Hawthorne & Irving - Ghost of Henry Hudson 2011

Aura
10.07.2013 - 07:06 Uhr
8
Sehr hilfreiche Rezension
0
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
6
Duft

Da bleibt kein Geist kalt

Eigentlich hab ich mit Geschichte nichts am Hut, aber wenn ein Duft schon „Ghost of Henry Hudson“ heisst, macht mich das natürlich neugierig. Also bitte sehr, da müsst ihr jetzt mit mir durch ;o):
Henry Hudson war ein englischer Seefahrer. 1610 bricht er im Auftrag der Holländer auf, um eine Nordpassage nach Asien zu finden. Warum? Mit Asien wurde reger Handel getrieben und die Holländer hofften, dass die Nordpassage durch das Polarmeer ihnen einen Vorteil gegenüber den Spaniern, Portugiesen und Engländern verschaffen würde, die alle durch den Atlantischen Ozean segelten und diesen Weg auch verteidigten.
Wie man sich denken kann, und wie der leidgeprüfte Hudson schon bei früheren Expeditionen feststellen musste, gibt es im Polarmeer Eis. Zu viel Eis, als das man da einfach so durchfahren könnte. Also probiert er es nordwestlich, segelt todesmutig quer über den feindlichen Atlantik und probiert zwischen Grönland und Nordkanada durchzukommen. Leider verfährt er sich dort ein wenig und landet in dem Binnenmeer, das wir heute als Hudson Bay kennen – na, klingelt’s? Hudson frohlockt, denkt, er habe die Einfahrt zur Passage rüber in den Pazifik gefunden, und sucht eifrig die ganze Küste danach ab. Welch Wunder, er fand aber keinen Durchgang. Nach fast 3 Monaten der Suche kommen der Winter und das Eis und Hudson muss mit seiner Mannschaft acht Monate überwintern. Dummerweise sind ihnen neben dem Wetter auch die Eingeborenen nicht sonderlich wohl gesonnen, so dass ein Landgang, um Essen und Wasser zu besorgen, zur Todesfalle werden konnte.
Im Frühjahr taut es auf, doch die Mannschaft hat die Faxen dicke, die Männer sind müde und hungrig und wollen bloss noch heim und nicht mehr weitersuchen, wie ihr übereifriger Kapitän vorhat. Also meutern sie und setzen Henry Hudson, seinen 16-jährigen Sohn und ein paar kranke Schiffsleute auf einem kleinen Boot aus. Hudson bleibt verschollen.

Wie ihr euch bei der Pyramide von „Ghost of Henry Hudson“ denken könnt, haben wir es hier weder mit einem polarmässig kalten Frische-Kick-Eisduft zu tun noch mit den Gewürzschätzen Asiens, die Hudson zu finden hoffte.
Nee, es wird so richtig weihnachtlich. Da es sich bei den Düften von Lori Cochran fast ausschliesslich um Parfümöle handelt, ist hier richtig was los: Lebkuchenzauber (Zimt), karamellgetränkte Engel (der Butterscotch), getrocknete Orangenschalen, Patchouli verwandelt sich in eine wärmende Wolldecke vor dem Kaminfeuer, das volle Programm. Sehr lecker, wenn man es mag. Und sehr gourmandig. Auf der Haut strahlt ein klitzekleiner Tropfen des Öls zunächst wie die ganze Mandelmilchstrasse, aber nach ca. fünf Minuten wird es gedämpfter, der Patchouli nimmt zu und bedeckt das olfaktorische Weihnachtsfest fast gnädig. Leider wird es dann auch etwas muffig.
Vielleicht liegt’s auch an dem Apofläschchen und der Gestaltung des Aufdrucks (Bild ist eingereicht), dass ich die Assoziation zu einem Duftkerzenöl vom Weihnachtsmarkt nicht so richtig loskriege. Bei aller meiner Toleranz und teilweisen Ignoranz etwaiger Untragbarkeit von Gourmands solchen Kalibers, werde ich dieses Öl, das ich als Geschenk zu einer Bestellung bei Lori Cochran erhalten habe, wohl tatsächlich nächste Weihnachten über einer Kerze verfeuern.

Aber was hat sie sich dabei gedacht, den Geist Henry Hudsons so zu interpretieren? Wenn man bedenkt, unter welchen traurigen Umständen Hudson sein letztes Weihnachtsfest beging, vermute ich, sie will seinem Geist hiermit einfach einen letzten warmen Gruss aus der Heimat, die er nie wieder sah, schicken.
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