Andin

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6 - 7 von 7
Andin vor 3 Jahren 5 1
8
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Feige ohne Extasy
Auf der Suche nach der schönsten Feige im Land habe ich heute diesen neuen Duft von Mancera getestet. Dank dem lieben Mitglied GökNes ist der Duft so schnell bei mir eingetrudelt:)

Der erste Eindruck gefällt mir zunächst, weil hier Feige satt aus dem Sprühkopf purzelt. Keine Kokosassoziation, kein Beiwerk, kein Alkohol – direkt Feige. Nach ein paar Minuten des Wartens, in der diese Feigenbreitseite wirken darf, bemerke ich, dass mich an dieser Feigennote zunehmend etwas stört. Feige kann ja eine künstliche Plastiknote mitbringen und das tut diese hier für mich leider zunehmend. Zudem ist sie auch sehr süß, ich denke an „Barbieplastik“ und das dämpft meine erste Begeisterung etwas. Leider kann ich weder Weihrauch noch Pfeffer wahrnehmen. Den Ingwer erahne ich mit gutem Willen (und weil ich zur Zeit massenhaft Ingwertee trinke und weiß, wie er riecht) nach ein paar Minuten zart als abdämpfende Hintergrundnote wahr.
Die Feige ist die absolute Domina während der ersten 30 Minuten. Dann gibt sie endlich die Plastikpeitsche ab und hüllt sich in weiches Wildleder. Die Ledernote verschmilzt sehr schön mit der Feige, es wird runder, natürlicher und fruchtig. Lavendel folgt später und gibt eine angenehme frische Würze dazu, ohne seifig zu werden. Die übrigen Noten kann ich nicht gesondert entdecken. Insgesamt wechselt der Duft im Verlauf der ersten Stunde von hellsüß zu wärmerem „vollreif“süß ohne dabei zu saftig zu wirken.
Nach drei Stunden winkt die Basis: die Feige geht, das Wildleder bleibt und schmiegt sich in eine balsamische Süße. Vanille springt hier nicht, wie so oft, in den Fokus, sondern fügt sich schön in die anderen balsamischen Noten ein. So bleibt es, bis ich nach gut sechs Stunden auch direkt an der Haut nichts mehr riechen kann.

Die Sillage ist in der ersten Stunde kräftig und wird auch in 2m Entfernung wahrgenommen (ich teste immer mit zwei Sprühstößen auf den Unterarm). Danach umspielt sie mich auf Armlänge und dimmt in der Basis runter auf hautnah.

Mir gefällt an Fig Extasy, dass die Feige wirklich gut und über Stunden zu erriechen ist. Auch die Verbindung mit Leder ist harmonisch und hat mich positiv überrascht, diese Kombi hatte ich noch nicht.
Was mir nicht gefällt ist die Kunststoffsüße am Anfang ... tja, und „Exstasy“ habe ich hier nicht gefunden. Der Moment, wenn ein Duft dich total erwischt, ist durchaus ein „euphorischer Zustand mit tief empfundenen Glücksgefühl“ (frei nach Netdoctor zur Wirkung von MDMA) - nur gab es den bei Fig Extasy für mich nicht, die Suche geht weiter.

EDIT November 2021: der Verlauf ist heute ähnlich, wie oben beschrieben, allerdings empfinde ich besonders den Auftakt heute nicht so süß. Er entwickelt sich würziger und weniger synthetisch.

Eine Übersicht über meine Feigen-Testreihe gibt es hier:
https://www.parfumo.de/Benutzer/Andin/Blog/Eintrag/reise-durch-den-feigenhain
1 Antwort
Andin vor 3 Jahren 6 2
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Vom alten Teppich auf den grünen Rasen
Heute morgen hatte ich, nach etlichen Tagen Puderdüfte testen, wieder Lust auf etwas Grünes. Da kam mir die "The Soft Lawn" Probe gerade recht. Der Auftakt holte mich allerdings erst Mal auf den Teppich, und zwar einen etwas muffigen. Im Speicher meiner Großeltern lag zum Beispiel so ein Teil und daran erinnern mich die ersten zehn Minuten auch: warme, leicht stickige Luft mit etwas Altem darin. Und vielleicht wächst da olfaktorisch auch schon ein wenig Moos drüber. In dieser Phase rieche ich zusätzlich noch etwas sehr herbes – die Grapefruit sitzt lächelnd auf dem Teppich.

Für mich sind diese ersten Minuten die unangenehmsten, zumal ich den Zitrusfrüchten im Allgemeinen nicht viel abgewinnen kann. Aber der Wandel hat schon begonnen: es bleibt ein herb-grüner Grundton, aber der Teppichmuff verschwindet. Es duftet kräftig dunkelgrün und sogar etwas saftig ohne jegliche Süße. Efeu und Lorbeer passen hier gut und gedanklich bin ich vom Speicher an eine schattige Quelle mitten im Wald getreten, wo zwischen Baumwurzeln, Efeu und Kraut das Wasser aus der feuchten Erde rinnt. In dem Moment erinnert mich "The Soft Lawn" an "Eau de Lierre" von Diptyque, nur mit kräftigerer Performance.

Der nun anstehende Wandel vollzieht sich langsamer, eher ein schleichender Wechsel von Dunkelgrün zu Mittelgrün. Es wird Stück für Stück lieblicher und heller, dezente Lindenblüten schimmern im Grün und gut eine Stunde nach dem ersten Sprühstoß bin ich auf dem Rasen angekommen. Das Liebliche wird hier nie dominant, es bleibt grün ohne Blütenmeer. Vetiver und Galbanum überwiegen jetzt Efeu und Lorbeer. So bleibt es nun – grün-frisch - und wird einfach im Lauf der nächsten vier Stunden milder und hautnäher.

Cremig oder gar feigensüß empfinde ich den Duft auf meiner kühlen Haut nicht, aber das mag sich auf anderen Häuten eher entwickeln. Die Sillage ist typisch grün: anfangs etwa Armlänge, dann zügig immer mehr Richtung Haut (ich teste immer mit zwei Mal Sprühen auf den Arm). Dort ist der Duft aber sieben Stunden wahrnehmbar, was mir positiv aufgefallen ist.

Insgesamt hat mir der Duft als Liebhaber von Grünem gut gefallen. Die unangenehmen Töne vom Anfang sind schnell genug verschwunden, der übrige, recht lineare Verlauf spricht mich an. Sillage und Haltbarkeit sprechen für "The soft Lawn". Es wäre für mich kein Duft für jeden Tag, aber wenn mir der Sinn nach einem unaufgeregten, konsequent grünem Begleiter stünde, dann wäre der hier richtig.
2 Antworten
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