Orodion 2021

Leprince069
11.02.2022 - 08:29 Uhr
6
Wenig hilfreiche Rezension
8
Preis
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Der Duft sollte von den Erwartungen losgelöst betrachtet werden

Nun wie fang ich an... es ist definitiv nicht abzustreiten, dass dieser Duft jede Menge negative Kritik geerntet hat und er regelrecht viele Personen vermeintlich enttäuscht hat. Aber ist das die Schuld des Duftes, der Person, die ihn rausbringt, oder nicht doch vielleicht eure eigene Schuld? Ich habe schon viele Düfte in dem Preissegment getroffen, die dort wesentlich schlechter abgeliefert haben.

Vorweg möchte ich gleich eingestehen, dass ich auch einer dieser hier häufig vorzufindenden Sympathisanten von Justin Fuchs bin. Nichtsdestotrotz bedeuten gute Klamotten nicht automatisch, dass auch ein guter Duft entsteht. Wie viele bekanntlich festgestellt haben, haben Beckham oder Ronaldo auch nicht die tollsten Düfte rausgebracht, auch wenn sie gut Fußball spielen. Ich weiß, dass der Vergleich etwas überspitzt ist, da sich Parfüm auch im Lifestyle Segment einordnet und Justin in diesem Bereich allgemein einen "guten Geschmack" repräsentiert, aber ich glaube ihr wisst, worauf ich hinaus möchte.

Das Parfüm wird an vielen Stellen zunächst in direkte Verbindung mit BR540 gebracht - was ich nur teilweise nachvollziehen kann. Ja, es existiert ein leichter Touch dieses sterilen Hauches, den viele auch als "klinisch" bezeichnen. Dieser ist aber wesentlich schwächer, viel runder und wärmer und auch nicht so frisch und klar. BR540 ist eine ganz andere Liga, und BR540 ist dort auch viel geradliniger und transparenter. Abgesehen davon performt es 10x besser und strahlt wirklich deutlich intensiver.

Orodion ist ein klarer Hybrid. Ich kann allen Recht geben, die sagen, dass der Duft keinen geradlinigen Charakter hat, der sich klar auf eine Seite schlägt und Position einnimmt. Der Duft wird in sich zu weich, er zerfällt in eine verhüllende Wolke, die einem die Sicht erschwert. Klar wahrnehmbar ist ein süß holziger, schon eher rose-artiger Nebel. Für mich ist das Oud kaum wahrnehmbar, Vanille ebenso nur äußerst schwach. Safran ist wiederum durchaus präsent. Positiv an der ganzen Komposition ist für mich, dass auf unerklärliche Weise für mich ein Wohlfühlduft entstanden ist, den ich schon fast als kuschlig bezeichnen würde. Aber wie gesagt - ja es ist definitiv ein Manko, dass kein klarer Duftcharakter vernehmbar ist, der einzigartig mit dem Duft in Verbindung gebracht werden kann, obwohl der Duft absolut einzigartig ist. Es fällt mir tatsächlich bewusst schwer, zu verargumentieren, warum ich den Duft dennoch mag. Er riecht irgendwie einfach trotz allen Unklarheiten innerhalb der Note insgesamt sehr gut. Es ist eine gewisse Eleganz vorhanden, eine feines Boutique Flair, welches super angenehm ist und einem selbst nicht in die Nase steigt.

Ein weiteres Thema ist für mich die Langlebigkeit & Ausstrahlung. Leider hält der Duft definitiv nicht in der Stärke, wie man es sich wünschen würde. Er ebbt mit der Zeit schnell ab und ist nur noch in unmittelbarer Entfernung wahrnehmbar. Ob dies nun gut oder schlecht ist, ist Geschmackssache. Ohnehin finde ich die Sillage eher schwächer, es ist ein Parfum mit einem durchaus kleinen "Wirkungskreis", nah am Körper, dezent und zurückhaltend. Ich finde den Duft keineswegs schwer, auch wenn viele Aussagen in diese Richtung getroffen wurden.

Der Flakon ist definitiv sehr hochwertig und edel. Dieser ist sicherlich in seinem Preissegment einer der designtechnisch stärksten. Die Flasche und die Kappes sind überraschend schwer und ebenso gut verarbeitet.

In Summe finde ich den Duft unter Berücksichtigung des Preises durchaus gut gelungen. Er ist natürlich nicht mit den hochwertigeren Nischen-Düften auf eine Ebene zu stellen, aber ich weiß auch nicht woher diese Erwartung kommt.
Meiner Meinung nach outperformed dieser Duft sogar nahezu 90% der Tom Ford oder anderen Designer/Nischen Hybriden, die Preis/ml noch deutlich höher angesetzt sind. Ich glaube, dass diese schlechte Kommentarflut vor allem dadurch zustande kommen, dass eine sehr unerfahrene Käuferschaft mit ins Boot geholt wurde, die sich von der Hypewelle hat blenden lassen und nun ihren Frust loswerden möchte, weil die 100 statt gewöhnlichen ~50 Euro diesmal weh getan haben ("no froooont", wie Justin sagen würde). Es kann aber nun auch eben mal vorkommen, dass der eigene Geschmack nicht getroffen wurde. Dafür kann das Parfüm aber nichts. Ebenso ist der Hintergrund hier ein anderer - ja es stand ein Expertenteam dahinter, ebenso wurden von Anfang an professionelle Logistikstrukturen genutzt - aber es ist trotzdem der erste Duft, der erste Aufschlag und das ganze wurde auch nicht aus einem Milliardenkonzern sondern von einer Privatperson angestoßen. All in all fair product. Hier ist definitiv Luft nach oben, aber auch eine Menge Potential für ein stärkeres Statement.

0 Antworten