Parfum de Peau
Montana
1986 Eau de Toilette

Version von 1986
Profuma
22.09.2021 - 10:46 Uhr
24
Top Rezension
6
Preis
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft

Duftparadies

Im Büro hat das Telefon im Minutentakt geklingelt, ich habe innert wenigen Sekunden Kundenfragen geklärt, Anrufe weitergeleitet oder Dossiers eröffnet. Irgendwie schafften es auch die Vorgesetzten, sich noch mit ihren Anliegen dazwischen zu drängen und den Berg Arbeit noch etwas mehr anwachsen zu lassen.
Der Arbeitskollegin am Nachbarstisch war wieder mal der PC ausgestiegen und ihren grossen, bittenden Augen nach zu urteilen, sollte ich da auch noch kurz ein Auge drauf werfen, weil’s mit dem Ticket für den Service in dieser Riesenfirma erfahrungsgemäss einfach zu lange dauert.
Ach ja und als wäre das alles nicht schon genug, kam noch die Meldung zum Protollschreiben an der heutigen Vorstandssitzung, weil der Kollege krank ist und das 1 Stunde vor Feierabend!
Wo ist eine Klonmaschine wenn man eine braucht oder das Ding zum sich reinstellen, bevor man um „Scotty, beamen,“ bittet?
Ich weiss ja, dass in meiner Brust zwei Herzen schlagen, aber deswegen schaffe ich es noch lange nicht, auch für Zwei zu arbeiten!

Nach einem langen Tag lege ich mich also völlig geplättet schlafen.
Irgendwann wache ich auf. Ich höre Vogelgezwitscher. Noch ist alles dunkel um mich, aber ich stehe trotzdem auf und möchte den Vogelstimmen auf den Grund gehen.
„Morgen kann’s ja noch nicht sein“, denke ich, habe mich ja schliesslich erst hingelegt. Aber in den frühen Morgenstunden herrscht bei uns im Quartier, durch das Wald und ein Bach hindurchführt, ein munteres Durcheinander aus plappernden Stimmen unterschiedlichster Vogelarten. Ein dichter und mitunter lauter Klangteppich, der mit dem vollendeten Erwachen des Tages allmählich leiser wird und bis auf einzelne Klänge schliesslich langsam verstummt.
Ich gehe ein paar Schritte und es wird heller. Dann weisser Nebel. Wach‘ ich oder träum‘ ich?

Ohne zu überlegen, was in dem Nebel lauern könnte, trete ich durch ihn hindurch und in helles Licht. Nicht gleissend, aber hell genug, so dass ich noch nichts weiter erkennen kann. Fast zeitgleich erreicht mich ein duftender Schleier aus fruchtigen Noten. Ich glaube etwas leicht zitrisches zu erschnuppern, aber auch ein dunklerer Akkord als Gegenpol zum ersten hellen Eindruck, vielleicht Brombeere?
Dann, mit dem nächsten Schritt umweht mich die nächste Note. Blumig. Eine unverkennbare Tagetes, die sich unter die ersten Dufteindrücke mischt und das absolut harmonisch. Ich gehe weiter, die Vogelstimmen werden zunehmend lauter und raumfüllend. Das Licht wird nun immer angenehmer und weicher für die Augen.
Wo bin ich?
Ich blicke um mich und erkenne Jasminsträucher mit weissen Blüten, die meinen Weg säumen, allesamt zu Kugeln geschnitten. Fast sehen sie aus wie grosse Schneekugeln. Zwischen jeder von ihnen steht ein Bund Narzissen. Der Duft den beide verströmen ist sehr dicht und absolut überwältigend, fast schon narkotisierend. Noch immer liegen auch die ersten Duftnoten in der Luft und alles vermengt sich zu einem einzigen wallenden Schleier, der mir offenbar die Sinne zu vernebeln scheint, denn was ich nun zu sehen bekomme, kann ich kaum glauben.
Im nun gänzlich schmeichelnden und warmen Licht erkenne ich einige Gebilde. Samten anmutend, weich und lockend. Ich steuere trunken von den Duftschwaden darauf zu. Es sind Rosensträucher, aber mit Blüten aus feinstem blassfarbenem Wildleder! Sie sind absolut meisterhaft gefertigt, als wären es die zarten Blütenblätter, die man üblicherweise erwarten würde. Und erst der Duft!
Ich muss sie einfach anfassen und zur Nase führen.
Mit jeder Entdeckung die ich mache, scheinen sich alle aufs Neue zu vereinen und zu wachsen, was die Duftwahrnehmung zu neuen Ebenen führt. Wenn ich denke, dass der höchste Eindruck erreicht ist, kommt schon der Nächste. So wartet etwa eine Art Watte an einem Baum auf, die wie Moschus duftet und als nächste Steigerung überdimensionale Räucherstäbchen, die Weihrauch verströmen.

Meine Sinne verabschieden sich nun gänzlich und ich muss mich hinlegen. Ich sinke selig in den weichen Grund ein, immer tiefer und tiefer, bis ich regelrecht in ihm untergehe.
Es fühlt sich alles so „richtig“ an, so grenzenlos friedlich, behaglich, kuschelig und warm.
Die Wärme vibriert förmlich.
Wäre ich ein Kätzchen, würde ich jetzt schnurren.
Warm? Vibrieren? Schnurren?

Ich öffne vorsichtig die Augen.
Ich liege auf dem Rücken und meine Katze auf meiner Brust. Sie schnurrt zufrieden, ihr Fell vibriert leicht davon, während sie mir mit Schmuseblick in die verdutzten Augen sieht.
War das vorhin etwa nur ein Traum?
Wo ist das unglaubliche Duftland nur hin?
Ich war doch noch gar nicht durch mit Entdecken und möchte sofort wieder hin!

Später im Bad und zur Krönung der täglichen Pflege und als Sahnehäubchen meines Outfits greife ich nach dem Parfum, das sich förmlich in meine Hand drängt.
Ich drücke langsam den Sprühkopf!

Zzz…sss…ccc…hhh…!

Erst ist alles dunkel, dann sehe ich Nebel und dann helles Licht.
Wo bin ich?
Ich öffne die Augen.
Ich bin im Hier und Jetzt, aber meine Sinne wieder im Duftland aus meinem Traum.

Fast schon schwebend gehe ich aus dem Haus und zum Bus.
Wenn der Alltag heute wieder allzu gierig nach mir greift, klinke ich mich einfach aus und verschwinde kurz ins Duftparadies.

Anm.: Parfum de Peau von Montana ist für meine Nase wie ein Formwandler für Vergangenheit und Gegenwart. Er hat Stil und Klasse, Eleganz und Sinnlichkeit, die viele Altersgruppen ansprechen kann und auch an bestimmten Herrn sicherlich verlockend gut duftet.
PdP trägt einen Hauch Klassik in sich, die mit einer gewissen Attitüde und (Lebens-)Erfahrung noch besser zur Geltung kommt.
Wenn man ihn sparsam dosiert, kommen die einzelnen Noten besser durch, anstatt sich gegenseitig zu ersticken. Er ist auch leise noch ein sehr dichtes Duftgewebe, das in der Tat Wärme und Geborgenheit ausstrahlt.
Es dürften ihn wohl alle Jahreszeiten/Temperaturen mögen, wenn er sich den Wärmeren unter ihnen nicht aufdrängt.

Ich finde, dass er einer der wenigen Düfte ist, der jederzeit gekonnt den Spagat zwischen Retro und Moderne schafft.

Parfum de Peau von Montana - mein Duftparadies...!
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