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Top Rezension
Ein bescheidener Tom Ford.
Kennen wir sie nicht alle, unsere lieben Gourmands? Da gibt es welche mit Kirschen, andere erinnern an Pudding, an Kuchen und und und. Viele von ihnen duften unglaublich lecker, sodass man am liebsten den süßen, klebrigen Saft vom Handrücken lecken möchte.
Nun habe ich soeben das Wort "klebrig" in den Mund genommen. Tatsächlich gibt es nicht gerade wenige Gourmands, die zwar unglaublich appetitlich riechen, dafür aber des Trägers Haut kaum noch verlassen möchten. Sie stilisieren sich oft unfreiwillig als Signaturdüfte fürs Leben, um es mal etwas übertrieben zum Ausdruck zu bringen. Sie sind oft so klebrig und so süß, dass ich nicht wüsste, ob ich einen solchen nachts ausführen wollen würde, ob er nicht doch irgendwann zu anstrengend werden würde. Doch nun ist Abhilfe in Sicht, denn im Hause Tom Ford wurde etwas zusammengebraut, das mit dem ursprünglich tief-holzigen "Noir", erschienen 2012, nichts mehr zu tun hat. Es kommt in einem sehr klassischen, wenn nicht gar schon altbackenen Flakon daher, der hinsichtlich Materialauswahl und Verarbeitung nicht ganz an die exklusivere Duftlinie dieses Hauses herankommt, doch soll dies nur für wenige Sekunden irritieren, denn sobald der erste Sprühstoß auf dem Handgelenk landet, ist das schwarz-goldene Drumherum absolut nebensächlich.
Alles beginnt mit einem für das Orient so typischen Gewürzschub, der das gegebenfalls negative Klischee klebrig-süßer Gourmands revidiert. Neben dem Kardamom kommt besonders eine delikate Muskatnote zum Vorschein, die man einfach lieben muss. Nur wenig später gesellt sich das mir unbekannte Kulfi hinzu, eine indische Süßspeise, die - ich recherchierte mal ein wenig - wie folgt beschrieben wird:
"Am Hof der Mogulkaiser kamen die Köche auf die Idee, süße Kondensmilch mit gehackten Pistazien, Safran oder Rosenwasser zu mischen und halbgefrorenes Eis hinzuzugeben. Die Masse wurde in kleine Töpfchen mit Deckeln (die auf Persisch „Kulfi“ heißen) gegeben und in Eis aus dem Himalaya kaltgestellt, bis sie serviert wurden."
Und tatsächlich ist dieses Kulfi gar nicht mal so süß wie manch andere europäische Nachtische oder Süßspeisen. Natürlich, es lässt den Duft nun schon etwas süßer werden, doch handelt es sich hier um keine klebrige, sondern eine eher luftige Süße, die durch die noch immer vorhandene Muskatnote mit einer schönen Priese an Würze untermalt wird.
Die süß-würzige, aber vor allem luftige Komposition wird wenig später durch die Vanille ergänzt. Gemäß der Duftpyramide handelt es sich bei ihr um eine tragende Säule, was auch ich so vernehme. Glücklicherweise muss man trotz der Präsenz der Vanille keine Angst um die so herrlich aromatische Kombination aus Muskat und Kulfi haben. Anders als bei manchen Gourmands haben wir es hier nicht mit einer alles erschlagenden Vanille zu tun. Sie dient eher dazu, diese einzigartige, aromatische Luftigkeit durch die Stunden der Nacht zu tragen und der eh schon äußerst tiefgründigen Komposition noch mehr Tiefe zu verleihen. Und gesellt sich dann nach einigen Stunden ein wenig Sandelholz dazu - wirklich wenig und nicht zu viel - so rundet dieses den Verbund aus orientalischen Duftnoten mit einer dezenten Cremigkeit ab. Die Beschreibung dieser Cremigkeit als eine dezente ist insofern zutreffend, als dass sie, ebenso wie auch bei der Vanille, nie die Luftigkeit zerstört, durch welche "Noir Extreme" sich auszeichnet. Es ist diese süß-würzige Transparenz, welche mich so sehr fesselt.
Eigentlich ist der Name "Noir Extreme" gänzlich unpassend, denn extrem ist hier gar nichts. Wir haben keine extreme Klebrigkeit, keine extreme Sillage, keine extreme Haltbarkeit - also nichts, was viele Gourmands häufig im negativen Sinne auszeichnet. Man bekommt einen wirklich reifen, erwachsenen Gourmand, der seinem Träger Stil abverlangt, den lauten Auftritt scheut, ihn nicht braucht und nicht will. Man bekommt einen Gourmand, der nicht an einem klebt, sondern stattdessen wie ein treuer Begleiter ist, welcher Treue und Zuverlässigkeit nicht mit Aufdringlichkeit verwechselt. Man bekommt einen Gourmand, der zeigt, dass es nicht immer die exorbitant teure Produktlinie aus dem Hause "Tom Ford" sein muss, in der zum Beispiel "Tobacco Vanille" angesiedelt ist. Man bekommt einen Gourmand, der, sowohl das Finanzielle als auch den Duftcharakter betreffend, die Tugend des Bescheidenseins verkörpert - zumindest wenn man Tom Ford-Verhältnisse als Richtwert nimmt. Denn "Tom Ford" und Bescheidenheit ... naja ... ich glaube, es ist ersichtlich, was ich meine, nicht wahr?
Also, seid bescheiden und probiert ihn aus. Die Tage werden kälter, dunkler, verregneter, ungemütlicher. Doch vielleicht gelingt es diesem edlen Wässerchen, ein wenig Gemütlichkeit zurück in den euren Alltag zu bringen.
Nun habe ich soeben das Wort "klebrig" in den Mund genommen. Tatsächlich gibt es nicht gerade wenige Gourmands, die zwar unglaublich appetitlich riechen, dafür aber des Trägers Haut kaum noch verlassen möchten. Sie stilisieren sich oft unfreiwillig als Signaturdüfte fürs Leben, um es mal etwas übertrieben zum Ausdruck zu bringen. Sie sind oft so klebrig und so süß, dass ich nicht wüsste, ob ich einen solchen nachts ausführen wollen würde, ob er nicht doch irgendwann zu anstrengend werden würde. Doch nun ist Abhilfe in Sicht, denn im Hause Tom Ford wurde etwas zusammengebraut, das mit dem ursprünglich tief-holzigen "Noir", erschienen 2012, nichts mehr zu tun hat. Es kommt in einem sehr klassischen, wenn nicht gar schon altbackenen Flakon daher, der hinsichtlich Materialauswahl und Verarbeitung nicht ganz an die exklusivere Duftlinie dieses Hauses herankommt, doch soll dies nur für wenige Sekunden irritieren, denn sobald der erste Sprühstoß auf dem Handgelenk landet, ist das schwarz-goldene Drumherum absolut nebensächlich.
Alles beginnt mit einem für das Orient so typischen Gewürzschub, der das gegebenfalls negative Klischee klebrig-süßer Gourmands revidiert. Neben dem Kardamom kommt besonders eine delikate Muskatnote zum Vorschein, die man einfach lieben muss. Nur wenig später gesellt sich das mir unbekannte Kulfi hinzu, eine indische Süßspeise, die - ich recherchierte mal ein wenig - wie folgt beschrieben wird:
"Am Hof der Mogulkaiser kamen die Köche auf die Idee, süße Kondensmilch mit gehackten Pistazien, Safran oder Rosenwasser zu mischen und halbgefrorenes Eis hinzuzugeben. Die Masse wurde in kleine Töpfchen mit Deckeln (die auf Persisch „Kulfi“ heißen) gegeben und in Eis aus dem Himalaya kaltgestellt, bis sie serviert wurden."
Und tatsächlich ist dieses Kulfi gar nicht mal so süß wie manch andere europäische Nachtische oder Süßspeisen. Natürlich, es lässt den Duft nun schon etwas süßer werden, doch handelt es sich hier um keine klebrige, sondern eine eher luftige Süße, die durch die noch immer vorhandene Muskatnote mit einer schönen Priese an Würze untermalt wird.
Die süß-würzige, aber vor allem luftige Komposition wird wenig später durch die Vanille ergänzt. Gemäß der Duftpyramide handelt es sich bei ihr um eine tragende Säule, was auch ich so vernehme. Glücklicherweise muss man trotz der Präsenz der Vanille keine Angst um die so herrlich aromatische Kombination aus Muskat und Kulfi haben. Anders als bei manchen Gourmands haben wir es hier nicht mit einer alles erschlagenden Vanille zu tun. Sie dient eher dazu, diese einzigartige, aromatische Luftigkeit durch die Stunden der Nacht zu tragen und der eh schon äußerst tiefgründigen Komposition noch mehr Tiefe zu verleihen. Und gesellt sich dann nach einigen Stunden ein wenig Sandelholz dazu - wirklich wenig und nicht zu viel - so rundet dieses den Verbund aus orientalischen Duftnoten mit einer dezenten Cremigkeit ab. Die Beschreibung dieser Cremigkeit als eine dezente ist insofern zutreffend, als dass sie, ebenso wie auch bei der Vanille, nie die Luftigkeit zerstört, durch welche "Noir Extreme" sich auszeichnet. Es ist diese süß-würzige Transparenz, welche mich so sehr fesselt.
Eigentlich ist der Name "Noir Extreme" gänzlich unpassend, denn extrem ist hier gar nichts. Wir haben keine extreme Klebrigkeit, keine extreme Sillage, keine extreme Haltbarkeit - also nichts, was viele Gourmands häufig im negativen Sinne auszeichnet. Man bekommt einen wirklich reifen, erwachsenen Gourmand, der seinem Träger Stil abverlangt, den lauten Auftritt scheut, ihn nicht braucht und nicht will. Man bekommt einen Gourmand, der nicht an einem klebt, sondern stattdessen wie ein treuer Begleiter ist, welcher Treue und Zuverlässigkeit nicht mit Aufdringlichkeit verwechselt. Man bekommt einen Gourmand, der zeigt, dass es nicht immer die exorbitant teure Produktlinie aus dem Hause "Tom Ford" sein muss, in der zum Beispiel "Tobacco Vanille" angesiedelt ist. Man bekommt einen Gourmand, der, sowohl das Finanzielle als auch den Duftcharakter betreffend, die Tugend des Bescheidenseins verkörpert - zumindest wenn man Tom Ford-Verhältnisse als Richtwert nimmt. Denn "Tom Ford" und Bescheidenheit ... naja ... ich glaube, es ist ersichtlich, was ich meine, nicht wahr?
Also, seid bescheiden und probiert ihn aus. Die Tage werden kälter, dunkler, verregneter, ungemütlicher. Doch vielleicht gelingt es diesem edlen Wässerchen, ein wenig Gemütlichkeit zurück in den euren Alltag zu bringen.
4 Antworten


Ein wirklich gelungener, äußerst informativer Kommentar, der dazu aufruft, nicht alle Gourmands in eine - oft verschrieene - Schublade zu stecken!