Carnolie

Letzte Woche im Sephora auf den Champs-Élysées ein Sprühpröbchen mitbekommen. Wie der Name erwarten lässt, ist es ein sehr süßer Duft - aber gut gemacht, nicht klebrig oder erschlagend. Eher lecker-fruchtig und sehr sommerlich. Macht Lust auf sonnige Spaziergänge, Eisbecher und Cocktails am Strand.

...schon wie der Flakon aussieht. Ein blumig-frischer Duft mit dieser industriell-matt-grauen Kappe? Dann dieser schnörkelige Scriptfont. Soll das an einen Eintrag im Poesiealbum erinnern? Und der Name selbst. "Pleasures". Estée hat es ja nicht so mit kreativen Namen. "Knowing" fand ich auch schon grenzwertig, aber für dieses Parfum kann ich mich begeistern, für Pleasures nicht so sehr. Hey, da erkenne ich ein Muster, es gibt keinen Estée Lauder Duft mit einem halbwegs originellen Namen. Sensuous, Adventurous, Beautiful. Intuition, Pleasures, Private Collection. Brasil Dream. Beyond Paradise. - also entweder sehr allgemein und vage oder aber lächerlich konkret: White Linen!!! Ha,ha,ha. Weiße Wäsche. In jedem Fall spiegelt sich eine gewisse hausbackene Fantasie in den Namen wieder.
Aber gut, es kann sich ja jeder selbst ein Bild davon machen. Zurück zu Pleasures.

Dabei ist die Kopfnote noch das Vielversprechendste. Knackig-kühne, grüne Frische. Und blumig von Beginn an ohne Kompromisse. Mein Problem ist, dass der spritzige erste Eindruck schnell weg ist, und was dann bleibt, ist eine ganz fiese, widerliche Note, die sich ohne Erfolg versucht hinter der Blumigkeit (wie duftet Karo-Karounde?)zu verstecken. Aber ich habe sie dennoch sofort enttarnt. Diese Note erinnert an verwesende Blumen, an Metall, rohes Fleisch und an klamme Wäsche.

Letzteres meint diesen unangenehmen Geruch, den Wäsche nach dem Waschen oft hat, wenn man keinen duftspendenen Weichspüler verwendet und den ich vermeide, indem ich ausschließlich mit Weichspüler wasche. Oder auch kaltes Geschirr. Hat auch diese fiese, hinterhältig in die Nase beißende Schwingung. Deswegen werden Teller in gehobenen Restaurants aufgewärmt, damit diese kalt-metallische Ausdünstung verschwindet.

Ich hatte es, wie gesagt, schon geahnt, dass mit Pleasures etwas nicht stimmen würde. Das einzige, was diesen Duft hätte retten können, wäre eine dicke, fette Tuberose. Aber die fehlt leider völlig.

Ich mag "Boudoir" und auch "Anglomania" find ich nicht schlecht. Daher war ich natürlich neugierig auf Libertine, weil discontinued, rar und ein Chypre aus 2000. Hab mir also (Gott sei Dank nur) ein Mini in der Bucht geschossen.

Das erste, was mir beim Testen auffiel: diese bittere, theaterschminkenartige Note, die mir schon bei Guerlain's Parure aufgefallen ist und die aus meiner Sicht jeden Duft untragbar macht. Man beachte auch den ähnlichen Duftaufbau. Parure hat fruchtige Noten und Bergamotte im Kopf, Libertine ebenfalls Früchte und Bergamotte im Herz. Und ja, wenn man weiß, dass Ananas drin ist, riecht man sie auch. Gemeinsam ist beiden Düften zudem das Maiglöckchen und die Rose und in der Basis Amber, Eichenmoos und Patchouli.

Also muss man sich nicht wundern, dass es ähnlich duftet und dass beide Düfte auch für das männliche Geschlecht tragbar sind. Besonders frisch finde ich Libertine nicht, aber tragbarer als Parure allemal. Während Parure auch nach mehrmaligem Testen einfach nur seltsam und untragbar für mich roch, nimmt Libertine dann doch mildere Züge an. Eine Entwicklung kann ich kaum feststellen, das Ganze ist eine ziemlich lineare Angelegenheit.

Für mich ist das alles nichts, daher kann ich leider nur 30% vergeben und ein Foto habe ich auch nicht.

Gardenia ist bislang das einzige Parfum von Elizabeth Taylor, das ich getestet habe. Ich muss dazu sagen, dass ich Joan Collins wesentlich faszinierender und inspirierender finde, und wenn Joan die Rolle von Kleopatra bekommen hätte, würde ich mir den Film sogar anschauen. Joan hat leider nur einen Duft kreiert, nämlich das mir bislang unbekannte "Spectacular" von 1989.

Gardenia fand ich beim ersten Testen schon lächerlich süß, wie dieser Getränkesirup, der nur mit Wasser verdünnt genießbar wird. Ich habe noch nie an einer leibhaftigen Gardenie geschnuppert, aber ich würde mich schwer wundern, wenn diese solch einen unnatürlichen, alarmierenden, ungesunden, würgenden Süßgeruch verströmen sollte. Dabei mag ich weiße Powerblumen wie Tuberose eigentlich. Vielleicht sind es auch die Maiglöckchen, die den Duft so penetrant süß machen.

Ich habe Gardenia nun zum dritten Mal getestet und leider hat sich mein erster Eindruck jedes Mal bestätigt. Dieses Parfum zieht einem die Zahnfüllungen raus. Ein olfaktorischer Plombenzieher sozusagen. Zudem riecht es billig. Nach etwas, das man in den 70ern in einer russischen Drogerie zu kaufen bekam. Einen großartigen Duftverlauf kann ich nicht erkennen. Irgendwie erweckt er in mir das Bedürfnis, mit einer großen Heckenschere Gardenienbüsche zu stutzen.

EDIT: um meine negative Einschätzung dieses Duftes zu untermauern, möchte ich Luca Turin zitieren:

"Most gardenias fail to replicate the flower. Some don't even try. This is one."

Es kommt nicht selten vor,dass man einen Duft beim ersten Testen nicht gut findet, nach einiger Zeit aber großen Gefallen daran findet. Weniger häufig ist es, dass man einen Duft zunächst toll findet, um ihn schließlich rundheraus abzulehnen. Kelly Calèche gehört für mich zur letzteren Kategorie.
Anfangs empfand ich diesen frisch-herben Auftritt interessant und unverwechselbar und damit gut. Inzwischen wird mir übel davon. Diese Kombination von Rose und Leder (mE eher Kunstleder)ist nervtötend und kälteerzeugend. Es gibt viele Parfums, die ich nicht sonderlich mag, aber Kelly Calèche ist eines der Wenigen, die mir regelrecht unsympathisch sind. Eine Frau, zu der dieses Parfum passt, müsste mir eigentlich zwangsläufig unsympathisch sein. - Das ist meine Assoziation beim Testen, ich kenne keine Frau, die Kelly Calèche trägt, vllt. würde ich im wirklichen Leben an einer anderen Person diesen Duft gar nicht erkennen, also no offence an alle Liebhaberinnen dieser Fragrantie. -
Jedenfalls fühlt es sich auf meiner Haut so fremd und aufgestülpt an, dass es mir die Stimmung verhagelt. Vielleicht liegt es daran, dass ich dunkelhaarig bin, und dieses Parfum auch meiner Meinung nach zu hellen, am besten sommersprossigen Typen passt.

Aber das ist meine persönliche subjektive Abneigung, ich erkenne an, dass es ein interessanter Duft mit Wiedererkennungswert und guter Haltbarkeit ist. Aber nicht meins. Ganz und gar nicht meins.