Laser

Laser

Rezensionen
Laser vor 7 Jahren 42 12
Blütenträume
Mit 17 war ich fädchendünn, ich spielte Violine und hatte Turgenew, Chechov, Tolstoi und einiges von Dostojewski gelesen.
Einen Teil meines Schulwegs legte ich häufig mit einem Mädchen zurück, das sitzengeblieben und neu in meiner Klasse war. Sie hatte prächtiges Haar, eine dunkelblonde Mähne, die sie oft mit Schwung zurückwarf und schüttelte.
In meiner Klasse (ich besuchte eine Klosterschule und wir Mädchen waren unter uns) duftete es damals nach Fidji. Abgesehen davon, dass dieser Duft für mich unerschwinglich war, denn ich hatte 6 Geschwister und meine Eltern hatten so gar keinen Sinn für alles, was sie "Fisematenten"nannten, abgesehen davon wollte ich auch nicht wie alle anderen, und schon gar nicht nach Südsee duften.
Und dann entdeckte ich Nitchevo. Ein kleiner Flakon, der an ein Zwiebeltürmchen erinnerte, ein Duft... ein würziger Auftakt, ein üppiges Blumenbouquet, eine dunkle Basis aus Moos und Hölzern. Der gestirnte Himmel über der Tundra, endlose Wälder, Ballnächte, dunkler Samt auf blasser Haut, geraubte Küsse, heimliche Schwüre, unverbrüchliche Liebe ... und Opulenz, rauschhafter Überfluss. Ja, dieser Duft war es, der meine Einzigartigkeit betonen sollte, meine geheimnisvolle russische Seele, die in einem spillerigen Mädchenkörper wohnte.. Mit dem Entgelt für einen Abend Babysitting konnte ich die 8 ml - Größe auch bezahlen.
Wie gesagt, ich war 17 und auch mich streifte eines Tages Amors Pfeil. Ein junger Mann, ein Student, der in der Nachbarschaft zur Untermiete wohnte, war es, der mein Interesse weckte. Er war dunkelhaarig, bewegte sich geschmeidig wie der schwarze Panther im Zoo. Aber er schien mich nicht wahrzunehmen.
Eines Tages jedoch hörte ich seinen raschen Schritt hinter mir. Er schloss auf, eilte dann aber nicht weiter - er sprach mich an: "Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie einfach so ... Ich würde das sonst nie machen .." Rot wurde er, blass ich, Herzklopfen, was soll ich erzählen, Ihr kennt das alle. Mein russischer Zauber hatte endlich gewirkt!
"Ich wollte fragen, wo ich Ihre Freundin finden kann, Sie wissen schon, die blonde, mit der Sie sonst immer gegangen sind." Mein Herz zersprang in tausend Stücke. (Heute würde ich sagen, eher mein Selbstwertgefühl.)
Meine Mitschülerin drohte zum wiederholten Mal sitzenzubleiben und war auf ein piekfeines Internat geschickt worden. "Naja, dann kann man nichts machen - Tschüss dann!"

Wenige Monate später traf ich den Mann meines Lebens. Er hatte Turgenew, Chechov, Tolstoi und einiges von Dostojewski gelesen.
12 Antworten
Laser vor 7 Jahren 26 8
8
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
9.5
Duft
Ach, Madame ...
In meiner Kindheit in den 60-er Jahren duftete wenig. Wir Kinder rochen nach Kernseife - unmittelbar nach dem Bad am Samstag Abend. Dann rochen wir einige Tage lang nach nichts, bis wir anfingen zu müffeln und am nächsten Samstag wieder der Ofen angeheizt wurde. Meine kleinen Brüder, die Babies, dufteten süß, wie es kleine Kinder nun mal tun und meine geliebte Großmutter umwehte ein leiser Hauch von Kölnisch Wasser.
Und dann nahm ich als 14-jährige einen Job als Babysitter an. Mit großen Augen bestaunte ich eine unkonventionelle Architektenwohnung, der kleine Franz war der Traum jedes Babysitters - und seine Mutter duftete ... eine Offenbarung. Sie duftete wie nichts, das ich kannte, nach Blumen, nach geheimnisvollen Hölzern, nach Gold ... ich war hingerissen.
Die Quelle des Duftes war schnell entdeckt. Ein Flakon "Madame Rochas" stand auf einem Tischchen in der Diele und bevor das Ehepaar das Haus verließ, um "in die Pinte zu gehen" (ein neues Wort, ein unbekanntes Verhalten für mich) ,sprühte sie immer noch etwas von dem Duft in die Haare.
Ich habe mich nie getraut, etwas aus der Flasche zu stibitzen, aber ich sog die Atmosphäre dieser Wohnung in mich auf ... Bücher, Kunst an den Wänden, Parkett ... und immer dieser Duft.
Mir ist bewusst, dass ich diesen Kommentar zu einer Reformulierung schreibe. Das Original ist meiner Erinnerung nach kühner, voller. Der Chyprecharakter ist der neuen Version verloren gegangen - und doch ist da noch etwas von "Madame Rochas" - ihre Seele.

Übrigens war die Mutter des kleinen Franz keine "Dame" im Kostüm, sie konnte laut lachen, fluchen wie ein Bierkutscher, sie rauchte und trank in der Pinte gewiss keine Weinschorle. Was uns heute leicht "altmodisch" erscheint, war der Duftgeschmack einer jungen Generation.
8 Antworten
Laser vor 7 Jahren 38 2
Wenn du ...
Wenn du ein Instrument wärest, dann eine Bratsche.
Wenn du ein Musikstück wärest, dann ein Nocturne.
Wenn du ein Bild wärest, dann eines von Modigliano.
Wenn du ein Medium wärest, dann ein handgeschriebener Liebesbrief.
wenn du ein Stoff wärest, dann ein schwerer Samt.
Wenn du eine Farbe wärest, dann ein gedämpftes, mattes Gold.
Wenn du eine Tageszeit wärest, dann der späte Nachmittag.
Wenn du eine Jahreszeit wärest, dann wäre es der Herbst, der den Winter ahnen lässt.
Wenn du ein Gefühl wärest, dann wäre es Geborgenheit.
2 Antworten