AuroraIsis

Bis jetzt weiß ich nicht so genau welcher Teufel mich da geritten hat, als ich in der Parfümerie ja zum Leben gesagt habe.
War es der Flakon, war es Julia, oder einfach nur das Kind in mir drin, dass sich an den Jahrmarkt erinnerte und der Meinung war, dass es eine schöne Zeit gegeben hat, als man mit Zuckerwatte alle seine Sorgen bekämpfen konnte.
Die ersten Tage nach dem Kauf bin ich noch immer in diesem Glücksgefühl umher getaumelt und war der Überzeugung, dass es nichts Schöneres als dieses Düftlein gebe.
Wobei Düftlein eine unsagbare Untertreibung ist, denn sobald man den Geist aus der Flasche lässt breitet er sich aus bis an die Grenzen jedes Raumes, in jede Ecke und jeden Winkel dringt er und gib ihn für Stunden nicht mehr frei.
Auf der Geburtstagsfeier einer Freundin war auch deren Schwester. Wir hatten einen Saal gemietet in den leicht mal 100 Personen mit Band passen. Alles war fein bis besagte Schwester auftauchte. Dann war an atmen oder essen nicht mehr zu denken, wir hatten den Nachtisch noch vor dem Sekt bekommen. Eine schwülstige, süße, nicht weichen wollende Duftwolke umgab die Gäste und den ganzen Abend über versuchte La vie sich in jeder Nasenschleimhaut für immer fest zusetzen.
Mein Verdacht ist, dass die Zuckerwatteindustrie für einen Haufen Kohle das Konzentrat an Lancome verkauft hat und das wird nun in umwerfend hübschen Flakons an den Endverbraucher geliefert. Aber wir haben noch nicht verstanden, dass man daraus hübsche, süße Wattebäuschchen machen kann, mit denen man Kinder glücklich macht, sondern sprühen uns den Sirup direkt aufs Kleid und auf die Haut.
Zurück bleibt der Eindruck, dass man mal am kontaminierten Handgelenk lecken sollte, vielleicht schmeckt das Leben auch süß. ;-)
Ein Gutes hat La vie est belle. Für alle die gerne mal ein paar Kilo weniger auf die Waage bringen wollen, kann man es super als Dessertersatz nehmen. Nein nicht zur Produktion von Zuckerwatte, das wäre ja dann auch wieder Kalorienzufuhr.
Versprüht es einfach um Euch rum und der Gusto auf einen Mohr im Hemd ist im selben Moment verflogen und man kann noch ein wenig in der Erinnerung an einen Jahrmarkt schwelgen, an Stände mit Zuckerwatte, kandierte Äpfel, geröstete Mandeln, etc. Mmhh lecker!

Einmal im Monat treffe ich mich mit Freundinnen der ganz speziellen Art und an diese Treffen erinnert mich Youth Dew.
Wir sprechen über nicht alltägliche Dinge, überlegen uns was alles möglich, oder unmöglich ist. Werfen einen Blick in die Karten, feiern Feste und versuchen gemeinsam neue Dinge zu erforschen.
Anfangs waren wir als Studiergruppe zusammen gekommen, jetzt sind wir auf besondere Art verbunden.
Herta erklärte uns zu Beginn die Bedeutung der Elemente und dass jeder seine eigene Definition der Dinge erfahren muss.
Wasser steht für die Gefühle, alles Fliesende, Tränen, Bewegung, und so weiter.
Luft steht für Klarheit, Intellekt, Gedächtnis, Verstand, Abgeklärtheit, und was Euch sonst noch einfällt.
Feuer steht für Leidenschaft, Wärme, Zorn, Liebe und vieles mehr.
Erde steht für unsere Erde, Stabilität, Festigkeit und so weiter.
Dann ist da noch der Äther, das feinstofflichste aller Elemente, er durchwirkt alles und steht für Spiritualität, das Göttliche.
Und dann sagte sie noch, dass das Wesen der Musik, nicht das physische Spielen von Musik, auch dem Äther zuzuordnen ist. Und im Sinne von Düften ist nun Youth Dew genau das für mich. Das Wesen eines Duftes, absolut göttlich, etwas altes und weises!
Es ist ein Gesamtkunstwerk, keine einzelne Komponente könnte das in mir hervorrufen, nur die Gesamtheit aller Bestandteile macht Youth Dew zu dem was es für mich ist.
Ich denke an die beiden Tanten im Film „Zauberhafte Schwestern“ und bin mir sicher, dass nur dieser Duft für sie in Frage kommen könnte.
Ihre Lebenslust, die Freude, Weisheit und Liebe die sie ausstrahlen, spiegeln sich in diesem Parfum wieder und lassen einen in eine frühere Zeit reisen. Eine Eleganz, die nur aus dem 50er Jahren stammen kann, so wie Youth Dew. Etwas Mystisches und Vergangenes geht von ihm aus.
Ich bin sehr begeistert und hoffe Euch nicht komplett verschreckt zu haben, anders konnte ich aber diese Perle nicht beschreiben.

Die 80er, heute haben Sie mich mal wieder eingeholt, obwohl ich beinahe krampfhaft versuche ihnen aus den Fängen zu geraten.
Wenn ich mich richtig erinnere hatte eine Schulfreundin eine kleine Probe von Joop! Femme und hat ihn immer ganz ehrfurchtsvoll beim Fortgehen aufgetragen.
Und heute als ich mal wieder, und das kommt in letzter Zeit extrem oft vor, vor dem Parfumregal stehe, springt er mich an, brüllt: "Komm schon, trau Dich, steck mal die Nase rein und erinnere Dich, komm schon....!"
Also gut, dann versuch ich es eben, auf den Stoppel, an der Düse gerochen. Wo sind die Probepapierchen, keine da. Soll ich mein Handgelenk dafür herhalten? Mach ich wohl lieber, sonst brüllt er wieder der Joop!
Erster Eindruck, aha, das war das damals? Hmmm? Lieber mal warten, denn genau so laut wie er mich angebrüllt hat ist auch der erste Eindruck, orientalisch und das äußerst intensiv.
Meine Nase ist leider sehr verkümmert, wenn es darum geht einzelne Duftrichtungen herauszuriechen. Orange, Neroli, Patchouli, what ever, das sagt mir nur in den Grundzügen was.
Und dann auf einmal das Erkennen aus meiner Jugend! Ahhh, jetzt erinnere ich mich auch nasal, stimmt das war ganz typisch für Samstagabend.
Jetzt nur nicht voreilig werden, wart noch, nicht schon wieder zur Kasse rennen und zu Hause dann flennen, weils doch nicht so toll wie in der Erinnerung ist.
Ach was, egal! Rein ins Körbchen du kleiner Schreihals.....
Und als ich dann daheim ankomme, kann ich gar nicht mehr damit aufhören an meinem Handgelenk zu riechen. Ein starker und doch sanfter Duft weht mir entgegen, wärmend und liebevoll hat er sich entfaltet, jetzt schreit er gar nicht mehr und kuschelt sich eng an mich.
Ich liebe Dich, hauche ich dem Fläschchen entgegen!
Letzte Probe an meinen Mietzen, denn die müssen ja auch damit leben und siehe da, Isis bekommt den gierigen Blick, schnuppert an meiner vanilligen, patchuliduftigen Haut und beginnt zu schnurren.
Ein neuer alter Freund zieht somit ins Parfumregal, was ich mich freue.

Einen Tag später 10:45 in österreich:

Also jetzt will ich nochmals nachlegen und vielleicht doch ein wenig mehr auf die Duftnoten eingehen.
Ritual beginnt jetzt:
Stoppel ab, Düse auf Ziel gerichtet, Schuss!
Und schon haut es einem Bergamotte und Neroli um die Ohren, dass einem schummrig wird. Der gute Joop! springt einen regelrecht an, nicht sehr charmant wie ich leider bemerken muss. Doch jetzt kommt der Punkt an dem man sich ein wenig in Geduld üben muss. Da ich auch Shalimar sehr liebe, kenne ich ja schon die Aggression mit der so manch orientalischer Tiger einem entgegenspringt.
So, nochmals schnuppern, aber vorsichtig, vielleicht pratzelt er noch ein wenig der Tiger! Ah der Rosenduft hat ihn wohl ein bisschen beruhigt und er beginnt sich wohlig am Handgelenk zu rekeln.
Und ganz langsam traut sich jetzt auch der Patchouli dazu, der meiner Meinung nach im Verruf steht, dass nur Hippies ihn gerne tragen. In Kombination mit Vanille und Zedernholz finde ich ihn jedoch betörend angenehm, sinnlich, weich und kuschelig. Genau das richtige für den langen Winter.
Den Tiger habe ich gebändigt und durch die Haltbarkeit ist der kurze Kampf mit ihm durchaus akzeptabel.