CaosCalmo

CaosCalmo

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 11
CaosCalmo vor 4 Jahren 8 3
7
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Eine Lanze für die Nostalgie!
Als lebenslang untermotorisierter Nutzer rostiger Hollandräder muss ich mal eine entschiedene Lanze für diesen wunderbaren Duft brechen.

Man muss wahrlich kein PS-Aficionado sein, um an diesem äußerst tragbaren, charakteristischen und keinesfalls übertriebenen Wässerchen seine helle Freude zu haben.

Zugegeben: die Kopfnote ist originell und trifft das Thema „Mille Miglia“. Aber das ist gleichwohl kein Cambouis, kein Schlag in die Magengrube, sondern schon in dieser Phase eben ein Duft, ein richtig erfreulicher Kick und Wachmacher, der meine sonst so geruchsempfindliche Ehefrau noch nie zu einem ihrer gefürchteten Kommentare veranlasst hat. Das ist Kunst!

An dieser Stelle teile ich das Bedauern darüber, dass dieser Effekt ein wenig allzu schnell verpufft und in eine zweifellos minder originelle, aber keineswegs langweilige Phase überleitet, bei der die Anmutung von Benzin und Gummi zugunsten einer dezent vanillig dominierten, aber durchaus aparten Komposition immer mehr zurücktritt. Andererseits wäre eine ausdauerndere Kopfnote jedenfalls mir auch schnell zu viel des Guten (Russian Leather von Molton Brown geht in diese Richtung und wäre all denen zu empfehlen, die gerne in Birkenteer baden - für mich ein völliger Fehlkauf..).

Auf jeden Fall ist der Duft durch diese Zurückhaltung entgegen allen gutgemeinten Ratschlägen für mich ein sehr regelmäßiger Begleiter ins Büro geworden - inspirierend, aber unaufdringlich, vielleicht einen Tick verkopft, wie es dem widernatürlichen, aber zur zweiten Natur gewordenen Bürolebensstil entspricht.

Mir gefällt das ganze Konzept: der Kult der Künstlichkeit aus der Klosterapotheke, ein Gedenkstein für eine veraltete Technik, die noch immer für die Möglichkeit zur jederzeitigen Flucht in die Natur steht, mithin: unser ganzes Dilemma als Duft - wenn das nichts ist.

Denke ich mir und fahre, während letzte Duftmoleküle meine Nase erreichen, auf meinem Lastenrad die Kinder abholen.
3 Antworten
CaosCalmo vor 6 Jahren 13 1
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Der erste Beste!
Ohne langes Probieren gekauft - bei dem Preis! - macht mir dieser Duft nun schon seit Jahren richtig Freude. Zu jeder Jahreszeit und zu jeder Gelegenheit kann ich ihm etwas abgewinnen. Denkbar simpel konstruiert schafft er gleichwohl die erstaunlichsten Spagate: Er ist stockkonservativ und frisch, natürlich und dandylike, präsent und zurückhaltend. Die Haltbarkeit ist nicht zu verachten; an manchen Tagen hält er sich von morgens bis zum Abend, oder er scheint durch einen später aufgetragenen „Nachmittagsduft“ dann unverhofft nochmal so richtig schön durch. Auch das kann er gut: sich mit anderen vertragen, mit ihnen wie in ein Gespräch eintreten.

Auf Grund dieser Qualitäten ist er einer meiner am häufigsten benutzten Düfte. Ach ja, und weil meine Haut mittlerweile nach jeder Rasur (also alle paar Tage) geradezu nach ihm verlangt. Auch für eine Reise mit eingeschränktem Gepäck ist er eine gute Option, weil er anders als viele ganz tolle Düfte auch nach einigen Tagen exklusiver Nutzung noch nicht nervt.

Mit anderen Worten: es kann einem nichts Besseres passieren, als ihn zu mögen! Ich tu’s, und was ich wirklich erstaunlich finde: ich mag ihn auch mehr als deutlich teurere Tabakdüfte, mehr als Feuilles de tabac beispielsweise, viel mehr als Havana, von Tabac am anderen Ende der Preisskala zu schweigen. Alt-Innsbruck rückt die innere Haltung zurecht und macht mich bereit, es mit dem Leben aufzunehmen!

Übrigens: Wenn ich die Flasche irgendwann mal nachkaufen muss (man braucht nicht viel davon!), dann gönne ich mir diesen großartigen Pumpzerstäuber. Dann wird alles noch besser.
1 Antwort
CaosCalmo vor 6 Jahren 12
9
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Underwhelming oder Wo Klassik in Langeweile umschlägt
Das tut mir natürlich Leid: ein englischer Titel für dieses erzfranzösische Wässerchen. Genau: Wässerchen. Für keines der Produkte in meinem Schrank ist diese Bezeichnung passender. Ein gut gemachtes, paradigmatisches, fein riechendes Wässerchen - dem jede Wildheit abgeht. Darin hebt es sich für meinen Geschmack durchaus wohltuend vom ewigen Konkurrenten Pour Monsieur ab, das durchaus kein Wässerchen, sondern ein gestandenes Parfum ist, das mir allerdings krass übertrieben erscheint.

Der Flakon ist toll, der Klassikerstatus unbestreitbar, der Duft gefällig (Zitrone und Gewürze; ich kann den Beschreibungen nichts mehr hinzufügen), im positiven Sinne distinguiert: ich stellte mir vor, wer zu besonderen Anlässen Habit Rouge tragen möchte und für den Alltag ein leiseres Pendant sucht, müsste hier auf seine Kosten kommen. Aber an den allermeisten Tagen ist er mir dann doch zu schüchtern, zu unspektakulär, zu wenig präsent und auch zu schnell verflogen. Ich möchte durchaus glauben, dass dies etwas mit Reformulierungen und fehlendem Eichenmoos zu tun hat, wie Seelanne nahelegt, und ich kann nur hoffen, dass mir eines Tages noch aufgehen wird, was diesem Duft bei vielen geschätzten Kommentatoren solch ein herausragendes Ansehen verschafft.

Um wieder englisch und mit einem (so negativ dann doch nicht gemeinten) „vernichtenden Lob“ zu schließen: nice!
0 Antworten
CaosCalmo vor 7 Jahren 11 6
6
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
6
Duft
Nichts für die Kinder des Lichts
Um die These zu stützen, dass Antaeus polarisiert, ist es wohl wieder mal an der Zeit für einen weniger begeisterten Kommentar..

Um es vorweg zu sagen: Ich habe nichts gegen Schweres und Komplexes. Ich liebe Knize 10, Wagner-Opern und die Romane von Wolf v. Niebelschütz. Rätselhaftes reizt mich erst einmal. Aber Antaeus ist nichts für mich. Ob das für alle Zeiten dabei bleiben wird, sei dahingestellt, aber der Weg zueinander ist für uns noch sehr weit.

Dabei gestehe ich Antaeus selbstverständlich zu, dass er kunstvoll gebaut ist. Die Duftentwicklung ist eine der längsten und spannendsten, die ich bislang kenne; sie wurde hier ja schon vielfach und ausführlich beschrieben. Ebenfalls nicht zu verleugnen ist, dass Antaeus ein unverwechselbares und deutliches Statement formuliert, welches einen zu einer eigenen Stellungnahme herausfordert. Und die geht bei mir dahin, dass ich mich mit diesem Duft überhaupt nicht identifizieren kann, ihn geradezu ablehne. Ich finde, Sisyphos trifft es mit seiner Aussage, Antaeus wirke auf ihn destruktiv. Ich würde ergänzen: dunkel, dabei "designed", weit entfernt von jeder Natürlichkeit (außer ganz am Ende des Drydowns), heidnisch und kriegerisch. Alles so gar nicht meins!!

Wir sind uns einig: Gutfindenwollen ist wohl keine taugliche Basis für ein Verhältnis zu diesem Duft. Aber ich danke für die Herausforderung und für die Klarheit, die er bei mir erzeugt.

Übrigens - jetzt bleiben mir wohl gar keine Sympathien mehr - mag ich auch den Flakon nicht besonders, den ich als durchaus passend zum Inhalt empfinde. Ein Meteorit, hart, zerstörerisch, aber eben nicht echt, sondern "gewollt".

Mit der Bewertung tue ich mich schwer, da die Qualität des Duftes ja außer Frage steht. Und anders als Antaeus fühle ich mich ja Freundlichkeit und Ausgewogenheit verpflichtet..
6 Antworten
CaosCalmo vor 7 Jahren 9
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
6
Duft
Die Eiche als Mauerblümchen
"As English as can be" - mit dieser Empfehlung deutete vor fast zehn Jahren ein sehr englischer Freund und fortgeschrittener Dandy auf den Flakon in seinem winzigen, angemessen britisch verranzten Badezimmer seiner Einzimmerwohnung in Hampstead, wo ich wieder einmal für ein paar Tage ein Unterkommen auf dem Futon gefunden hatte. Es war Opus 1870, mit dem ich mich daraufhin andächtig einsprühte, um das Beste aus einem schönen Frühlingstag zwischen Brompton Oratory und dem V&A herauszuholen.

Penhaligon's - bis ich mir erst einmal diesen Namen merken konnte! Mittlerweile habe ich so meine Erfahrungen auch mit diesem ehrwürdigen Haus gemacht. Endymion habe ich eine Weile benutzt und einen Flakon davon geleert - und damit war es gut. Opus habe ich als nächstes gekauft - und konnte mich auch damit nicht recht anfreunden. Quercus hatte ich zunächst als Duschgel für meine Frau besorgt - ihr gefiel's, und sie wollte dann auch den Duft. Der aber floppte bei ihr - ich übernahm, von vornherein ohne ihn besonders zu lieben, benutzte ihn einige Sommer lang .. und er wird und wird nicht leer!

So kam es letztlich durch Quercus dazu, dass ich mein Verhältnis zu Düften einer grundsätzlichen Klärung zuführen könnte! Auf eine Zwischenphase fast völliger Abstinenz folgte endlich die systematischere Suche nach mir besser zusagenden Düften - und damit war es im Grunde Quercus, der mich in die Arme von Parfumo getrieben hat..

Was aber ist nun eigentlich gegen oder vielleicht doch für Quercus zu sagen? Positiv: er riecht nicht "schlecht", ich bin sogar das eine oder andere Mal positiv auf ihn angesprochen worden. Wertneutral: er hält, gerade im Sommer, nicht lange, zuweilen kaum von morgens bis mittags. Negativ: mehr fällt mir zu ihm einfach nicht ein. Ich finde ihn leider einfach recht uninspirierend. "Eiche" steht drauf, aber es riecht nach Blümchen. Allerdings nicht lieblich, sondern irgendwie seifig, zugleich leicht würzig und anfangs auch durchaus alkoholisch. Eher ländlich als urban, eher für morgens als für abends, sowas wie ein morgendlicher Spaziergang durch eine noch feuchte, nunmehr sonnenbeschienene, geordnete Landschaft im Frühsommer, mit einem klein wenig Restalkohol im Blut und nach einer guten Dusche..

Was das alles mit CK One zu tun hat, kann ich aus eigener Anschauung nicht sagen; dass hier eine enorme Ähnlichkeit zu irgendwas sehr Populärem vorliegt, scheint mir aber plausibel, da ich Quercus auf der Straße viel häufiger zu begegnen meine, als dies eigentlich zu erwarten wäre.

Vermutlich muss ich doch irgendwann Blenheim Bouquet oder English Fern mal die Chance geben, was mir doch bisher immer als zu gewollt, zu nostalgisch, zu Downton erschien..

Bis dahin bleibt mir vermutlich noch lange ein Rest Quercus als passabler Büroduft, dem indes Feierliches, Mystisches, Betörendes, den Alltag Überhöhendes komplett abgeht. Ein Duft zum Wachwerden, nicht zum Wachbleiben. Ein Duft zum Weitersuchen.
0 Antworten
1 - 5 von 11