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Caligaris Blog
vor 6 Jahren - 13.04.2018
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Der beschränkte Blick eines Anfängers auf ein Jahr Parfumo.de-Anwesenheit - Teil 06

Prolog

Gerade die letzten Monate haben mir gezeigt, dass es nun für mich an der Zeit wäre, ein Resümee hinsichtlich Parfumo.de in Bezug auf das Anlegen einer Sammlung zu ziehen. Es gab noch ein, zwei "Erkenntnisse" in jüngster Vergangenheit, aber im Prinzip wiederholen sich nun die meisten Abläufe, die im Zusammenhang mit diesem Hobby stehen. Aber nicht, dass jetzt jemand denkt, ich würde diesen Zustand bedauern und Langeweile mache sich breit. Viel mehr steht nun am Ende einer Entwicklung ein konsolidiertes Konzept, das durch zielgerichtetes Handeln ständig unterhalten wird.

Das Erreichen dieses "Status X" hat in meinem Fall circa 1 ¼ Jahre gedauert und wurden mit wenig Tiefen, viel Höhen und noch mehr Überraschungen begleitet. Aber nicht jede Reise eines Parfumos ist nach dieser Dauer am Ziel. Die Zeitspanne ist von drei Faktoren abhängig:

1. Ist überhaupt ein Ziel definiert? Andernfalls kann es eine unendliche Reise werden.

2. Wenn ein Ziel definiert ist/wurde, wie weit ist es entfernt? Z. B. Wie tief steige ich in die Materie ein oder wie umfangreich sollen die Erfahrungen bzw. soll die Sammlung werden?

3. Wie viel Zeit investiere ich bei der Verfolgung des Ziels?

Es sollte klar sein, dass meine Definition von ''Ziel'' nicht den Abschluss der Sammlung, sondern das Erreichen des oben beschriebenen Niveaus ''der inneren Ruhe und Zufriedenheit'' meint.

Wie unterschiedlich die Ziele der einzelnen Mitglieder hier sind, kann man am schnellsten an ihren Sammlungen "habe ich" ablesen. Und das sollte völlig wert- und vorurteilsfrei geschehen. Denn ich glaube nicht, dass man anhand der Sammlung auf die Zufriedenheit des Besitzers schließen kann. Und es ist nicht zwangsweise so, dass sich jemand, der drei Monate auf einen 50 Euro Flakon gespart hat weniger über diesen freut, als ein Bonze, der sich den 30. Roja Dove ins Regal pflanzt. Umgekehrt finde ich es völlig geistlos, die Handhabbar- und Praxistauglichkeit von sehr großen Sammlungen zu hinterfragen. Schlimmer als diese Vorhaltungen sind eigentlich nur noch die Rechtfertigungen der Besitzer. Für mich haben solche Fragen weniger mit Neid, als vielmehr mit Naivität zu tun.

Meine im weiteren Verlauf dargestellten Erfahrungen sind also nicht in Gänze auf alle übertagbar. Dennoch könnten Sie gerade für Einsteiger möglicherweise in manchen Fällen eine gewisse Hilfestellung bedeuten.


Frage 01: Wie komme ich an Proben heran?

Parfumo.de mit dem angeschlossenen Souk, in dem Flakons, Abfüllungen und Proben verkauft oder getauscht und Sharings veranstaltet werden, ist die mit Abstand größte Parfümerie der Erde. Wenn man seinen Duft hier nicht findet, dann nirgendwo. Selbstverständlich haben Parfümerien als Ladenlokal ganz klar ihre Berechtigung. Dort kann man vor Ort testen und man wird mehr oder weniger gut beraten. Wer aber, wie ich, in der Kleinstadt lebt, darf hier keine optimale Versorgung und Auswahl erwarten. In Großstädten kann ich mir das aber als sinnvolle Ergänzung zu Parfumo.de vorstellen. Ergänzend dazu besteht natürlich auch noch die Möglichkeit "Probenpakete" bzw. sogenannte Sampels von den einzelnen Herstellern zu beziehen. Das Thema würde ich aber erst nach einer fortgeschrittenen und herstellerunabhängigen Testphase angehen, an dessen Ende "Schritt 7: Meinungsbildungsprozess/Profilschärfung" steht.


Frage 02: Welche Dufttypen liegen mir überhaupt?

Schritt 1: Grundlagenforschung/Horizonterweiterung

Ich war sehr schnell von Blindkäufen geheilt und kann nur jedem davon abraten, sollte er länger und umfangreicher kaufen/sammeln wollen, es sei denn, er hat einen sehr großzügigen Geschmack und Geldbeutel. Einmal riechen sagt mehr aus als 1.000 Worte und ich habe hier schon völlig konträre Erfahrungen zwischen Riecherlebnis und Kommentarbeschreibungen gemacht. In beide Richtungen. Am besten ist es tatsächlich, willkürlich zusammengewürfelte Probenpakete zu besorgen. Ausgenommen sollten lediglich ganz klar unliebsame Duftrichtungen werden. Wichtig wären hingegen völlig unterschiedliche Hersteller und Preiskategorie.

Schritt 2: Der erste Test

Also meine ersten Tests finden immer auf den Oberseiten der Handgelenke statt. Wenn eine Hauruckaktion ansteht, folgen Unterarmmitte und Unterarm kurz vor Ellenbeuge. In diesen Fällen mache ich mir Markierungen mit einem Stift auf die Haut, damit ich die "Epizentren" auf die ich den Duft gesprüht habe auch später noch finden kann. Natürlich sollte man möglichst gleichgroße Mengen aufsprühen, damit Intensität und Wirkung vergleichbar bleiben. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass der gleiche Duft auf die Unterseite des Handgelenks gesprüht anders riecht, als auf dessen Oberseite. Zudem "entartet" der Duft an meinem linken Handgelenk beim Sport, also wenn ich schwitze, viel stärker als rechts. Man sollte also vorher überhaupt mal nur mit einem Duft die mutmaßlich infrage kommenden Stellen mit gleichen Mengen besprühen um vergleichbare "Probefelder" (ein Begriff aus dem Erdbau) zu definieren. Es gilt auch zu bedenken, dass ein Nachsprühen den Duft verändert. Würde man also einen Duft auf dem einen Handgelenk nachlegen, und auf dem anderen erstmalig aufsprühen, werden die Seiten unterschiedlich wahrgenommen. Eine Angleichung findet oft erst nach Stunden statt. Gewarnt sei auch von Resten (z. B. vom Test des Vortages), die möglicherweise nicht mehr oder nur noch in sehr geringem Ausmaß wahrgenommen werden. Durch das Übersprühen (im schlimmsten Fall mit einem völlig anderen Duft) werden diese auf der Haut haftenden Reste "reaktiviert" und so kann es sein, dass der Duft vom Vortag den "Nachfolger" völlig übertönt.

Schritt 3: Die erste Auswertung

Bei mir gibt es drei Kategorien: "weiter", "nicht weiter" und "weiß nicht". Die "nicht weiter" sind so weit neben der Zielvorstellung, dass sie bei mir direkt ins Archiv wandern. Der Unterschied zwischen "weiter" und "weiß nicht" besteht bei mir in der Zeit, die bis zum zweiten Test vergeht. Bei "weiß nicht" sind das meist zwischen ein und drei Tage. Bei "weiter" zwischen fünf Tagen und Monaten.

Schritt 4: Nachtests am Handgelenk oder Unterarm

Ein Zweites "weiter" kann schon mal als Erfolg verbucht werden. Wer nicht "weiter" ist, mit dem wird wie unter Schritt 3 beschrieben verfahren. Die Konsequenzen eines Zweiten "weiter" haben sich bei mir im Laufe der Zeit geändert. Was früher wie in Schritt 4.1 dargestellt ablief, wird heute nach Schritt 4.2 abgehandelt.
Schritt 4.1: In meiner großen Such- und Orientierungsphase hieß das zunächst einmal nur, dass der Duft als potentieller Kaufkandidat in Gruppen-Ausscheidungskämpfen teilnehmen wird. D. h. vergleichbare Düfte treten wie unter Schritt 3 beschrieben an und nur der Beste einer jeden Kategorie würde in die Sammlung aufgenommen werden. Die Schritte 5 und 6 sind damals bei mir entfallen und es ging relativ schnell zur Beschaffung eines Flakons über.
Schritt 4.2: Mittlerweile hat sich dieses in Schritt 4.1 beschriebene Vorgehen bei mir überholt, da ich auch ähnliche Düfte im Originalflakon sammle. Daher besorge ich mir von den Düften, die zwei Mal "weiter" waren, soweit verfügbar, eine 5 ml Abfüllung im 10 ml Taschenzerstäuber.

Schritt 5: Der Alltagstest

Hier trägt man den Duft so, als wäre er schon Mitglied in der Sammlung um eine realistische Performance beurteilen zu können. Durch die Tests am Handgelenk, respektive Unterarm, hat man schon eine grobe Vorahnung, wie kräftig der Duft ist. Das was beim Betätigen eines 10 ml Taschenzerstäubers aus der Düse austritt ist nämlich ungleich mehr als dass, was kleine Probenzerstäuber von sich geben. Wieviel man wohin sprüht, ist Ansichtssache. Bei mir ist es meist Oberkörper/Hals.

Schritt 6: Die (mutmaßlich) letzte Entscheidung

In nicht wenigen Fällen lernt man den Duft nun zum zweiten Mal (richtig) kennen. Und damit sind nicht nur die Noten gemeint. Bei mir ist es vor allem die Performance. Was hab ich nicht schon für penetrante Düfte am Handgelenk gehabt, die am Körper überhaupt nicht zündeten… auch nicht mit sieben und mehr Sprühstößen aus dem Taschenzerstäuber. Für mich ein Grund für eine deftige Abwertung. Wenn jedoch der Duft auch bei diesem Test noch eine gute Figur macht, dann hat man einen Kaufkandidaten bzw. einen Hinweis, wo man weiter suchen sollte/könnte.

Schritt 7: Meinungsbildungsprozess/Profilschärfung

Ich würde sagen, dass ich so nach circa 500 verschiedenen Proben einen Überblick über das hatte, was mich potentiell überhaupt interessiert. Sicherlich nahm bei mir die subjektive Sicht und damit die Einschränkung der Auswahlproben immer weiter zu. Aber innerhalb dieses Spektrums gab es nach dieser Probenanzahl keine Quantensprünge mehr, die mir gleich eine komplett neue/andere Duftrichtung eröffneten. Dass soll nicht heißen, dass es innerhalb meines Sammelgebietes nicht noch immer ab und an ein paar Exoten und Ausreißer zu entdecken gilt. Das ist es ja gerade, was es so spannend und die Suche so endlos macht.

Im nächsten Kapitel geht es um die vertiefte Suche/Recherche zu bestimmten Duftrichtungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Kapitel "Beschaffung von Abfüllungen und Flakons in gebrauchstauglichen Mengen und Gebinden" dort nicht mehr Platz finden und daher später separat folgen.

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