Series Three - #087 2011

Schule
06.02.2017 - 04:09 Uhr
11
Top Rezension
7
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Gedenkminute am Bergsee

Viel wusste man nicht über Mister Benter, den freundlichen hageren Mann mit den traurigen klaren Augen, oben im Holzhaus am Palinuro Drive nahe am nicht so fantasievoll benannten Mountain Lake.
Es wurde gemunkelt, dass er seine von ihm über alles geliebte Frau bei einem schrecklichen Unfall verloren hatte und sich dann entschied, in der Einsamkeit der kalifornischen Berge zurückgezogen weiterzuleben.
Man orakelte, er sei ein begnadeter Schriftsteller, würde unter einem Pseudonym schreiben und mit den Honoraren ein gutes Auskommen haben. Er war eigenbrötlerisch, aber trotzdem freundlich und hilfsbereit, wenn man ihn brauchte. Selten, aber regelmäßig kamen die Nachbarn bei ihm vorbei, um ihn, der in seinem Leben vieles mitgemacht hatte, um Rat zu fragen.
Meist sagte er nicht viel, das was er sagte, hörte
sich aus dem Mund des Autors nicht besonders spektakulär, fast schon banal an. Aber oft dämmerte es den Leuten nach einiger Zeit, wie treffend und richtig das knappe Gesagte doch war.
Oft saßen sie bei diesen Gesprächen auf seiner Terrasse mit Blick auf den kleinen Bergsee inmitten des kleinen Wäldchens aus Mammutbäumen und Zedern.
Ab und zu wehte ein wenig Rauch von seinem Kamin oder Geruch von Schmieröl aus seiner Werkstatt vorbei oder der Zigarettenrauch vom Nachbarhaus wurde vom Wind herübergetragen. Die Stimmung war oft etwas nachdenklich, traurig-verhangen, der Blick hing irgendwo im Unbestimmten, denn schließlich wurden zumeist ernste Sachen besprochen. Andererseits ergab sich auch immer wieder ein zuversichtlicher Blick auf das kommende, so dass sich die Mienen entspannten, und der Abschied dann doch leichter war, als erwartet.

Der Duft kommt in einer aufwendigen Verpackung mit Schiebebox, beigelegter DVD und Booklet. Das ist natürlich aufwändig und soll wahrscheinlich auch den künstlerischen Aspekt der Serie besonders betonen. Aus meiner Sicht etwas viel des Guten, ein guter Duft spricht aus meiner Sicht für sich selbst und braucht keinen großen philosophischen und verpackungstechnischen Überbau, den man ja auch mitbezahlt.
Der Flakon ist eher klein und kompakt, optisch wie von schwarzen Farbflecken überzogen, die Sprüheinheit ist eher klein gehalten.

Dieser Duft ist seit langem mal wieder ein neuerer, der mir gut gefällt und mich emotional angesprochen hat. Er stellt aus meiner Sicht etwas Besonderes dar, da er rauchig-würzige Noten mit einer klaren Frische verbindet. Die Kopfnote strahlt etwas grün-unterkühltes aus, erinnert an frische Berg- oder Meeresluft mit schwach ausgeprägten zitrischen Anteilen, in der sich aber bereits eine leichte Räuchernote befindet. Im weiteren Verlauf kommen würzige, leicht gemüsige Noten dazu (Muskat?), zudem auch "Technisches", wie Feinmechaniköl oder Druckerschwärze. Entfernte Erinnerungen an Aufziehautos von darda, deren Motoren diesen ganz charakteristischen Geruch aus Gummi und dem speziellen Öl hatten. Die Würzigkeit eines roten Wacholderzapfens, den ich im letzten Herbst zerrieb und über die Komplexität des Geruchs außerhalb einer plumpen Nadeligkeit erstaunt wurde. Rauchige, nicht unangenehme Noten, als wäre von einem entfernten Kamin etwas in den Sachen hängengeblieben.

Die Noten bleiben allesamt enthalten, ändern je nach Phase ihre Anteile in meiner Wahrnehmung und kehren wieder, sodass der Duft eine Entwicklung hat, quasi oszilliert, ohne generell seinen Charakter zu ändern.

Die Haltbarkeit ist sehr gut, Textilien nehmen den Duft von der Haut stark an, so dass er dort weiter verweilt. Die Sillage ist mindestens normal, allerdings habe ich bisher nur vorsichtig dosiert.

Interessant finde ich, dass die frische Komponente oder zumindest der entsprechende Eindruck auch länger erhalten bleibt und nicht verfliegt zugunsten der würzigen, harzigen Elemente, so, als wäre er in das harzige fest mit eingebaut.

Der Duft wirkt auf mich einerseits ernst, andererseits versöhnlich frisch und würzig. Ernsthaftigkeit, mal ohne Sakrales oder bitteren Vetiver oder strenge Nadeligkeit umgesetzt, wie bei den üblichen Verdächtigen.

Es kommt mir vor, wie eine Mischung aus den frisch-terpentinartigen Teilen von Kenzo pour homme, etwas maschinellem, wie Öl oder Druckerschwärze, wie in Sabotages Cash, falls das jemand kennt, einer leichten Räuchernote, und Würzigkeit wie in New West for him. Etwas schwerer, verdichtet, aber nicht erschlagend. Nicht vordergründig einladend, etwas unterkühlt, aber dennoch elegant und auf den zweiten Blick doch gutmütig. Nicht für jeden Tag, nicht ganz günstig, aber gut gemacht, andersartig und speziell, und meiner Umgebung gefällt es auch.
Aber selbst wenn es nicht so wäre, den hier hätte ich mir fürs eigene heimliche Vergnügen trotzdem besorgt.
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