08.12.2014 - 12:03 Uhr

Mefunx
13 Rezensionen

Mefunx
Top Rezension
28
Hochfrequentes Holz (im Kippbild)
Avantgarde muss man sich nicht erwarten, von einem Duft, der „Vintage“ im Namen trägt und der einer Kollektion entstammt, die sich mit Erinnerung bzw. Déjà-vu befasst. Stattdessen findet man hier einen Bezug auf bewährte Vorbilder und Modelle. Die Namen der beiden Düfte dieser Minikollektion geben die Richtung vor: Während aber über „Ambra Mediterranea“ vergleichsweise viel geschrieben wurde, führt „Boisé“ ein gewisses Schattendasein; irgendwie passt das zum Understatement des Dufts, Ambra Mediterranea ist da in jeder Hinsicht etwas lauter.
Avantgarde also nicht. Trotzdem kann man Spaß mit diesem Duft haben. Er eignet sich beispielsweise vorzüglich, den Kippbild-Effekt zu demonstrieren:
Nach kurzem Zitrus-Flash bleibt die Bergamotte hintergründig wahrnehmbar, der Fokus verschiebt sich, Boisé wird silbern-grün, kühlend, Vetiver in hell, ein Duft zum Aufwachen. Die Geranie, halb Rose, halb Minze, etwas wächsern, legt die Schiene für den hellkrautigen, sanft seifigen Lavendel. Gemeinsam bestimmen die beiden, Geranie und Lavendel, nun die Richtung des Duftes – durch eine paar Tropfen Honig abgesüßt und gemildert. Hinten raus deutet Boisé noch etwas Orientalisches an, erdet sich, wird wärmer, balsamischer, vielleicht etwas cremig, ohne aber seinen Charakter zu verlieren: Boisé zeigt seine floralen Facetten, es ist eine frische, schlanke Blumigkeit.
Das ist die eine Sicht der Dinge. Alternativ kann man sich nämlich auch auf die holzigen Aspekte konzentrieren und so die andere Seite von Boisé erleben: das Herz des Duftes ist dann nicht mehr grün, mentholartig, blumig sondern trocken und holzig. Die Zeder. Allerdings handelt es sich hier nicht um eine gemeine Bleistiftholz-Zeder, sondern um eine hochfrequente, fast schon metallisch anmutende Zeder, eine harte Zeder, ohne Kinderzimmer-Reminiszenzen also.
Angenehm ist, dass auch die Synthese funktioniert, gerade weil die Zeder so hochtourig daherkommt, trifft sie sich auf einem Niveau mit dem Lavendel, die französische Wiese passt gut zum italienischen Gehölz („Boisé“ … der französische Name eines Dufts des ligurischen Meers…). Boisé tritt in der Zusammenschau fougèreartig-aromatisch, holzig und silbern schimmernd auf, junges Holz, zartes Harz; elegant, aber eher dynamisch als steif, bestimmt und etwas unterkühlt, transparent, aber nicht farblos. Da fügt sich mir auch schön ins (Duft-)Bild, dass die Texas-Zeder, technisch gesehen, ein Wacholder ist.
Ich habe den Eindruck, hier wurde nicht nur in den aufwendigen, massiven Flakon investiert, sondern auch ordentlich Geld für hochwertige Duftmaterialien in die Hand genommen – und sollte ich mich irren, fände ich das Resultat kaum weniger beeindruckend. Boisé ist ein „Immergeher“, hält leicht einen normalen Arbeitstag durch und ist nicht mal besonders hautnah.
Die unterschiedlichen Gesichter von Boisé passen übrigens gut zur mitgelieferten Geschichte, einer Wanderung vorbei an Wald und Wiese. In derselben Geschichte wird geschildert, wie der junge Parfümeur (Name nicht eindeutig überliefert), die Beschaulichkeit der Versilia genoss, während rundherum die Menschen gegen Missstände auftraten („[...] while all around the world seethed with protest and marches: Versilia, isle of happiness in the magma of the Sixties.“, Website Profumi del Forte). Das ist mir zu naiv und zu reaktionär, bei aller Begeisterung für Boisé und Respekt vor den Düften von Profumi del Forte. Manchmal wünschte ich mir, Parfumhäuser würden auf diese Texte verzichten. (Es gibt hier außerdem noch eine Story zum – wie gesagt – beeindruckenden Flakon bzw. dem Label und einem Codereader, der den genetischen Schlüssel des Dufts in Sound umwandeln soll. Etwas obskur, auch weil eine Recherche keine aktuellen Details dazu mehr brachte.)
Wie dem auch sei: großartiger Duft.
Avantgarde also nicht. Trotzdem kann man Spaß mit diesem Duft haben. Er eignet sich beispielsweise vorzüglich, den Kippbild-Effekt zu demonstrieren:
Nach kurzem Zitrus-Flash bleibt die Bergamotte hintergründig wahrnehmbar, der Fokus verschiebt sich, Boisé wird silbern-grün, kühlend, Vetiver in hell, ein Duft zum Aufwachen. Die Geranie, halb Rose, halb Minze, etwas wächsern, legt die Schiene für den hellkrautigen, sanft seifigen Lavendel. Gemeinsam bestimmen die beiden, Geranie und Lavendel, nun die Richtung des Duftes – durch eine paar Tropfen Honig abgesüßt und gemildert. Hinten raus deutet Boisé noch etwas Orientalisches an, erdet sich, wird wärmer, balsamischer, vielleicht etwas cremig, ohne aber seinen Charakter zu verlieren: Boisé zeigt seine floralen Facetten, es ist eine frische, schlanke Blumigkeit.
Das ist die eine Sicht der Dinge. Alternativ kann man sich nämlich auch auf die holzigen Aspekte konzentrieren und so die andere Seite von Boisé erleben: das Herz des Duftes ist dann nicht mehr grün, mentholartig, blumig sondern trocken und holzig. Die Zeder. Allerdings handelt es sich hier nicht um eine gemeine Bleistiftholz-Zeder, sondern um eine hochfrequente, fast schon metallisch anmutende Zeder, eine harte Zeder, ohne Kinderzimmer-Reminiszenzen also.
Angenehm ist, dass auch die Synthese funktioniert, gerade weil die Zeder so hochtourig daherkommt, trifft sie sich auf einem Niveau mit dem Lavendel, die französische Wiese passt gut zum italienischen Gehölz („Boisé“ … der französische Name eines Dufts des ligurischen Meers…). Boisé tritt in der Zusammenschau fougèreartig-aromatisch, holzig und silbern schimmernd auf, junges Holz, zartes Harz; elegant, aber eher dynamisch als steif, bestimmt und etwas unterkühlt, transparent, aber nicht farblos. Da fügt sich mir auch schön ins (Duft-)Bild, dass die Texas-Zeder, technisch gesehen, ein Wacholder ist.
Ich habe den Eindruck, hier wurde nicht nur in den aufwendigen, massiven Flakon investiert, sondern auch ordentlich Geld für hochwertige Duftmaterialien in die Hand genommen – und sollte ich mich irren, fände ich das Resultat kaum weniger beeindruckend. Boisé ist ein „Immergeher“, hält leicht einen normalen Arbeitstag durch und ist nicht mal besonders hautnah.
Die unterschiedlichen Gesichter von Boisé passen übrigens gut zur mitgelieferten Geschichte, einer Wanderung vorbei an Wald und Wiese. In derselben Geschichte wird geschildert, wie der junge Parfümeur (Name nicht eindeutig überliefert), die Beschaulichkeit der Versilia genoss, während rundherum die Menschen gegen Missstände auftraten („[...] while all around the world seethed with protest and marches: Versilia, isle of happiness in the magma of the Sixties.“, Website Profumi del Forte). Das ist mir zu naiv und zu reaktionär, bei aller Begeisterung für Boisé und Respekt vor den Düften von Profumi del Forte. Manchmal wünschte ich mir, Parfumhäuser würden auf diese Texte verzichten. (Es gibt hier außerdem noch eine Story zum – wie gesagt – beeindruckenden Flakon bzw. dem Label und einem Codereader, der den genetischen Schlüssel des Dufts in Sound umwandeln soll. Etwas obskur, auch weil eine Recherche keine aktuellen Details dazu mehr brachte.)
Wie dem auch sei: großartiger Duft.
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