Madame Rochas 1989 Eau de Parfum

Version von 1989
Laser
24.05.2017 - 11:02 Uhr
26
Top Rezension
8
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
9.5
Duft

Ach, Madame ...

In meiner Kindheit in den 60-er Jahren duftete wenig. Wir Kinder rochen nach Kernseife - unmittelbar nach dem Bad am Samstag Abend. Dann rochen wir einige Tage lang nach nichts, bis wir anfingen zu müffeln und am nächsten Samstag wieder der Ofen angeheizt wurde. Meine kleinen Brüder, die Babies, dufteten süß, wie es kleine Kinder nun mal tun und meine geliebte Großmutter umwehte ein leiser Hauch von Kölnisch Wasser.
Und dann nahm ich als 14-jährige einen Job als Babysitter an. Mit großen Augen bestaunte ich eine unkonventionelle Architektenwohnung, der kleine Franz war der Traum jedes Babysitters - und seine Mutter duftete ... eine Offenbarung. Sie duftete wie nichts, das ich kannte, nach Blumen, nach geheimnisvollen Hölzern, nach Gold ... ich war hingerissen.
Die Quelle des Duftes war schnell entdeckt. Ein Flakon "Madame Rochas" stand auf einem Tischchen in der Diele und bevor das Ehepaar das Haus verließ, um "in die Pinte zu gehen" (ein neues Wort, ein unbekanntes Verhalten für mich) ,sprühte sie immer noch etwas von dem Duft in die Haare.
Ich habe mich nie getraut, etwas aus der Flasche zu stibitzen, aber ich sog die Atmosphäre dieser Wohnung in mich auf ... Bücher, Kunst an den Wänden, Parkett ... und immer dieser Duft.
Mir ist bewusst, dass ich diesen Kommentar zu einer Reformulierung schreibe. Das Original ist meiner Erinnerung nach kühner, voller. Der Chyprecharakter ist der neuen Version verloren gegangen - und doch ist da noch etwas von "Madame Rochas" - ihre Seele.

Übrigens war die Mutter des kleinen Franz keine "Dame" im Kostüm, sie konnte laut lachen, fluchen wie ein Bierkutscher, sie rauchte und trank in der Pinte gewiss keine Weinschorle. Was uns heute leicht "altmodisch" erscheint, war der Duftgeschmack einer jungen Generation.
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