechten Platz.
Freunden von Sugi oder womöglich auch Ormonde Man sei Small Black Lake wärmstens ans Herz gelegt.
Vielen Dank an Puck1 für die Probe.
Mittags wirkt der Duft direkt auf der Haut wie eine bittere Kräuter-Tinktur. Abermals ähnlich wie Franzbranntwein, nur konzentrierter und nicht so flüchtig. Eine Spur Süße ist enthalten, wahrscheinlich wurde beim Holz-Eindruck per Labor-Substitut nachgeholfen. Eine Vermutung, die sich – das sei vorweggenommen – zum späten Nachmittag hin erhärtet.
Im Laufe des Nachmittags rücken wieder die nadelholzigen Komponenten in den Vordergrund. Mithin handelt es sich nicht um einen klassischen Duftverlauf, vielmehr um ein Hin- und Her-Wabern. Andere Test-Tage bestätigen diesen Eindruck. Erst nach zwölf Stunden, zum Ende hin mit der oben erwähnten deutlichen Künstlich-Note, ist Small Black Lake praktisch komplett weg.
Wie Wasserpfeffer und Sumpfveilchen riechen, weiß ich nicht. Die seltsamen Angaben und Ansagen „feuchter Stein“ und „Meeresbrise“ sollen wohl kaum allein banaler Hinweis sein, wonach es riecht oder riechen soll, sondern, welche Empfindungen hervorgerufen werden sollen. Die Benennung des Duftes mit einer Stimmungs-Ansage im Gewand einer Orts-Angabe tut ein Übriges dazu.
RoMi58 hat in seinem vorzüglichen Auftakt-Kommentar Small Black Lake als Konzept-Duft bezeichnet. Ich hätte den Begriff Stimmungs-Duft gewählt, der vielleicht eine Szenerie im Sinne einer Momentaufnahme geruchlich festhalten will.
Bei derlei drängen sich einem natürlich Vergleichs-Objekte etwa von Comme des Garcons auf. Small Black Lake ist freilich wenig philosophisch angelegt, gänzlich unprätentiös (und damit konzeptionell näher an Sugi als an Hinoki, um bei CdG zu bleiben). Als käme einfach das Denken am genannten Ort – und ein solcher See wäre dafür zweifellos bestens geeignet – für eine Weile zur Ruhe: In jenem Nicht-wirken-Wollen, lieber Auf-sich-wirken-Lassen, welches idyllische, einsame Orte auslösen können. Eins sein. Teil sein. Am rechten Platz.
Und nun lande ich doch bei einem Philosophen: Ich denke plötzlich an einen Satz aus Immanuel Kants „Kritik der praktischen Vernunft“. Einen sehr un-philosophischen Satz, wie ich meine, mit dem der Meisterdenker aus Königsberg weitaus mehr über sein Herz als über seinen Verstand verriet. Einen Satz, der gleichsam en passant das Empfinden widerspiegelt, sich – ohne indes Mittelpunkt zu sein – genau inmitten von allem zu fühlen: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit…Bewunderung und Ehrfurcht…: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir. …ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewußtsein meiner Existenz.“ Die Verwendung des Wortes ‚Gemüt‘ verlegt das Gesagte vom Kopf in den Bauch, fernab von all dem, was sich über Kants berühmt-berüchtigtes moralisches Gesetz klug theoretisieren ließe. Darum geht es in diesem Augenblick nämlich gar nicht. Wir sitzen schlichtweg als Teil eines Ganzen am See. Am rechten Platz.
Freunden von Sugi oder womöglich auch Ormonde Man sei Small Black Lake wärmstens ans Herz gelegt.
Vielen Dank an Puck1 für die Probe.
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