Der beschränkte Blick eines Anfängers auf ein Jahr Parfumo.de-Anwesenheit - Teil 03

Wenn ich gewusst hätte, dass der Maserati-Duft so von Interesse ist, die Mutmaßungen darüber so ins Kraut schießen und die Gemüter bewegen, hätte ich es wohl weniger offen beschrieben. Aber was für mich logisch und unbedeutend erscheint, kann natürlich bei Außenstehenden Fragen aufwerfen. Das habe ich nicht bedacht. Um es kurz zu mache: Ich bin schon seit einem Jahr nicht mehr in diesem Fitnessstudio und der Maserati-Mann wurde nie befragt.

Aber darum ging es ja auch nicht. Ich wollte nicht riechen wie die Umkleide, in der vorher ein Maserati-Mann zu viel Parfüm verblasen hat. Ich wollte Qualität, ganz generell. Im Nachhinein betrachtet waren die Umstände ja auch nicht wirklich angetan, um eine objektive Einschätzung vorzunehmen. Der Duft lag in der Raumluft und nicht auf meiner Haut. Es war ja nur die Kopfnote. Und wie wäre es weiter gegangen? Sillage? Haltbarkeit? Wie konzentriert und entspannt war ich im Augenblick dieser Wahrnehmung? Vor allem im Anbetracht der Erschöpfung nach drei Stunden Inhalation stickiger Luft. Jeder, der bei Ausdauersport-Wettbewerben teilnimmt weiß, die weltweit am besten schmeckenden Bananen gibt es nach dem Zieleinlauf. Allein die Ausgezehrtheit macht dieses Obst zur Delikatesse.

Nein, nein! Die Erkenntnis war noch viel weitreichender. Es ging nicht um DEN EINEN Duft oder DIE EINE Marke. Was mich interessiert hat, war: Gibt es qualitative Unterschiede zwischen dem, was ich in meiner Umgebung kaufen kann und dem, was es da draußen sonst noch gibt. Und dabei war mir von vornherein klar, dass hierzu auch höhere Beträge investiert werden müssen.

Ich wollte/musste also aus meiner Komfort-Zone, über den Tellerrand hinaus klettern. Und dabei erspähte ich am Horizont eine Leuchtreklame mit dem Schriftzug "Parfumo.de".

Ich bin schon immer Technik und Naturwissenschaften affin gewesen. Und ich mag Listen und Tabellen. Sie verschaffen mir Übersicht und ich kann damit Sachen sortieren und auswerten. Und wenn es um Konsum geht, hab ich das gerne verbunden mit Wertungen. Schon seit vielen Jahren orientierte ich mich z. B. an den Bestenlisten von HiFi-Zeitschriften. Und jetzt kommt mit bitte nicht mir der Vorhaltung, dass das alles subjektiv und von den die Werbung schaltenden Unternehmen beeinflusst ist. Das weiß ich selber. Dennoch geben sie einem Leien, der nicht die Möglichkeit hat Dutzende hochwertige Artikel zu testen, eine grobe Orientierung. Und das ist besser als nix. Was war ich froh, dass es eine Top 100 Liste gibt. Genau so was brauch ich. Was soll ich mir da Monate lang das Kleingedruckte durchlesen. Ich hab eh keine Zeit. Also greif ich zum Destillat. Was haben wir denn da. "Damen"? Nein. "Unisex"? Nein. "Herren"? Ja. Auf geht's!

Aha!? Ein blassroter Boxbeutel, der allerdings nicht mehr hergestellt wird, ein Helm, ein Würfel mit Goldflocken? Man-o-man. Ellenlange, teilweise unaussprechliche Namen. Was soll denn der Quatsch. Ui!!! "Dior". Da steht "Dior". Den kenn ich. Steht aber nicht ganz vorn. Na ja. Zumindest den werde ich doch hoffentlich vor Ort testen können. Dann hab ich schon mal einen Eindruck, was ein gutes Parfüm ist. Aber die anderen sind ja offenbar die luxuriösen, die eben aus dem Mainstream herausstechen. Also irgendwie sollte man die ja auch mal antesten.

Leider kann ich heute nicht mehr genau sagen, was damals alles unter den Top 10 der Herrndüfte stand, aber viele davon habe ich getestet. Glücklicherweise begriff ich relativ schnell, dass man hier Proben und Abfüllungen von diesen Kostbarkeiten kaufen konnte. Aber von wem kauf ich da eigentlich? Privatleute oder Gewerbetreibende? Original oder Fake? Wie füllen die in was ab? Der ganze Vorgang war für mich undurchsichtig und ich hab's dann einfach mal riskiert. Dann fangen wir also mal oben an. 10 ml "Enigma pour Homme / Creation-E pour Homme (Eau de Parfum)" von einer gewissen Achilles. Sie schrieb, dass die Ware in einem "Taschenzerstäuber" kommen würde. Aha! "Taschenzerstäuber"? Von mir aus.

Hier meine Antwort auf ihr Angebot:

"Danke für die prompte Antwort. Noch mehr Dank für dein Angebot zur Beantwortung von Fragen. Allerdings bin ich ein absoluter Laie und nicht qualifiziert Fragen zu stellen. Durch Zufall bin ich auf diese Plattform gestoßen und nun froh offenbar sehr gute/exklusive Düfte in einer finanziell vertretbaren Form wenigstens mal ausprobieren zu können."

Der Duft kam an und ich musste zugeben, dass ich so etwas Hochwertiges noch nie gerochen hatte. Die Haltbarkeit war zu meinem damaligen Kenntnisstand abartig. Dazu diese raffinierte Wandlungsfähigkeit. Aber übermäßig gefallen hatte er mir nicht, stellte er doch so gar keinen Bezug zu den bisherigen Vorlieben her. Dazu gab es zwei Proben, was mich zunächst irritierte. Sind das Teaser, oder diene ich als Endlager für Ungeliebtes?

Die Erfahrung meiner ersten Bestellung hat es gezeigt. Es scheint sehr gute, sehr teure, sehr beliebte, sehr exklusive Düfte zu geben… die mir nicht gefallen. Das hatte ich mir ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt.

Also begann die Zeit, neben dem Rang in den Top 100 nun doch noch ein Auge auf den Dufttyp zu werfen. Es folgten "Jubilation XXV Man" aus (Irland!) mit zwei herrlichen Proben die Lust auf mehr machten. Das Verwirrende: Warum waren die beiden Proben, die doch so gut rochen, nicht unter den Top 10, ja nicht mal Top 100? Ich gab nicht auf und arbeitete mich weiter nach unten durch, sofern die Düfte überhaupt verfügbar waren. "Herod" war der Nächste. Von einem gewissen Strehliwood.

Hier nochmal ein Auszug meiner Nachricht an Strehliwood, in der ich zum Ausdruck gebracht habe, wie sehr ich über die Beigaben bei einer Bestellung im Wert von nur 12,50 Euro verwundert war. Man beachte vor allem meinen Vorsatz, ich werde mangels Zeit blutiger Anfänger bleiben.

"deine Sendung war heute schon da. Ganz herzlichen Dank für die schnelle Abwicklung. Es beschämt mich wirklich, dass du bei gerade mal 12,50 Euro nebst verbundenem Aufwand auch noch zwei Proben beilegst. Das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen. Ich befürchte mich da gar nicht revangieren zu können, obwohl du es verdient hättest. Ich bin (und werde es, mangels Zeit, auch bleiben) blutiger Anfänger und habe wirklich nix zum tauschen. Ich hoffe dich diesbezüglich nicht zu enttäuschen. Ich kenne die Gepflogenheiten leider noch nicht."

Die Begegnung mit Strehliwood war eine weitere maßgebliche Weichenstellung in der gesamten Genese meiner Mitgliedschaft. Warum? … erfahrt ihr nächste Woche.

Fortsetzung folgt...