Sens & Bois
Un Parfum des Sens & Bois
2006

Ronin
21.01.2012 - 13:06 Uhr
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7.5
Duft

Eine Ambroxan-Bombe als Parfumo-Unisex-Pantydropper

Aufmerksam auf "Un Parfum des Sens et Bois" wurde ich, nachdem Celine Ellenas „Sel de Vetiver“ mein Herz erobert hatte und ich auf weitere Werke mit ihrer Handschrift gespannt war. Die Pyramide klang interessant, ließ aber keinerlei Rückschlüsse zu, ob der Duft etwas für mich sein könnte. Die bisherigen Kommentare waren vielversprechend, auffällig fand ich den Hinweis auf eine gewisse aphrodisische Wirkung sowohl beim männlichen als auch weiblichen Geschlecht. Nun dürften die geneigten Leser dieser Zeilen erfahren genug sein, um zu wissen, dass vermeintliche Pantydropperdüfte - wenn überhaupt - nur sehr kontextbezogen ihre Wirkung entfalten. Meine Desillusionierung bezüglich dieses Aspektes ist längst abgeschlossen, meinem Interesse am Duft waren die erwähnten Parfumokommentare aber zumindest nicht abträglich.

Für "Un Parfum des Sens et Bois" benötigte ich mehrere Anläufe. Im Geschäft auf Papier (bzw. im vorliegenden Fall Glasstab) entwickelte sich ein angenehm holziger (v.a., aber nicht nur Zeder), weicher und würziger Duft. Die Würze war eher kühl, etwas krautig und pfeffrig. Leicht rauchig, Blüten konnte ich nicht erkennen, aber es würde zu einer gewissen Weichheit des Duftes passen. Ich hätte mich nicht gewundert, Ambra in der Duftpyramide zu finden. Zitrische Noten waren mir entgangen. Auf der Haut entwickelte sich der Duft aber komplett anders: Ich hätte erwartet, das Holz würde auf warmer Haut stärker zum Tragen kommen. Dem war aber nicht so. Der Duft wirkte viel dezenter als auf dem Glasstab, dafür noch viel weicher. Wahrlich ein Hautduft, eher körpernah war mein Eindruck. Mein erster Verdacht war eine erhebliche Konzentration weißer Moschus, der so einen weichen Hauteffekt erzielt, aber irgendwie passte das, was auf meinem Handgelenk war, nicht zu meinen bisherigen Erfahrungen mit weißem Moschus: Mir fehlte die Assoziation von frischer Wäsche. Wie immer, wenn ich in meiner Stammparfümerie die Stirn runzele, wurde mir ein Pröbchen für zu Hause abgefüllt. Klar, für so etwas Dezentes wird die freie Nase und die frische Haut des Morgens benötigt.
Am Tag vor meinem Test zu Hause war auf meinem linken Handgelenk „Musc Ravageur“, am rechten „Memoir Man“ in Rahmen von Nachtests für Parfumo-Kommentare. Nach dem Duschen roch ich nichts mehr von den Beiden, aber nach Auftragen von "Un Parfum des Sens et Bois" blühten die Düfte des Vortages wieder in Originalduftstärke auf – links mir eher unsympathisches Zimt-Moschus, rechts wunderbar krautiger Lavendel. Nur vom eigentlich zu testenden Parfum war nichts zu erkennen. Somit war klar: "Un Parfum des Sens et Bois" ist vollgepackt mit Iso E Super oder Ambroxan. Beide sind ja ausgesprochene Geruchsverstärker. Ein bisschen hatte ich mir so etwas gedacht, in Anbetracht dessen, dass Baux und Michelangela die dort beschriebenen Reaktionen bei ihren Liebsten hervorgerufen haben. Denn was kann anziehender sein als der verstärkte Originalhautduft des/der Angebeteten?
Vom Duftspektrum passt es besser zu Ambroxan (leicht holzig und auch etwas rauchig). Aber das wäre vermutlich zu einfach gedacht, denn Celine Ellena wird kaum ein eigenes "Not a perfume" oder "Molecule 02" auf den Markt gebracht haben:
Sicher ist sie sich der Problematik bewusst, dass Parfums, die nur auf einem Duftstoff beruhen, unterschiedlich stark wahrgenommen werden können. Grob geschätzt ca. 20 % der Bevölkerung würden gar nichts riechen. Das ist keine Anosmie im engeren Sinne, was bedeuten würde, dass dieser Bevölkerungsanteil immer duftblind gegenüber dieser Komponente wäre. Es bedeutet aber sehr wohl, dass diese 20 % weitere Duftstoffe benötigen, um auch erstere Komponente wahrnehmen zu können.
Also könnte ich mir vorstellen, dass sie Ambroxan und/oder ISO E Super ergänzt hat mit einigen natürlichen Bestandteilen (aber sicher) und noch so manch anderen raffinierten synthetischen Komponenten.

Eine systematischere Untersuchung musste folgen:

Experimentelles Setup:
- 3 Düfte : a) natürlich, relativ transparent, leicht animalisch (Eau d'Hermès); b) natürlich, blumig, schwer (Leather Garden); c) modern und luftig (Terre d'Hermès)
- 3 Lösungen für Kreuzexperimente: 1. Iso E Super 10 %; 2. Ambroxan 5 %; 3. „Un Parfum des Sens et Bois“
- 9 nicht mehr aktuelle Visitenkarten

Je 3 Visitenkarten wurden mit den drei Parfums a)-c) besprüht. Am nächsten Tag wurden die Visitenkarten so mit den drei Lösungen 1.-3. besprüht, dass jede mögliche Kombination einmal erzielt wurde.

Ergebnis:
All drei Lösungen wirkten duftverstärkend außer die Kombination Terre d'Hermès-Iso E Super (c1) - wie zu erwarten war (ist schon voll bis zu Unterkante mit Iso E Super). Mit Iso E Super ging die Duftrichtung in eine etwas andere Richtung als mit Ambroxan. Mit Iso E Super wirkte es irgendwie heller, mit Ambroxan wärmer. Die mit Ambroxan behandelten Düfte rochen sehr ähnlich denen mit „Un Parfum des Sens et Bois“ besprühten, letztere waren tendenziell holziger und auch etwas frischer, würde ich sagen. Es ist also nicht 100 % Ambroxan als Duftkomponente. Zumindest Zeder, Veilchen und etwas Verbene aus der Duftpyramide dürften noch enthalten sein.

Es spricht nicht unbedingt gegen den Duft, in großer Menge Ambroxan zu enthalten. Die gewünschte Wirkung, eine Verschmelzung von Holznuancen und dem natürlichen Duftspektrum der Haut, ist gut gelungen. Brauche ich „Un Parfum des Sens et Bois“? Vielleicht. Ich finde den Duft in Kombination mit meiner Haut als sehr, sehr angenehm. Es ist nur Vorsicht geboten mit Parfumresten der Vortage. Der Duft, obwohl dezent, hält recht lange (7 Stunden mindestens).
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