Private Blend

Mandarino di Amalfi 2014 Eau de Parfum

Noctilux
30.08.2014 - 12:49 Uhr
15
Top Rezension
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft

Monströse elysäische Seifigkeit

Mandarino di Amalfi von Tom Ford gibt es in Deutschland seit August 2014. Es wird im Moment in der Größe von 50ml und 250ml angeboten und ist Teil der Neroli Portofino Collection, welche aus drei Düften besteht: Neroli Portofino (Rodrigo Flores-Roux), Costa Azzura (Yann Vasnier) und Mandarino di Amalfi (Calice Becker). Die Neroli Portofino Collection ist ein Bestandteil der Tom Ford Private Blend Linie die es seit 2007 gibt.

Wenn man sich die bisher veröffentlichten Düfte der Private Blend Serie vor Augen hält, dann tritt Mandarino di Amalfi darin unvergleichlich positiv in der Form von seifig und grün hervor. Dieser Duft passt daher für mich wunderbar zur 2014/Männer/Frühling/Sommer Modekollektion des Designers TF, der z.B. ganz stark auf florale Muster, die Farbe Weiss oder helle Farben mit Farbkombination setzt. Bei TF ist der Duft ein wesentlicher Bestandteil der Kollektionen und vermittelt dadurch ein bestimmtes Lebensgefühl. Gespannt darf man daher auch auf die weiteren Veröffentlichungen der Private Blend Serie für 2015 sein, da die Modekollektion (für meinen Begriff dem Trend etwas hinterher hängend) dann stark von Jeans und Casual Ideen getragen wird.

Der Duft: Ich könnte jetzt damit anfangen über die Küste von Amalfi zu schwärmen und wie sehr ich da Parallelen zum Duft ziehen könnte. Tatsächlich würde es sich sogar lohnen und man könnte ihm viele Attribute dieser wunderschönen Landschaft zuschreiben. Trotzdem möchte ich mit einem etwas profanerem Auftakt beginnen.

Ich habe schon öfters von Frauen den Spruch gehört, dass es nichts leckeres als einen frisch gebadeten/geduschten Mann gäbe. Sicherlich gibt es da auch das Gegenteil, trotzdem, für das erstgenannte Beispiel ist MdA der Superlativ von luxuriöser und perfekter Frische. Dieser Duft verwandelt dich in sekundenschnelle in einen vitalen, befiederten Bewohner von Elysion. Man wird mit der blauen Wolke in die „Elysischen Gefilde“ entrückt, welche damals von den Göttern geliebt wurden und den Probanten nun staunend daran teilhaben lässt.

Aber wie riecht es nun, das von mir bezeichnete, himmlische Elixir?

MdA beginnt eindeutig als Neroli Duft der zudem stark von den mitschwingenden Kräutern dominiert wird. Dazu zählen bei der Eröffnung das grün-seifige Shisoblatt, die frische Minz-Basilikum Kombination und eine edle Pfeffernote das allesamt seidig kompakt mit dem zitrischen Neroli Trio verbacken wurde. Bestimmt schwingt da noch vieles anderes mit, aber ich kann das alles nicht exakt auftrennen. Insgesamt ergibt dieser Auftakt, wie man es von TF nicht anders erwartet, einen sofort präsenten, himmlischen "Schlag". Da kriecht leider für mein Empfinden nichts zart in die Nase hinein, sondern fährt nach dem ersten Aufsprühen sofort hoch und verwandelt dich in etwas Ultrafrisches.
MdA ist trotz seiner Leichtigkeit laut und präsent, was man erstaunlicherweise erst mal nicht annimmt. Im weiteren Verlauf, nach ca. 1 Stunde wird MdA weicher, romantischer und tiefer, wobei das Seifige und die Frische der Neroli Kombination immer noch bestehen bleibt (allerdings wird es unscharf). Es scheint sich etwas später alles immer weiter zu verbacken und der Basis zuzuwenden. Das ist der Moment wo ich anfange es zu lieben, wenn Moschus und Zibet dann ein pulsierendes Flackern und Wärme einbringen, darüber sich eine wunderschöne Textur aus Amber und Labdanum legt und oben die lebendige Vetiver Wurzel leuchtet. Nach 3-4 Stunden klingt die Symphonie dann sanft und leise aus und man beginnt unweigerlich wieder von vorne oder wechselt in ein anderes Stück, je nach Tagesgeschehen.

Der Flakon: Die Form des 50ml Flakons erinnert in einer gewissen Weise an eine kleine viereckige Pfeffermühle und die hellblaue Farbe des Flakons an Plastik-Schwimmbrillen aus den siebziger/achziger Jahren. Insgesamt wirkt das Produkt aber durch das schwere Glas und den goldenen Restteilen (Labels, Sprühkopf) sehr wertig und edel. Die Farbe versprüht einen Hauch von Vitalität und Weite.

Anlass: Der Duft ist meiner Meinung nach zu jedem Anlass und zu jeder Zeit tragbar. Ich persönlich trage ihn meistens in der Freizeit.

Was sagen andere dazu: Floral, frisch, erinnert an einen Blumengarten in Südfrankreich, angenehm auf der Haut, cool, sexy.

Was gefällt mir am besten daran: Anfangs der Frische-Kick, der bei mir wie eine Tasse Kaffee wirkt und später die Wärme, wenn sich der Duft seiner Basis zuwendet. Die Modulationen des Duftes sind interessant zu entdecken. Er riecht jedes Mal etwas anders, das halte ich für sehr gelungen bzw. interessant.

Mein verfügbares Neroli Duell am Handgelenk:
Neroli Portofino ist heller, intensiver, sonniger und weniger grün. Ab der Mitte werden sich beide Düfte ähnlich. MdA ist aber viel eleganter und graziler.
Hermès d'Orange Verte ist viel herber und weniger intensiv und auch viel einfacher gestrickt. Es wirkt billig.
4711 ist ähnlich grazil/fein, hat aber eine komplett andere Duftzusammensetzung, ist wässriger und vor allem sehr oldschool, was ja nicht unbedingt schlecht ist.
Creed Jardins d'Amalfi ist ein Frauenduft und viel süßer und subtiler, kaum vergleichbar.

Preisgestaltung: Ich wundere mich warum MdA ein Teil der TF-PB Serie geworden ist, aber das habe ich mich bei Neroli Portofino auch schon gefragt. Egal: Wenn man den exorbitanten Preis des Produktes ausblendet, weil man ohnehin weiß dass in Onkel Toms Edel-Hütte alles das Doppelte bis Dreifache kostet (man kann dort z.B. High Top Sneakers für 800 Euro kaufen!), dann bekommt man wirklich ein tolles Duft Erlebnis mit Zeitgeist-Garantie geboten. Sicher könnten das die anderen Labels auch liefern, da sie auf die selben Parfümeure zurückgreifen. Jetzt muss man sich auch noch vorstellen dass Calice Becker in diesem Jahr parallel für AVON (Far Away Gold) auch ein Parfüm kreiert hat dass nur ein Fünftel von MdA kostet. Definitiv könnten andere Labels das auch für weniger Geld anbieten, aber es wird ohne das Konzept bzw. den Impuls dahinter niemals das gleiche werden. Das gilt für die Kleidung leider ebenso. Man bezahlt hier für Hits, die zeitlich begrenzt sind.

Fazit: Willkommen beim Zeitgeist (die neue Gewöhnlichkeit). Wenn man bedenkt dass z.B. einer der nächsten großen Trends für 2014/2015 "Normcore" heissen wird (tippt das mal bei Google ein), liegt TF mit seiner Jeans und Casual Kollektion von 2015, sowie der dazu passenden neuen Düfte von 2014 wieder voll (wenn auch verspätet), im angepassten Luxus-Trend (New Glamour). Das ist ja auch der einzige Grund warum es diesen Duft gibt, oder trägst Du Mode-Hinterwäldler noch Oud? Das ist für die Hersteller schlecht für das Geschäft, aber das weißt Du sicherlich schon.

Jetzt sitze ich in der Zwickmühle. Ich bekomme etwas vorgesetzt, bzw. in diesem Fall habe ich es geschenkt bekommen und weiss dass es die olfaktorische Melodie zum nächsten Trend der Marke darstellt. Das Schlimme ist dabei: Ich mag es. Ich finde es einfach nur großartig. Es wird mein Leben bereichern.

Dennoch: Es wird für mich eine kurze, intensive Beziehung werden, denn ich weiß dass ich mich nächsten Sommer neu verlieben werde und da kommen die 50ml gerade recht.
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