Marieposa
28.12.2023 - 17:51 Uhr
40
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Tempelkatzenmond

Es war die Nacht, als ich ein Kleid mir knüpfte
aus weichen Lederbändern und Champakablumen,
als der Mond wie Balsammyrrhe vom Rauchholz nächtlicher Pagoden troff.
Da wollte ich sein Licht in Kelchen fangen
und Kerzen daraus gießen
für des Neumonds Dunkelheit,
wenn nichts als kalter Dunst der Opfergaben
das Rauschen in den Blütenzweigen dämpft.

So hatten es mir einst die Tempelkatzen zugeraunt.

Doch als ich ihnen Hemden flocht aus Nesseln
und Wan Sao Long
da eilten sie davon
auf Sandelpfaden.
Noch heute sehe ich im Mondschein
die Spuren ihrer Pfoten,
folge ihnen wie dem schimmernden Osmanthusfaden.

Über Vetivwurzeln stolpernd
taumele ich einer fremden Welt entgegen
zum Luftschloss, an dem wir beide bauen.
Eine vergessene Hüpfburg wie aus Kindertagen,
geschmückt mit Seidenblumen
nur für mich.
Und mit Tuberosen.

Dort springen wir in Anisnebeln
hoch und immer höher,
bis hinauf zum Mond.
Schieb ihn zu mir hinüber
mit einem Fingerzeig!
Ich puste ihn zurück.

So leicht.

Das Schweben einer Nacht.

So nah
So fern

***

Es hat zugegebenermaßen eine Weile gedauert, bis ich mich mit den Düften von Prin Lomros beschäftigen wollte. Es irritiert mich immer ein wenig, wenn Parfümeure sehr schnell sehr viele Düfte entwickeln, und im Fall von Prin Lomros muss sein Schaffensdrang immerhin drei eigene Marken mit unterschiedlichen Profilen bedienen – und als wäre das nicht genug, übernimmt er wohl auch noch Aufträge für andere Häuser. Beachtlich. Vor allem weil ich bisher durchwegs originelle, spannende und eigenständige Kompositionen unter der Nase hatte, die ich zwar nicht alle mag, von denen mich aber keine kalt gelassen hat.
Thichila hat mich erstaunt und begeistert – und das liegt nicht nur daran, dass Thichila „Mond“ bedeutet und thematisch offene Türen bei mir einrennt.
Der Duft beginnt mit einem chypre-artigen Akkord von Kaffirlimette, Kampfer und leicht bitteren Gewürzen. Kurkuma nehme ich etwas stärker wahr als Safran, ohne dass sie dominieren würde. Für Zimt und Muskat muss ich meine Fantasie bemühen. Dann steigt üppiger Blumenduft mit einem mir unbekannten grünlichen Akzent (Wan Sao Long?) und der Aprikosennote von weißem Champaka, die hier ganz stark Osmanthus ähnelt, zwischen dunklen Hölzern und feinem (Weih?)Rauch auf. Ich meine, langsam, aber sicher zu verstehen, was Oud ist – oder besser gesagt sein könnte – und als sich meine Nase darauf einstellen will, dass jetzt Labdanum und Eichenmoos ihren Einsatz haben sollten, verbindet sich stattdessen balsamweiche Myrrhe mit mildem Oud und ledrigem Zibet. Im Zusammenspiel mit Champaka, Tuberose und Narde entsteht ein völlig verblüffender, leicht süßer gummi- oder plastikartiger Akkord mit einer prägnanten Anisnote, der mich unmittelbar auf eine Hüpfburg versetzt, nur dass diese hier nicht mit johlenden Kindern, sondern mit exotischen Blüten gefüllt und in Mondlicht getaucht ist. Das ist zugegebenermaßen so speziell, wie es klingt, für meine Nase aber gleichermaßen faszinierend wie umwerfend schön. Gern wäre ich länger als drei bis vier Stunden auf meiner olfaktorischen Hüpfburg herumgehopst, in Drydown verliert der Duft jedoch ein wenig an Originalität – oder ist es nur meine Chyprenase, die ohne Eichenmoos ein wenig verschnupft reagiert? Die Basis von ambrierten Hölzern und kaltem Räucherstäbchenrauch ist immer noch schön, aber die Magie des Duftes liegt in der bizarren floralen Herznote.
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