Carnolie

das ist der erste Eindruck. Fabrikfrische hochwertige grobgewebte Stoffe. Tweed vielleicht. Oder Atlas. Irgendwas teures, schweres. Meine erste Assoziation ist wirklich in Richtung Textil. Aber auf eine herb-feine Art. Durch welche der Duftnoten ausgelöst, kann ich nicht sagen...jedenfalls sehr edel und irgendwie englisch.

Die Kopfnote könnte ruhig länger verweilen, danach bleibt es schön, aber wird etwas leiser. Blumen auf Leder mit etwas Weihrauch. Eigentlich nicht unbedingt ein Verführduft. Schon sexy, aber auch intelligent, würde ich meinen. Haltbarkeit und Sillage empfinde ich als etwas schwächer, als offenbar die meisten. Daher würd ich L'Agent immer sehr großzügig auftragen. Ein Kaufkandidat auf jeden Fall.

Und gelungen find ich sowieso auch diese lasziv-bauchigen, sinnlichen Eier-Flakons, die man einfach nur anfassen will.

Edit 24.01.13: So, der steht jetzt in meiner Habe-ich-Liste :).

Edit 09.02.13: Jetzt, wo ich L'Agent nicht nur als Pröbchen besitze, sondern als 50ml-Flakon hat meine Begeisterung stark nachgelassen. Von edlen Stoffen merk ich kaum noch etwas, stattdessen weht mir eine leicht mentholige Bitterschokoladennote entgegen. Das nimmt fast gourmandige Züge an hier. Wirklich nicht mehr feierlich. Obendrein sind Haltbarkeit und Sillage so unterirdisch, dass es an Bvlgari-Düftchen denken lässt. Der wird jetzt auf *B*y verscherbelt. So kann's gehen.

Mit diesem Duft habe ich mich lange beschäftigt, weil ich ihn aus mir unerklärlichen Gründen unbedingt mögen wollte.
Ich habe versucht, mir einzureden, dass die Kopfnote ein schönes leicht bitteres Mandelaroma hat (was nicht so ist) und sich dieses interessant mit einer zitrischen Fruchtigkeit der Clementine ergänzt. Nur leider merkt man von Zitrus gar nichts und die Fruchtigkeit ist die einer überreifen, schrumpeligen Matsch-Mandarine.

Der Hammer kommt aber dann mit dem Jasmin-Sambac. "Sambac" ist wohl Hindi (Jasmin-Sambac oder Arabischer Jasmin stammt aus Indien) für "Klo". Die Indole, die für den typischen Blütenduft verantwortlich sind, sorgen in höherer Konzentration bekanntermaßen für den typischen Gestank von Fäkalien. Und Cinéma hat da offensichtlich den Grenzwert überschritten oder ich bin da überempfindlich. Jedenfalls habe ich es nun über Wochen hinweg immer wieder mal getestet und jedes mal fängt es nach Verfliegen der matschigen Kopfnote an regelrecht zu stinkeln. Meine ursprüngliche Befürchtung, ich hätte es mit gekippter Ware zu tun, konnte mit Hilfe einer netten Parfumista ausgehebelt werden. Es riecht wirklich so.

Ich habe auch keine Lust den Duft damit zu rechtfertigen, dass er sehr sinnlich ist. Ich bin nicht die Anwältin dieses Parfums. Ich finde es nicht gut. Punkt. Eine Basis konnte ich übrigens auch nicht feststellen. Nach dem Indol-Bombardement kommt nichts mehr.

("Baiser de Cinéma" ist übrigens eine ungefährliche Abwandlung und riecht tatsächlich nicht schlecht.)

EDIT:

Heute, ein halbes Jahr später, teste ich dank einer großzügigen Beigabe zu einem Tauschgeschäft nochmals Cinéma. Da brat mir einer einen Storch, es stinkt kein bisschen mehr! Entweder meiner aktuelle Probe ist knackfrischer als die vorherigen oder meine Nase ist nach Monaten von Tests verschiedenster Düfte feingetunt. Keine Ahnung. Jedenfalls hat der Duft einen großen Wiedererkennungswert, fruchtig-mandelig, pudrig-süß, die Vanille ist edel,sexy.
Ich weiß, es ist ein Auf und Ab sondergleichen, aber ich hebe nun 20% auf 90% und setze ihn auf meine Wunschliste...

EDIT II:

So, der ist jetzt als 35ml-Flakönchen bei mir eingezogen.

SUN riecht für mich nicht wie ein Parfum, wie eine Duftkomposition, sondern wie ein functional fragrance. Ein Funktionsduft. Die Funktion: Sonnenmilch angenehm und pflegend duften zu lassen. Das Problem: es handelt sich nicht um Sonnenmilch, sondern um ein EdP.
So wie SUN will ich wirklich nur duften, wenn ich im Sommer am Wannsee in der Sonne am Strand liege und mich gerade mit Sonnenmilch eingecremt habe. Dann passt es, dann ist es erwünscht. Aber den Duft brauch ich nicht stundenlang. Mein Spülmittel in der Küche riecht auch ganz nett. Würd ich aber nicht in EdP-Form haben wollen. Wick VapoRub duftet auch schön. Wenn ich erkältet bin und mir die Brust damit einreibe, fühle ich mich gut und umsorgt. Aber will ich das als Parfum?

Deswegen nur 40%. Nicht, weil der Duft übel oder unerträglich ist - denn es riecht angenehm pflegend, Sonne auf eingecremter Haut. Aber ich trage es jetzt zum zweiten Mal seit mehreren Stunden. Und immer, wenn mir SUN von meinem Handgelenk in die Nase steigt, denk ich, oh nein, ich trage ja dieses SUN...

Also abschrubben und ein richtiges EdP drauf.

Edit 06.01.13: also so schlimm ist er doch nicht, hab 10% draufgepackt. An einem verregneten Wintertag ist "Sun" ganz nett.

...so charakterisiert Katie Puckrik YDAN. Und das ist tatsächlich der erste Eindruck nach dem Aufsprühen. Als würde man barfuß und leicht bis kaum bekleidet an einem heißen Augusttag zur Mittagszeit durch eine schon etwas ausgetrocknete Buschlandschaft wandern. Mit einer Flasche Coca Cola in der Hand. Kein Vogel hat die Kraft einen Pieps zu machen. Kein Lüftchen regt sich. Nur hie und da ein Schmetterling, der träge von einer Blume zur nächsten flattert und selbst nicht so recht weiß, warum. Mir gefällt's so.
Der Amber drängt sich recht schnell und forsch in den Vordergrund und lässt das Ganze sinnlich-orientalisch werden. Von der Schokolade merk ich jetzt nicht viel aber der Vetiver gibt der Basis eine dezente herbe Süße.
Im Sommer vielleicht etwas too much, aber wenn man im Winter oder Frühling ein bisschen schwüles Hochsommer-Knistern will ist YDAN genau richtig.

VORSICHT! Fleckengefahr. Das Parfum ist ordentlich mit Farbstoffen versehen. Auch beim Auftragen auf die Haut zeigt sich die gelbbraune Farbe, so dass man es am besten etwas verwischt!

kann ich mich für diesen Duft begeistern. Die Kopfnote ist wirklich hammer-bestrickend - hat man auch nicht alle Tage, dass ein Duft gleich so dermaßen entschieden einschmeichelnd anfängt. Offenbar gibt der Anis (ohne selbst aus der Deckung zu kommen) den Zitrusnoten eine Färbung, die zusammen mit dem von Beginn an wahrnehmbaren Mandelaroma diese unglaublich süß-leckere-einschmeichelnde Note geben. Das riecht toll, muss man zugestehen. Ist einfach so. Auch wenn es, wie unten schon erwähnt, sehr lieblich-unschuldig wirkt und daher nichts für mich ist. Dennoch ein bemerkenswerter Auftakt.

Leider hält der Duft das Niveau nicht durch und sackt in der Basis in einen synthetisch-trockenen Plastik-Vanille-Mandel-Mief ein, der für einen Guerlain wirklich ärmlich ist.

So schade, mit dieser Kopfnote hätte man einiges machen können. Wenn diese anstatt der süßen Gourmandigkeit von einem etwas würzigeren, eigensinnigeren Grundakkord getragen würde, könnte ich mich sicher dafür begeistern. Aber so ist dass eher der Duft, der aus einer Puppenstubenküche käme, wenn dort tatsächlich jemand backen würde.