AtTheScenter

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1 - 5 von 10
AtTheScenter vor 2 Tagen 3 1
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
ich trinke nur espresso, ich mag meinen kaffe dunkel und kräftig
dunkel geröstete kaffeebohnen, einige bohnen sind verbrannt,
schweres ölig feuchtes ebenholz, beim versuch es zu trocknen wurde es stellenweise angekokelt,
im potpourri trocknet der tabak die anderen ingredienzien, die es alleine nicht schaffen,
er saugt feuchtigkeit auf, wird dadurch selbst etwas ölig, aber wirkt ausgleichend,
vanille versucht auch zu schlichten, doch bleibt dadurch vorerst im hintergrund,
oud bietet sich als basis an, um seine kollegen zusammen zu halten,
doch gibt ihnen die freiheit zu spielen,
kaffe ist ganz klar der exzentriker der gruppe, alle tanzen um ihn

man muss kaffee schon mögen, und hier vor allem nicht den cremig weichen milchkaffee,
sondern dunkel geröstete bohnen,
er wirkt anfangs, durch den eigensinnigen kaffee, etwas disharmonisch und leicht muffig,
fast als wären die bohnen in einem feuchten stockfleckigen jutesack geliefert worden,
doch da der kaffee namensgebend ist, sollte man wissen worauf man sich einlässt
und ihm den raum geben
nachdem die bohnen aus dem sack sind und alles etwas durchgelüftet hat,
wird's versöhnlicher, aber bleibt dunkel, leicht rauchig, geröstet bis angebrannt,
zwischen feucht und trocken, am ehesten tropische wärme
später wird er durchaus geordneter und lässt die anderen mitspielen
im drydown wird er erst zur tasse kalten abgestandenen kaffees,
der dann aber gleich wieder durch die vanille und den tabak aufgewärmt wird,
das oud verbindet und glättet sie, aber hält alles stets dunkel

ein schöner, wirklich nischiger kaffeeduft, den ich sicher öfter tragen werde,
auch wenn er nicht ganz so harmonisch austariert ist, wie mein bisheriger heiliger gral,
was kaffeedüfte angeht, den ich in origins of the collector von memoirs of a perfume collector fand.
doch wenn man es mal etwas wilder mag, dann greift man zu javanese coffee, prost!
1 Antwort
AtTheScenter vor 1 Monat 3 4
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
der zwillingsbruder der sideris-schwester...?
dieses wochenende hatte ich drei düfte getestet, die zufällig alle recht nahe an drei anderen düften aus meiner sammlung lagen. wobei sich die zwei hier gegenübergestellten am ähnlichsten waren.

einer der drei getesteten war der mon nom est rouge. gleich beim aufspühen dachte ich an den unvergesslichen sideris von maria candida gentile, ein duft der in letzter zeit zu einem meiner lieblinge wurde und tatsächlich das potenzial zum signature hat.
beide düfte sind sich wirklich sehr ähnlich, und es ist noch überraschender, wie ähnlich sie sich sind, wenn man die reichere pyramide des m.n.e.r. betrachtet.
in der direkten gegenüberstellung zeigen sich marginale unterschiede, die aber für mein empfinden wirklich nur nuancen ausmachen.
beiden gemeinsam bildet das grundthema der wunderbare unsakrale umschmeichelnde weihrauch und die dezente trockene rose.
m.n.e.r. ist durch kardamom, zimt und ingwer minimal würziger, sideris etwas heller. bei sideris scheint die rose leicht fruchtiger und minimal präsenter zu sein. und obwohl sideris, im gegensatz zum m.n.e.r., keine vanille enthält, so macht mir der sideris den eindruck, als wäre er durch eine zarte vanille note leicht cremiger und um einen hauch süßer. ich glaube bei m.n.e.r. etwas mehr trockenes holz wahrzunehmen. doch beide haben die gleiche einladende warme geschmeidigkeit und sie eint der gleiche verführerische charme.
mon nom est rouge scheint durch die etwas vordergründigere würzigkeit um einen kurzzeitigen patchouli-schattenwurf dunkler und mutet daher mystischer an, wobei die kuschelig helle unbeschwertheit des sideris leichtfüßiger zum tanz auffordert.
ich denke m.n.e.r. wird eine etwas bessere haltbarkeit haben, aber im großen und ganzen sind sie wirklich sehr ähnlich, fast als wären sie bruder und schwester, ein zwillingspaar, wobei sideris der femininere und mon nom est rouge der etwas maskulinere teil wäre.
ich hatte mich ja erst kürzlich in sideris verliebt, und nachdem der kleine 15ml flakon sehr schnell aufgebraucht war, hatte ich direkt die 100ml nachbestellt. aber spätestens wenn dieser zur neige geht, werde ich wohl auch mon nom est rouge in die sammlung aufnehmen (wenn es überhaupt noch so lange warten kann).

im test waren noch:
rania j. ambre loup der an franck boclet amber erinnerte
rania j. oud assam der an rasei fort the oud caravan erinnerte
...kurze rezensionen/gegenüberstellungen werden folgen
4 Antworten
AtTheScenter vor 2 Monaten 3 2
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
momentaufnahmen zwischen grau und schwarz
die warme verrauchte bude musste gelüftet werden.
aus der werkstatt nebenan drang der geruch von treibstoff durchs gekippte fenster.
nun roch es nach geräuchertem benzin.
frische luft wollte nicht durchs fenster dringen,
es blieb kuschelig würzig, manche würden meinen etwas spelunken-stickig.
heute will keine sonne aufziehen, der himmel grau verhangen, es bleibt dunkel.
er nickte im sitzen ein, die glut seiner selbstgedrehten zigarette verkokelte das ledersofa.
er träumte kurz von haschisch und mohn, doch als er wieder erwachte,
hatte er es wieder vergessen.
er suchte die früchte, doch fand sie nicht, sie müssen unters sofa gekullert sein.
hatte er nicht noch einen granatapfel rumliegen?
ah nein, es war dessen eingedickter saft, gar nicht fruchtig, eher herb und etwas säuerlich.
auf dem tisch war eine kleine pfütze irgendeines verschütteten alkohols,
vielleicht whiskey, irgendwie sirupartig eingetrocknet,
so daß die ätherische flüchtigkeit fehlte, harzig, trocken und krautig war es.
er dachte noch daran, ob er ein stück cremiges sandelholz verräuchern sollte,
um die benzinige lederkohle zu überdecken, aber er hatte keines mehr,
so blieb es grau-aschig und verbrannt ledrig im zimmer, irgendwie steinig, mineralisch.
er dachte auch an schwarzes zerfallenes moderholz, wie es noch feucht im wald lag
und sich die hirsche daran gerieben hatten.
ja, heute sollte wirklich keine sonne mehr scheinen,
aber auch solch einen faulen tag wusste er,
in der betrachtung der ausdünstungen verschiedener grau- und schwarzstufen,
zu genießen.
2 Antworten
AtTheScenter vor 2 Monaten 3 6
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
...zuweilen entfacht die glut erneut...
mitte der neunziger, als 16jähriger im orientshop,
ein kleiner versteckter laden in meiner heimatstadt.
berieselt von ätherischen klängen im esoterisch anmutenden interieur.
zwischen gebatikten schlaghosen, fischerhemden aus indischem linnen,
handgeschnitzten, mit orientalischen arabesken verzierten holzschatullen,
tönernen okarinas und mit naturhaut bespannten darbukas,
handgeknüpften hippiketten, bestehend aus bunten steinen, auf ein lederband aufgezogen
und über allem lag der duft der nag champa räucherstäbachen,
die in der blau-weißen schachtel mit der roten aufschrift.
nag champa, inbegriff spiritueller aura und meditativen ambientes
und zugleich alibi-geruch, um die anderen harzigen düfte in meinem kinderzimmer
vor meinen eltern zu verbergen.
oh wie ich lebte, unsterblich in meiner jugend, als die tage noch mächtig waren
und die endlosen stunden vor einem lagen,
als jede minute noch voll des lebens war und ihre arme öffnete, um sich
in deren umarmung zu stürzen.
ich erinnere mich
an psychedelische klänge unter kristallinem himmel,
die nächte einer unstillbaren suche unterworfen,
der trieb bis an jedes ende gehen zu wollen,
ein hunger nach wissen und poesie, der sich nie sättigte,
sondern mit jedem neu entdeckten bissen nur noch begieriger wurde.
schlafwandelnd zwischen büchern, poesie, philosophie,
zwischen rausch und meditation, ekstatischer schamanen-trommel, gitarre und klavier.
durchwachte nächte, um den momenten der erkenntnis aufzulauern,
im kampf gegen den schlaf, weil er bewusste lebenszeit raubte.
und was ist es heute?
dem die zeit vergessenden und von der zeit vergessenen kaum mehr als ein duft,
doch dem immer noch suchenden der geist einer erinnerung
an einen alles verschlingenden hunger
und die frage, was ihn über die jahre stillte -
oder vergas' man mit den jahren nur den appetit?
gewöhnt an den lauf der tage, gewöhnt an den hunger
und die auszehrung als sättigung verstanden ?

doch dann findet man hin und wieder, unter dem dahinrieselnden sand der zeit,
ein stück glut aus alten zeiten, die der sand bedeckte und hütete,
man greift nach der glut des vergangenen
und mit dem atem der erinnerung entfacht man sie zu neuer flamme.

delhi ist für mich emotionale reminiszenz an die zeiten meiner frühen jugend, die ich
olfaktorisch gar nicht zu sehr sezieren mag.
im mittelpunkt steht das nag champa der damaligen räucherstäbchen, dessen eindruck
ich zugunsten der nostalgie auch gar nicht anders interpretieren mag.
alle anderen noten aus der pyramide sind wahrnehmbar, sie umgarnen
und unterstützen die hauptnote.
doch das hat floyd bereits in seiner wundervollen rezension perfekt beschrieben
und mir bleibt nichts weiter hinzuzufügen :)
6 Antworten
AtTheScenter vor 2 Monaten 5 6
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
sehnsucht nach nostalgie - oder: vom bewahren und beschwören
die morgenröte lag wie ein wärmender schleier auf der natur,
als ich auf freiem feld erwachte
und noch bevor ich meine augen öffnete, zogen mir duftende essenzen
wie ein seidenes tuch über gesicht und leib
reife blutorangen hängen golden in der spätsommersonne
wärmender safran zerstäubt und umhüllt die frucht,
auf deren schale honigsüße tropfen wie morgentau glitzern
doch die frühe frische der blutorange zieht nach dem erwachen mit dem lauf
der sonne dahin
haselnüsse fallen vom baum
bienen summen zwischen trockenem heu
unklebrige natürliche honigsüße tropft vom baum herab
auf herben trockenen tabak
hier dünsten keine feucht-dunkel-fermentierten tabakblätter aus
diese blätter wurden an der sonne getrocknet, deren wärme sie noch in sich tragen
in der holzhütte am anderen ende der wiese bäckt eine mutter süße nachspeißen,
in ihrer küche brennt ein wenig weihrauch
vor der hütte steht ein korb mit getrockneten gewürzen und edlen hölzern,
deren geruch der wind herüberträgt
ich tagträumte, daß ich eine handvoll getrockneten heues und späne edler hölzer
mit gewürzen bestreute und in ein tabakblatt wickelte,
welches ich mit honig und wachs verschloss,
doch dieses bündel entzündete ich nicht, ich hielt es nur in den lichten schleier
des von der hütte herüberziehenden gebäckgeruches und weihrauches,
um ihm nur eine ahnung von rauch zu vermitteln
wie ein potpourri aus allem, was natur bedeutet und ländlichen sommer verkörpert,
trug ich dieses bündel vor mir her und gleichsam trug dessen duft mich durch den tag,
vom morgen- bis zum abendrot
schwelgend, tagträumend, lustwandelnd

alles ist hell und warm, die sonne dieses spätsommers wirft keine schatten
doch nie ist das licht zu grell, nichts überzeichnet bis zur blendung
wo man schatten vermuten möchte, müsste man ihn suchen, denn es wird niemals kalt,
alles ist von warmem goldrot durchdrungen
es ist die angenehme sonne des nachmittäglichen spätsommers,
in die man, mit zum genuss verschlossenen augen, gerne sein gesicht hält, zufrieden lächelnd
der ummittelbare moment zwischen natur und geist,
in dem man alles denken sein lässt
und man nur noch sinnliche wahrnehmung ist, die genießt ohne zu wollen

alles ist warm, doch nichts schwitzt
es ist trocken und doch fließt es, wie ein süßharzig-herber likör,
der aus der sonne rinnt und über die hölzer und orangen tropft und zu boden fällt,
wo er auf tabakblätter und heu sich legt
die tropfen funkeln im sonnenuntergang, doch es scheint als stünde die sonne ewig dort,
sie will nicht bis zur neige sinken
die luft flirrt zwischen den tönen der natur,
das zirpen der vögel, das summen der bienen,
das wogen des windes im trockenen heu,
das knacken der aufgewärmten hölzer,
die in der sonne trocknenden tabakblätter

alles ist sich einig, nichts neidet einander

ich erinnere mich der inspiration angelos'
und ja, es gibt ein stimmiges bild
ich sehe seine vorfahren ihr tagwerk auf den tabakfeldern verrichten,
gebettet in eine unberührte natur, ein einfaches leben führend,
zuweilen hart doch zufrieden, fernab von ständtischem treiben,
eher hingebungsvoll denn aufopfernd
ich sehe eine ländliche idylle, die eine geborgenheit in sich trägt,
welche der duft auch in mir auslöst
dies ist ein sommer, wie er mir gefällt und wie er in mir leben darf

eine ode an den gelebten reinen augenblick vergangener zeiten
und im versuch, diesen zu bewahren, auch gleichzeitig eine nostalgische mahnung
an dessen vergänglichkeit
und nur das erinnern ist es, was uns ihn wieder und wieder heraufbeschwören lässt,
und sei die beschwörungsformel zuweilen ein elixier in einem glasflakon
kostbar aufgrund seiner erlesenen ingredienzien,
doch kostbarer noch aufgrund seiner fast alchemistischen fähigkeiten

fabelhaft umgesetztes konzept, ich bin glücklich diese handwerks-und-seelenkunst entdeckt zu haben, es wird sicher nicht der einzige duft des hauses sein
die mitgeschickte probe des tabac libre steht schon auf meiner liste der nächsten zu tätigenden anschaffungen
6 Antworten
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