DerDefcon
30.04.2021 - 07:50 Uhr
38
Top Rezension
10Duft 8Haltbarkeit 8Sillage 9Flakon

Wieder so ein Kurkdjian

Ich habe aufgehört zu zählen, bei wie vielen Düften aus dem Hause Kurkdjian es zwei oder mehr Anläufe brauchte, um jene lieben zu lernen. Zumindest war "masculin Pluriel" einer davon, bekam ich ihn erstmals vor circa zwei Jahren unter die Nase, als ich olfaktorisch noch nicht so viel kannte. War ich damals jedoch schon von "APOM Homme" und "Lumière Noire Homme" begeistert, hatte es "masculin Pluriel" ziemlich schwer, mich zu beeindrucken. So kam es, dass ich die kleine Abfüllung an meinen Cousin weiterreichte. Einige Monate später fragte ich ihn eher beiläufig, was aus der Probe geworden sei und ob ihm der Duft zusage. Er erklärte, dass noch ein kleiner Rest im Minizerstäuber sei, er aber diesen nicht aufbrauchen wolle, da ihm der Duft recht gut gefalle. Ich war sehr erstaunt, da ich "masculin Pluriel" als ein recht tristes, belangloses und an einfaches Lavendel-Duschgel erinnerndes Parfüm in Erinnerung hatte. Mehrfach tat ich hier im Forum auch kund, dass "masculin Pluriel" mich stets an des Großvaters After Shave erinnere, welches in aller Regelmäßigkeit überdosiert wurde. Dennoch war meine Neugier geweckt und es wurde eine kleine Abfüllung im Souk geordert - eine Entscheidung, die sich auszahlte.

Frisch aufgesprüht, bot mir "masculin Pluriel" keine große Überraschungen. Schließlich kannte ich die vom Lavendel dominierte Anfangsphase bereits. Der Lavendel tritt hier recht kratzig und rau auf, gleichzeitig aber auch sehr frisch. Von einem stereotyp maskulinen Dufteindruck schrieb ich in meinem Statement, ist das ganze doch sehr auf Rasierwasser oder eben auch Duschgel getrimmt. Lässt man dem Duft jedoch Zeit - glücklicherweise braucht es hier keine Stunden - wird man mit einem Lavendel belohnt, der seine duschgelartige Kratzigkeit verliert und von weichem Leder und dezentem Holz untermalt wird. "masculin Pluriel" ist nun unfassbar aromatisch, dabei sehr reif und schafft es, eine Brücke zwischen klassischen Duftnoten und Moderne zu schlagen. Die Trias aus frischem Lavendel, Holz und Leder ist auch für die unter Dreißigjährigen problemlos und überall tragbar, denn von Altbackenheit fehlt hier jede Spur. Dabei spielt es keine Rolle, wie man gekleidet ist, denn "masculin Pluriel" passt zum Hemd, zum gepflegten T-Shirt, zum Anzug, zum Mantel oder auch zur Lederjacke. So ist dieser Kurkdjian ein passender Kandidat für den Frühling, Herbst oder milde Wintertage. Die Haltbarkeit ist dabei sehr gut, die Sillage absolut sozialverträglich.

Fazit: Es scheint darauf hinauszulaufen, dass meine kleine Sammlung gefühlt nur aus Kurkdjians bestehen wird. Man könnte jetzt sagen, dass dies langweilig oder einfältig sei, aber andererseits sind die Düfte - nicht alle, aber viele - schlicht und ergreifend gut bis sehr gut und vor allem alltagstauglich.
8 Antworten
ChrisG86ChrisG86 vor 5 Jahren
1
Sehr gut geschrieben. Mir ging es auch so. Am Anfang konnte ich nichts mit ihm anfangen. Doch Jahre später...bäm. Nummer 2 meiner Favoriten. Ein absoluter Frische-Duft der seinesgleichen sucht. Völlig unterbewertet.
FoxearFoxear vor 5 Jahren
Nicht nur der Duft ist gereift, auch du :)) Klasse Geschichte und Beschreibung, Lavendel und Leder mag ich ja auch.
PollitaPollita vor 5 Jahren
Freu Dich doch, dass Du Deine Marke gefunden hast. Bei mir ist das leider nicht so einfach.
MrWhiteMrWhite vor 5 Jahren
2
Ein wirklich toller Duft vom großen Meister :) Persönlich sehe ich ihn aber trotzdem eher an Ü50 grau-meliert, leider...aber an einem modernen, stilbewussten Ü50 :)
MrkfkMrkfk vor 5 Jahren
Mit den Kurkdjians kann ich auch sehr gut. Von Grand Soir und Amyris habe ich mich erst kürzlich getrennt. Aber ich gehe davon aus, dass mir masculin pluriel und gentle fluidity (silver) noch lange erhalten bleiben. Die beiden gehen prinzipiell immer, wobei der gf(s) bei wärmeren, der mp bei gemäßigten Temperaturen noch besser zur Geltung kommt. Der Oud reizt mich in letzter Zeit auch enorm und ich ärger mich ein wenig, dass ich bei der Glamour-Week nicht zu geschlagen habe.
DuesenduftDuesenduft vor 5 Jahren
Ja, die Kunst des Unaufgeregten … da hast Du einen Punkt getroffen. Genau dafür schätze ich den MP. Und schwanke immer noch, ob ich ihn mir zulegen soll.
ExUserExUser vor 5 Jahren
Wieder ein toller Kommentar, der mich in Versuchung bringt, diesen Duft noch einmal auszuprobieren. Ich hatte ihn bereits abgeschrieben und wusste nicht so recht, wie ich ihn bewerten soll, da er auf mich anfangs einen ähnlichen Eindruck hinterlassen hat, wie auch zunächst bei Dir. Womöglich sollte ich ihm eine neue Chance geben.
NorleansNorleans vor 5 Jahren
Schön geschrieben. Ich mag den auch unheimlich gerne. In meiner Sammlung versuche ich, größtenteils, nicht zu viele Duft-Doppelungen zu haben. Da mir Rive Gauche ein bisschen besser gefällt und dabei in eine sehr ähnliche Kerbe wie mP schlägt, habe ich mich für Rive Gauche entschieden. Beides grandiose, unaufgeregte Düfte für (fast) jede Gelegenheit.