Tenebrous Mist 2020 Eau de Parfum

NuiWhakakore
08.07.2021 - 12:35 Uhr
43
Top Rezension
7
Preis
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft

Ein düsterer Nebel

Gott verfluche O‘Skeeve! Das dachte sich der Kapitän bestimmt zum hundertsten Mal in der letzten Stunde. Wenn man in diesen Gewässern segelt und an einem wolkenlosen Tag eine düster schimmernde Nebelbank plötzlich vorm Bug auftaucht, dann segelt man doch nicht hinein! Das weiß doch jedes Kind! Alle kannten doch die Geschichten von Seeungeheuern, von Schiffen, die einfach verschwanden oder nur noch als leere Hüllen wieder auftauchten. Oder die Geschichten der wenigen Überlebenden. Geschichten voll von Tentakeln, Augen und brodelndem Wasser, berstenden Planken und knackenden Knochen. Und von Zähnen – immer vielen, vielen Zähnen. Das weiss man doch, O‘Skeeve, du Narr!

Jetzt war es freilich zu spät. Sie waren bereits seit Stunden in dem Nebel, hatten keine Ahnung, wohin sie fuhren und was sie erwarten mochte. Freilicht, für einen düsteren Nebel roch es sehr gut, nach Tee und Gewürzen. Und ehrlicherweise, recht düster war er auch nicht, sondern eher hell und schon fast freundlich. Das machte ihn ja gerade so unheimlich.

Plötzlich ging ein Ruck durch die Miss Fortune und das bisschen Fahrt, dass sie noch gemacht hatten kam abrupt zu einem Ende. Das Wasser um sie herum brodelte und leuchtete, Nebel stieg auf, dichter als je zuvor. Der unheimlich schöne Duft wurde stärker, überlagerte den Geruch des Schiffs, das Holz und den allgegenwärtigen Rum. Selbst aus der Kombüse roch man nichts mehr, außer etwas Rauch. Das wäre fast ein Grund zur Freude gewesen, hätten sich in diesem Moment nicht riesige Fangarme mit Saugnäpfen groß wie Handteller um das Schiff gelegt. Aus dem leuchtenden Wasser starrten sie Augen an, wesentlich mehr als zwei und dunkel wie die Hölle. Na toll, das war‘s dann wohl, dachte sich der Kapitän, wenigstens riecht es in der Hölle gut.

Da vernahmen sie eine Stimme, donnernd wie die Brandung auf einem heimtückischen Riff: „Ihr seid in mein Reich eingedrungen dafür werde ich euch vernichten – normalerweise, aber ich bin schon satt, hatte gerade vor ein paar Stunden einen englischen Schoner, darum werde ich euch ver-schonern (sic!)!“
„Hatte der Schoner zufällig Tee und Gewürze geladen“ fragte der Kapitän, den erratischen Humor des Seeungeheuers überhörend. Kraken sind auch nicht unbedingt für ihren Humor bekannt.
„Oh ja, sehr lecker, aber jetzt bin ich wahnsinnig aufgedreht!“ grummelte es.
„Ach, dann wollen wir mal nicht länger stören“ versicherte der Kapitän schnell.
„Nicht so schnell, du Wurm! Einer von euch muss hier bleiben, als Opfer, damit die anderen ver-schonert (sic!) werden!“
Alle Augen richteten sich auf O‘Skeeve. Normalerweise war der nicht der geistig regste, aber in dieser sich anbahnenden, persönlichen Katastrophensituation, war er dann doch erstaunlich behände: „Äh, liebes Seeungeheuer … gibt es da nicht vielleicht doch eine … ähm ... andere Möglichkeit?“
Lange Zeit blubbert es nur, dann war die donnernde Stimme wieder zu vernehmen: „Ja, eine Möglichkeit gäbe es da! Wenn ihr von nun an als ehrbare Männer über die Meere segelt, der Totenkopfflagge abschwört und nurmehr Gutes tut, dann will ich euch alle ver-schonern (sic!)!“

Der Nebel lichtete sich, die Sonne schmolz die letzten Überreste dahin, wie die Gedanken an einen bösen Traum. Sie setzten Kurs nach Cuba, dort gab es alles. Waren, Dienstleistungen, Seemänner. Der Kapitän stand selbst am Ruder…

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Tenebrous Mist startet mit Tee. Chai, um genau zu sein, schwarzer Tee mit Gewürzen, allen voran Gewürznelke, aber möglicherweise auch etwas Zimt, Kardamom und Muskat; genau kann ich es nicht sagen. Das ganze ist gesüßt, aber nicht so stark, als dass es störend wäre. Mit der Zeit kommt dann etwas Holz, das ich hier nicht als Sandelholz erkenne, etwas Rauch, der für meinen Geschmack ausgeprägter sein dürfte und ein kleiner Schluck Rum. Düster ist da nichts, der Name macht hier keinen Sinn.
Über all dem schwebt ein leichter Schleier, wohl aus Moschus, den ich nicht ganz fassen kann. Das ist wohl der Nebel und das hat Nebel ja so an sich. Vielleicht ist es aber auch der Dampf über dem heißen Tee. Er hält alles zusammen, dämpft aber auch die anderen Noten etwas, wie mir scheint. Es würde mich mal interessieren, wie der Duft ohne diesen Nebel wäre, aber dann bliebe vom Namen nichts mehr übrig.
Zur Basis hin wird der Duft dann cremiger. Jetzt kann man Sandelholz erkennen und auch Moschus wird deutlicher. Dazu kommt noch eine kleine Harznote. Der gewürzte Tee ist noch erkennbar, geht aber etwas zurück. Von der Gischt habe ich nichts bemerkt, auch kein Meer, kein Salz, keine Aquatik. Das hätte mir aber auch nur den Tee verdorben.

Tenebrous Mist ist für mich ein sehr feiner, niemals lauter Gewürz-Teeduft und als solcher einer der besten, die ich bis jetzt testen durfte (was nichts heißen muss, Teedüfte sind nicht meine Spezialität). Die Haltbarkeit ist so eine Sache: vernünftig Wahrnehmbar ist er so 5-6 Stunden. Direkt mit der Nase auf der Sprühstelle ist er aber auch nach 7-8 Stunden noch erkennbar. Die Silage ist von Beginn an gering und wird schnell körpernah.
Dank an Kapitän Blood X. Clat von der Flying Helvetian!
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