Meggi
Top Rezension
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Bei aller Stille breit angelegt
Wie beim Geschwisterduft ‚Une Mandarine pour Mon Homme‘ war auch im Fläschchen mit dem heutigen Kandidaten bloß noch ein Mini-Rest enthalten, kaum hinreichend, den Handrücken dünn zu benetzen. Ein halber, schwerpunkt-orientierter Test muss also diesmal wieder genügen; insofern ist gut zu überlegen, was ich dem vorzüglichen Kommentar von Fluxit hinzu-spekulieren möchte.
Da ist im vorderen Teil vor allem eins: Ich denke spontan an Calendula/Ringelblume. Kenne ich nicht pur-natur, sondern lediglich aus der entsprechenden Salbe von Weleda. Doch in Anbetracht des gewiss nicht minder streng naturnahen Ansatzes der Kosmetik-Anthroposophen (als solche bereits an der eingesetzten Schriftart identifizierbar) bezweifle ich nicht, dass die Salbe den Geruch recht authentisch zeigt. Mehr krautig-bitter als wirklich blumig, ein Korbblütler halt. Ich empfehle die Creme übrigens - nicht nur, aber primär - Eltern zum winterlichen Gebrauch auf junger Kinderhaut.
Nach rund einer Stunde rieche ich warmes, rauchiges Harz mit genau der richtigen behutsamen Süße darin. Gleichwohl hat es einen bitteren Stich, Myrrhe vielleicht. Bald kommt mir eher Thymian in den Sinn, eingedickt wie in Aspecton-Hustentropfen, verlängert mit einer Art zuckriger Basislösung. Der Gedanke an einen Kräutergarten liegt hier ebenso nahe wie der an die kindliche Schluck-Impfung auf einem Stück Würfelzucker. Und just jener Zuckrig-Eindruck drängt im Laufe des Vormittags die Kräutergarten-Ambitionen beiseite, indem er dem Duft eine sacht ambrierte Stimmung verpasst, die ihrerseits in den rauchig-harzigen Part überleitet.
Im Fortgang dominieren harzig-rauchige Aromen, die bei aller Stille breit angelegt sind, also auch die jeweiligen Randbereiche ausloten und damit zur Erkundung anregen. Das Harz zeigt trockenobstige wie nadelige Anflüge, eine Spur Säure aus dem Rauch heraus scheint zitrus- und vetiver-inspiriert, hell-staubige Aspekte streifen das Thema Holz. Ab dem späten Nachmittag erfahren diese kleinen Rätsel schließlich ihre Auflösung: Zunächst winken (Zedern)-Holz und Vetiver etwas deutlicher und zum Abend hin ist ein Tupfer Zitrus-/Citral-Frische im Spiel, die sich erst nach mehr als zehn Stunden im Holz verliert.
Vermutlich ließe sich bei weiteren Tests Weiteres finden. Ein toller Duft und mein Saint d'Ici-Favorit.
Ich bedanke mich bei Mamski für die Probe.