Coffee Break

Golden Dallah 2018

Carpintero
21.10.2023 - 06:00 Uhr
8
9
Preis
9
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Kaffeefinka

— oder die wohl persönlichste Rezension, die ich je geschrieben habe.

Viele Personen, egal, ob auf YouTube oder hier auf Parfumo, äusserten über den Duft, dass er eine Anlehnung an den typischen „Arabic Coffee“ sei.
Arabischer Kaffee, den ich noch sehr gut und positiv von meinem zweijährigen Aufenthalt in Katar in Erinnerung habe, ist ein goldfarbenes Getränk, das in der Tiefe zwar Kaffee erahnen lässt, aber voller exotischer Gewürze steckt: Kardamom, Safran, Muskat, Nelken und - natürlich - Rosenwasser.

Und ja, all das nimmt man im Golden Dallah war: Den Kaffee wunderschön in der Tiefe, aussen herum begleitet, aber nie dominiert von Rose, Kardamom, Safran, Muskat und (vermutlich) Nelken. Auch Weihrauch und Oud nehme ich wahr, genauso wie die Süsse der Tonkabohne (möglicherweise in Anlehnung an die Datteln, die man zum Arabic Coffee reicht) und leichte Spuren von bitterem, ungesüssten Kakao.

Und damit wäre die Rezension auch schon abgeschlossen, den all die beschriebenen Noten sind enthalten, ergänzen und begleiten den Kaffee, ohne ihn zu übertünchen oder ihm die Show zu stehlen.

Aber halt.
Was war das?

Im weiteren Verlauf nimmt der Golden Dallah — zumindest für mich persönlich — eine ganz andere Wende:

Möglicherweise kennen die ein oder anderen Parfumos/Parfumas meine Geschichte, von meiner Jugend in Südamerika oder meinem Leben in Katar.

Nachdem meine Mutter, die in Bogota im Auslandsschuldienst tätig war, pensioniert wurde, kaufte sie sich zusammen mit ihrem Mann ein Stückchen Land in der kolumbianischen Kaffee-Region. Genauer im Libano, Tolima, etwa 7 Stunden Bergauf-Bergabfahrt von Bogota entfernt. Und nachdem sie dort das Land gekauft, eine wunderschöne, traditionelle Kaffeefinka konstruiert und den ersten eigenen Kaffee angebaut hatte, besuchte ich sie fast jedes Jahr an diesem magischen Ort.

Wenn du dort ankommst, den langen Flug und die beschwerliche Anreise hinter dir gelassen hast, begleitet dich über die gesamte Zeit eine Duft-Aura von grünem Kaffee, roter Erde und eine Mischung aus floralen und herben Noten.

Und genau das verkörpert der Golden Dallah für mich:
Nachdem meine Sinne beim ersten Aufsprühen nach Katar an den arabischen Golf reisten, katapultiert mich der Drydown straight in den Libano, Tolima, auf die Kaffeefinka meiner Mutter.
Ich spüre die wärmende Sonne, die sich in der rötlichen Erde reflektiert, die dampfige Luft, die es dort aufgrund der erhöhten Luftfeuchtigkeit hat, die grünen Töne der Kaffeeplantage, welche sich direkt um die Finka befindet. Grüner, noch etwas unreifer Kaffee riecht süsslich und herb zugleich. Während der reife Kaffee, der sich geschält bereits beim Trocknen befindet, ein kräftig-erdiges Aroma mit sich bringt. Ich rieche ausserdem die floralen und erdigen Töne, die durch die prächtigen Pflanzen und die feuchte, lehmige Erde entstehen. Und - vielleicht bilde ich es mir auch nur ein - einen ganz sanften Hint, der an Bananenstauden erinnert: Das Aroma der noch unreifen, grünen Banane, nur ganz leicht süss, mehr tropisch-grün.

Und ich fühle mich geborgen. Meilenweit weg vom Office-Stress. In Sicherheit vor allem, was auf der Welt passiert. Im Libano ticken die Uhren (und Menschen) noch anders, der Tag, die Woche, der Monat und das gesamte Jahr richten sich nach dem Kaffeeanbau — und vielleicht ein wenig nach den paar wenigen Touristen, die sich auf dem Weg nach Medellin oder Pereira in den Libano verirren. Der Duft verkörpert die Entspanntheit, die Leichtigkeit des Seins, die perfekte Kombination aus allen Elementen.

Für mich ein kleines Meisterwerk, das sowohl im Office, als auch beim Date oder zum Dinner geht.
Keineswegs ein Schreihals, eher hautnah und sanft, aber wunderschön und faszinierend zieht er alle in seinen Bann.

Danke für die kleine Weltreise, XerJoff!
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