19.09.2013 - 16:50 Uhr
Palonera
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Palonera
Top Rezension
14
Umarme mich, doch rühr mich nicht an!
Lange hatte ich sie hinausgezögert, unsere Begegnung, sehr lange.
So viel gab es zu bedenken, das stimmig sein sollte an jenem Tag, an dem wir einander kennenlernen wollten, Loretta und ich – Ruhe sollte sein und genügend Zeit, um jeden Augenblick bewußt zu erleben, auszukosten vielleicht, denn Aufmerksamkeit, das wußte ich, würde sie beanspruchen.
Das hatten mich ihre Brüder und Schwestern gelehrt, Kinder desselben Vaters, vor allem Miriam, an die ich mein Herz verloren hatte.
Nicht zu warm durfte der Tag sein, das würden wir beide nicht vertragen, doch auch nicht zu kalt – wie sollte sie sich entfalten, entspannt sie selbst sein, wenn uns ein rauher Wind um die Ohren pfiff, an Kleidern und Haaren riß und sie von meiner Seite zu zerren drohte?!
So verging Woche um Woche, Monat um Monat, bis es September wurde, die Zeit der Reife, nicht mehr sommerlich warm, doch auch noch nicht zu kühl – und eines Tages stand Loretta vor mir.
Nein, ein Mädchen war sie sicher nicht, keine Elfe, keine Prinzessin, keine Unschuld vom Lande – auch die Bezeichnung "Früchtchen" trifft es nicht wirklich, wiewohl Loretta eine eindeutige Vorliebe für dunkle, reife Früchte hatte, besonders für Pflaumen.
Ein wenig über den Punkt hinaus mochte sie sie, ein wenig schwipsig fast und versehen mit einem Hauch von trockenem Zimt – nicht jenem süßen, der den Milchreis würzt, den Kinderliebling, nein, die dunklen, herben, edlen Zimtstangen, die die besten Köche des Orients in ihren Speisen verwenden.
Und den Orient, den schien sie auch zu mögen, doch das zeigte sich erst später.
Wir waren ein wenig befangen in den ersten Minuten, Loretta und ich – sie wußte um meine Vorliebe für ihre Schwester und hatte wohl mir zuliebe ein wenig Grün, ein wenig Hell, ein wenig Sauber-Seifig aufgelegt, doch in ihren Kleidern hing noch ihr Lieblingsduft aus Tuberose und Orangenblüten, meinen Angstgegnerinnen, die sich an ihr jedoch ganz wunderbar mit Früchten und der feinen Würze des Zimtes verbanden.
"Wie rücksichtsvoll!" dachte ich – und dann dachte ich eine Weile nicht mehr sehr viel, zu beschäftigt war ich damit, Lorettas Facettenreichtum zu bewundern.
Mit Smalltalk hielt sie sich nicht auf – schon bald erwies sie sich als tiefgründige Gesprächspartnerin, dicht argumentierend mit pudrig-holzigen Akzenten und zunehmender Wärme, ohne jedoch ihre Distanz zu verlieren, sich weder kuschelig noch kumpelig gebärdend.
Es war nicht immer einfach, ihren höchst eigensinnigen Gedankengängen zu folgen, stets changierend zwischen anheimelnd-einladenden gourmandigen Anklängen und distanzierten, stolzen, doch zu keiner Zeit arroganten Edelfloralnoten und umhüllt von einem Hauch aromatisch-trockener Würze.
Eine echte Tauer eben, niemals eindimensional, niemals auf Anhieb zu verstehen und doch nachsichtig gegenüber meinem Bemühen, eine passende Schublade zu finden.
Nach etwa einer Stunde glaubte ich, die richtige geöffnet zu haben – "florientalisch-würzig-pflaumig" stand auf ihrem Etikett, doch schon wurde Loretta dunkler, ernster, intensiver, meinte ich Weihrauch wahrzunehmen, wo doch gar keiner sein sollte, und einen balsamisch-animalischen Unterton, der all meine Versuche einer Etikettierung ad absurdum führte.
Fast hätte man sie nun sinnlich nennen können, erotisierend gar, doch bevor ich diesen Gedanken weiterspinnen konnte, trat mir unvermittelt die Tuberose entgegen und ließ mich zurückweichen, Raum geben, in dem Loretta ihr Spiel aus Nähe und Distanz erneut beginnen konnte.
Viele Stunden lang – bis sie müde wurde, schläfrig sich ankuschelte, weich und nachgiebig, verletzlich fast und zart und doch bei mir bleibend, die ganze lange Nacht.
Eine echte Tauer.
So viel gab es zu bedenken, das stimmig sein sollte an jenem Tag, an dem wir einander kennenlernen wollten, Loretta und ich – Ruhe sollte sein und genügend Zeit, um jeden Augenblick bewußt zu erleben, auszukosten vielleicht, denn Aufmerksamkeit, das wußte ich, würde sie beanspruchen.
Das hatten mich ihre Brüder und Schwestern gelehrt, Kinder desselben Vaters, vor allem Miriam, an die ich mein Herz verloren hatte.
Nicht zu warm durfte der Tag sein, das würden wir beide nicht vertragen, doch auch nicht zu kalt – wie sollte sie sich entfalten, entspannt sie selbst sein, wenn uns ein rauher Wind um die Ohren pfiff, an Kleidern und Haaren riß und sie von meiner Seite zu zerren drohte?!
So verging Woche um Woche, Monat um Monat, bis es September wurde, die Zeit der Reife, nicht mehr sommerlich warm, doch auch noch nicht zu kühl – und eines Tages stand Loretta vor mir.
Nein, ein Mädchen war sie sicher nicht, keine Elfe, keine Prinzessin, keine Unschuld vom Lande – auch die Bezeichnung "Früchtchen" trifft es nicht wirklich, wiewohl Loretta eine eindeutige Vorliebe für dunkle, reife Früchte hatte, besonders für Pflaumen.
Ein wenig über den Punkt hinaus mochte sie sie, ein wenig schwipsig fast und versehen mit einem Hauch von trockenem Zimt – nicht jenem süßen, der den Milchreis würzt, den Kinderliebling, nein, die dunklen, herben, edlen Zimtstangen, die die besten Köche des Orients in ihren Speisen verwenden.
Und den Orient, den schien sie auch zu mögen, doch das zeigte sich erst später.
Wir waren ein wenig befangen in den ersten Minuten, Loretta und ich – sie wußte um meine Vorliebe für ihre Schwester und hatte wohl mir zuliebe ein wenig Grün, ein wenig Hell, ein wenig Sauber-Seifig aufgelegt, doch in ihren Kleidern hing noch ihr Lieblingsduft aus Tuberose und Orangenblüten, meinen Angstgegnerinnen, die sich an ihr jedoch ganz wunderbar mit Früchten und der feinen Würze des Zimtes verbanden.
"Wie rücksichtsvoll!" dachte ich – und dann dachte ich eine Weile nicht mehr sehr viel, zu beschäftigt war ich damit, Lorettas Facettenreichtum zu bewundern.
Mit Smalltalk hielt sie sich nicht auf – schon bald erwies sie sich als tiefgründige Gesprächspartnerin, dicht argumentierend mit pudrig-holzigen Akzenten und zunehmender Wärme, ohne jedoch ihre Distanz zu verlieren, sich weder kuschelig noch kumpelig gebärdend.
Es war nicht immer einfach, ihren höchst eigensinnigen Gedankengängen zu folgen, stets changierend zwischen anheimelnd-einladenden gourmandigen Anklängen und distanzierten, stolzen, doch zu keiner Zeit arroganten Edelfloralnoten und umhüllt von einem Hauch aromatisch-trockener Würze.
Eine echte Tauer eben, niemals eindimensional, niemals auf Anhieb zu verstehen und doch nachsichtig gegenüber meinem Bemühen, eine passende Schublade zu finden.
Nach etwa einer Stunde glaubte ich, die richtige geöffnet zu haben – "florientalisch-würzig-pflaumig" stand auf ihrem Etikett, doch schon wurde Loretta dunkler, ernster, intensiver, meinte ich Weihrauch wahrzunehmen, wo doch gar keiner sein sollte, und einen balsamisch-animalischen Unterton, der all meine Versuche einer Etikettierung ad absurdum führte.
Fast hätte man sie nun sinnlich nennen können, erotisierend gar, doch bevor ich diesen Gedanken weiterspinnen konnte, trat mir unvermittelt die Tuberose entgegen und ließ mich zurückweichen, Raum geben, in dem Loretta ihr Spiel aus Nähe und Distanz erneut beginnen konnte.
Viele Stunden lang – bis sie müde wurde, schläfrig sich ankuschelte, weich und nachgiebig, verletzlich fast und zart und doch bei mir bleibend, die ganze lange Nacht.
Eine echte Tauer.
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