Mefunx

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11 - 13 von 13
Mefunx vor 10 Jahren 17 6
4
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Der letzte Gruß des Winters
Die Familie Terenzi ist vor allem bekannt für Raumdüfte und Kerzen, die sie unter eigenem Namen, aber auch für andere Marken, in der Nähe von Rimini in Italien herstellt. Derzeit sechs Düfte werden außerdem als Extrait de Parfum angeboten (30%), alle kompetent gemacht, einige davon opulent und mit breiter Duftpyramide, andere zart und frisch, wie der hier besprochene "XIX March".

"XIX March" ist für mich einer der interessanteren Düfte der Linie – und zwar wegen der Minze.

Ich bin schon länger auf der Suche nach einem Parfum mit Minze (Menthe Fraîche von Heeley spricht mich beispielsweise an, ist aber viel zu flüchigt, Cartiers Roadster empfinde ich als ordinär und ziemlich schrecklich). Minze scheint eine herausfordernde Note zu sein, zu schnell driftet sie ab in Richtung Kaugummi oder Zahnpasta. Ich habe den Eindruck, Minze erfordert viel Fingerspitzengefühl.

"XIX March" startet sehr grün, mit der Minze im Zentrum meiner Wahrnehmung – wohl auch, weil es eine so charakteristische Note ist. Das schöne dabei: die Minze ist hier fein eingearbeitet, tritt als Teil einer seidig-leichten Gesamtkomposition auf, nicht aufdringlich oder billig. Überhaupt: "XIX March" ist allgemein sehr unaufdringlich. Das mag für manche oder manchmal ein Nachteil sein.

Der Name des Dufts nimmt Bezug auf ein Fest, das in der Nacht zum 19. März begangen wird, Focarina di San Giuseppe: mit Feuern wird der Frühling willkommen geheißen. Ich erkenne das nur bedingt wieder: "XIX March" wird im Verlauf holziger, balsamischer, flacht etwas ab, jedenfalls aber brennt, glüht oder raucht hier nichts. Ich rieche frühlingshafte, junge Blüten, frisches, helles Grün und – als letzten Gruß des Winters – die kühle Luft der Minze. "IXI March" bleibt dabei immer körpernah, man sollte sich vom "Extrait de Parfum" nichts Falsches erwarten. Die Haltbarkeit ist gut.

Als Sommerduft sicher einen Test wert!
6 Antworten
Mefunx vor 10 Jahren 8 2
6
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Hier soll das Ergebnis zählen
Fotografie und Parfumkunst. Fotografie als Inspiration. Das ist eine nette Idee, wenn auch nicht sonderlich originell: zum einen bin ich sicher, dass auch andere Parfums mit Hilfe von Fotos bzw. Moodboards entstehen, wenn auch nicht in dieser Konsequenz oder so explizit auf ein einzelnes Bild bezugnehmend. Zum anderen ist der Versuch, einen Sinneseindruck durch einen weiteren Sinn zu ergänzen, so zum Beispiel Bild und Ton miteinander zu verschränken, natürlich nicht neu.

Auch enttäuscht mich etwas, dass die gewählten Fotos nicht wirklich spannend sind, das sage ich jetzt als Grafikdesigner und semiprofessioneller Fotograf. Ich sehe, im Falle von Chambre Noire, einen kompetenten Schnappschuss, durchaus stimmungsvoll, ja, aber auch irgendwie beliebig (http://www.olfactivestudio.com/chambre-noire-photo).

Und noch etwas irritiert mich: ich habe manchmal das Gefühl, dass die Farbe des Dufts nur bedingt zum Foto und meinen Assoziationen zur Dunkelkammer bzw. dem Namen des Dufts passt.

Was hier aber vor allem zählen soll, ist das Resultat, das Parfum (EdP) selbst, und das ist sehr gut gelungen.

Nach einem pfeffrigen Auftakt entwickelt sich Chambre Noire schnell zu einem erfrischend monothematischen Duft, einer trockenen – dabei aber zunehmend anschmiegsamen – Kombination aus knarzigem Holz und robustem, würzigem Leder. (Hier passt dann auch die Farbe wieder!)

Der Duft driftet auf meiner Haut nie ins Unscharfe ab, ist berechenbar und hält einen ganzen Arbeitstag. Sillage ist gut.

Chambre Noire nimmt in meiner Sammlung übrigens auch insofern eine besondere Stellung ein, als es mein Ersatz für das eingestellte Gucci Pour Homme (2003) ist: Chambre Noir ist ledriger, GPH1 nehme ich als holziger wahr (auch als etwas lieblicher, trotz der berühmten "pencil shavings"). Ich bin erstaunt, dass diese Ähnlichkeit noch nicht erwähnt wurde. Vielleicht ist es aber auch nur meine Nase. Sollte mich nicht überraschen. Ich sehe nämlich dafür die angeblich nahe Verwandtschaft von GPH1 zu Comme des Garçons 2 Man nicht (letzteres erinnert mich stattdessen an Antaeus). Aber sei es drum …

Konzeptionell nicht vollends überzeugend, ist Chambre Noire ein eleganter, ausgezeichnet gemachter Duft, bestimmt im Auftritt, aber nicht schreiend laut. Empfehlenswert.
2 Antworten
Mefunx vor 10 Jahren 16 10
5
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Ruhe vor dem Sturm…
2004 ergab es sich, dass Fotografie für mich mehr wurde, als nur ein Hobby. Kein Beruf, aber doch ein Teil davon. In zeitlicher Nähe dazu hat sich auch mein Interesse an Düften vertieft. Eines meiner fotografischen Motive damals war ein steinerner Löwe – und einer meiner ersten Düfte, jenseits der bekannten Pfade, war "Let Me Play The Lion". Noch heute komme ich beim Laufen an diesem Löwen, eigentlich sind es zwei, beim Nußdorfer Wehr in Wien, vorbei – und noch heute berührt mich "Let Me Play The Lion".

"Let Me Play The Lion", das ist Holz im weitesten Sinne, rauchig, würzig, flirrend, abstrakt, wie eine Wolke aus Staub, die dann doch Regen bringt. Mehr Textur als Duft. Ungreifbar und meditativ.

"Let Me Play The Lion" ist ein Wohlfühlduft, dem etwas Bedrohliches innewohnt, etwas Geheimnisvolles, Sinnliches, Widersprüchliches. LMPTL ist trocken, aber mit einer drohenden Humidität, vielleicht wie ein Unwetter, das sich an einem heißen Sommertag ankündigt.

Eine Assoziation, die auch der LesNez-Beschreibungstext bestätigt (neben der Bezugnahme auf Shakespeares „Sommernachtstraum“):

„Scents of dusty trails,
Of lightly sweetened ochre,
Of sun-weathered wood,
Of silence swept by mild breezes,
Of skies open like an endless azure cut oozing signs
of the coming storm.“

"Let Me Play The Lion" bedeutet mir Haut, Staub, brennendes Holz und – obwohl kein Sommerduft im engeren Sinne – meditative Ruhe während eines Sommerurlaubs. Ich rieche harzige Koniferen, feine, kühlend-grüne Noten, aber auch süßlichen Amber, balsamisch, papieren, staubig, warm. Da ist etwas Ingwer, etwas Anis, Vetiver, manchmal sind da auch florale Facetten. Fraglos kommen hauptsächlich synthetische Riechstoffe zum Einsatz, und zwar, so mein Eindruck, befreit von fehlgeleiteten Vorbehalten, gleichzeitig aber auch nicht bloß zum Selbstzweck oder rein aus wirtschaftlichen Motiven begründet. Toll. [*]

Verortung: "Let Me Play The Lion" könnte ich in Situationen tragen, in denen ich sonst zu "Gucci pour Homme" (I) greifen würde – dagegen spricht die etwas unberechenbare Ausdauer und Kraft des Löwen, beides schwankt in meiner Wahrnehmung zwischen akzeptabel und gut, und die Tatsache, dass "Let Me Play The Lion" minimalistischer und unkonventioneller ist, insofern weniger gefällig und nicht so betont distinguiert. Ich könnte "Let Me Play The Lion" auch an Stelle von "No. 02 - L'Air du Désert Marocain" oder "L'Homme Sage" tragen, diesen fehlt allerdings der meditative Aspekt, dieses In-sich-ruhen von "Let Me Play The Lion". "No. 02 - L'Air du Désert Marocain" ist geradezu opulent im Vergleich, "L'Homme Sage" teilt sich mit "Let Me Play The Lion" immerhin die fast wolkige Textur – sie sind insofern tatsächlich verwandte Geister.

"Let Me Play The Lion" ist wunderschön. Danke, Isabelle Doyen und René Schifferle.

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Edit 10.03.2014: [*] Aufgrund einer Empfehlung von Siebter habe ich mir Erik Kormanns Blog nochmal genauer angesehen. Neben vielen lesenswerten Beiträgen gibt es dort auch einen kurzen aber aufschlussreichen Artikel über LMPTL (auch die Comments sind interessant, Stichwort „Timber Propanol“), www.aromatisches-blog.de/2008/09/29/let-me-play-the-lion-leznez-parfums.

Edit 18.08.2018: Auch wenn ich heute meinen Kommentar vermutlich anders anlegen würde, LMPTL ist nach wie vor einer meiner absoluten Lieblinge, ein Duft, der mich berührt, mich an einen Sehnsuchtsort versetzen kann. Was mir aber nach all den Jahren immer klarer wird: wie weit vorn LMPTL damals war, wie hier was mit welchen Mitteln erzeugt wird, das ist schon großes Kino und in dieser Konsequenz bemerkenswert.
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