ChaiTee

"Das Spiel von Verführung und Hingabe ist eröffnet. Dunkel, phantasievoll und raffiniert erregt Bitter Sweet die Sinne und inspiriert die Frau, eigene Grenzen zu überschreiten. Der gewagte Duft reizt mit würzigem schwarzem Pfeffer, fesselt mit sexy Wildleder, betört mit dem femininen Flair von weißem Jasmin und verführt mit aphrodisierender Vanille."
Das ist der Text im Werbeprospekt, der in der Schachtel mit dem Duft beiliegt.
Große Worte.
Eigentlich will ich nämlich einfach gut riechen - Grenzen überschreiten muss ich oft genug an anderer Stelle.
Aber auch das ist kein Problem - völlig unabhängig von diesen großen Worten ist "Bitter Sweet" nämlich echt ein schöner Duft, würzig, dunkel, warm, ledrig, lang haltbar. Die Vanille ist unsüß, das Leder ist dunkel, die Kopfnote ist etwas scharf.
Der Übergang von Herz- zu Basis ist fließend, die Haltbarkeit ist gut.
Die Sillage ist anfangs recht kräftig, wird aber schnell gesellschaftsfähig.
Und vorsichtig dosiert ist der Duft auch im Sommer tragbar.
Vermutlich riecht "Bitter Sweet" auch an einem Mann gut - ich denke, er könnte auch als Unisex-Duft durchgehen.
Und den Rest vom Werbeprospekt kann man ja getrost vergessen...

..., dass ich mit diesem Duft nicht warmwerde.
Die Zutatenliste klingt so gut, die Kommentare waren so begeistert - und an mir kann nichts davon entdecken.
Keine Birne, keinen rosa Pfeffer, keine Pistazien-Eiscreme. Moschus und Patchouli hab ich anders im Gedächtnis, Vanille hab ich schon in den verschiedensten Düften entdecken können, aber hier nicht. Und Wildleder? Ich weiß nicht.
Also nichts süßes, nichts würziges, nichts ledriges.
Leimbacher schreibt, es wäre 'ein Duft, auf den man sich nicht verlassen kann'. Das kommt hin.
Und so fällt es mir auch schwer, die richtigen Worte für diesen Duft zu finden.
Er ist nicht schlecht, er ist interessant - aber entspricht in keinster Weise meinen Erwartungen, die ich an ihn hatte.
Und - ich hab ihn jetzt schon bei unterschiedlichsten Witterungsverhältnissen getestet.
Immer bleibt etwas, was in meiner Nase sticht; nie entdecke ich die oben angeführten Zutaten, wegen denen ich ihn mir - blind - gekauft habe.
Vielleicht soviel - vor meinen Augen hab ich bei diesem Duft eine Grünpflanze mit schmalen stechenden grünen Blättern. die sich über Stunden an meinem Arm festhalten.
Ich gebe ihn sehr gern weiter.

Ein Duft voller Widersprüche.
Klar, aber nicht kalt - mit einer Wärme, die nicht 'sinnlich' oder gar 'sexy' ist.
Sauber - aber kein 'Sauberduft'.
Holzig-weich-würzig - aber nicht kuschelig.
Erwachsen - aber nicht alt.
Bemerkbar - aber nicht auffällig oder gar aufdringlich.
Nach mehrmaligem Testen immer noch irgendwie fremd und doch vertraut.
Am Anfang leicht medizinisch, das fiel mir hauptsächlich bei den ersten Tests auf.
Möglicherweise jetzt nicht mehr so, weil ich weiß, wie er sich weiterentwickelt.
Sehr gut haltbar - mittags aufgesprüht, hab ich nachts immer noch einen Hauch von Duft am Arm.
Und am nächsten Tag beim Haarewaschen kommt er mir auch nochmal in die Nase.
In Kleidung hält er sich noch länger.
Ein Duft, mit dem frau (und bestimmt auch man - weil definitiv unisex) zu vielen Gelegenheiten passend 'angezogen' ist.
Müsste ich ihm eine Farbe zuordnen - es wäre ein changierendes Lichtgrau-Blau.
Ein herrlicher Duft, der sich ganz unbemerkt an mich rangeschlichen hat und meine letzte Duftentdeckung des vergangenen Jahres ist.

Dieser Duft war ein Blindkauf - und zwar ganz einfach deshalb, weil der italienische Großhändler, den ich bei uns in der Umgebung entdeckt hatte, den eigentlich gewünschten Tessori d'Oriente-Duft "Marrakech Essenze e Spezie - Ambra e Zafferano" nicht verfügbar hatte. Und weil ich schon mal da war und der Laden auch einen gewissen Charme hatte, wollte ich nicht mit leeren Händen wieder rausgehen. Und Gewürze und Hölzer klingen ja auch nicht schlecht und für fünf Euro kann man auch nicht viel falsch machen...
Nun ja - als erstes ging mal der Sprühkopf nicht, also nochmal ins Auto und das Ding umgetauscht. Und wo wir schon mal da waren, auch gleich noch ein paar italienische Kekse mitgenommen. Die waren auch richtig gut.
Daheim den Neuerwerb ausprobiert und ... die Begeisterung wollte sich nicht einstellen. Also in den Schrank gestellt, damit man bei eventuellen Nachfragen sagen kann 'oooch, den hab ich schon lange'.
In einigen unbeobachteten Momenten immer mal wieder ausprobiert, aber die Begeisterung war immer noch nicht da.
Der Duft riecht recht heftig, die Gewürze und Hölzer sind nicht so recht identifizierbar.
Und während "Marrakech Essenze e Spezie - Ambra e Zafferano" für mich ein weicher, warmer Duft ist, den ich sehr gern trage und auch "Vaniglia e Zenzero" ein angenehm zu tragender Duft ist, muss ich sagen, dass ich mich mit "Africa" nicht unbedingt unter Leute trauen würde. Dazu ist er einfach zu laut und hat diese Haarspray-Note, die sich über Stunden am Arm festhält.
Zwischenzeitlich hab ich aber doch eine Verwendung für "Africa" gefunden:
Meine Kleine geht gerne mit Benno spazieren. Benno ist der Hund meiner Mama, die etwas außerhalb wohnt.
Und so kommt's vor, dass die Kleine den Hund holt und in die Stadt läuft oder ich die Kleine zum Hund fahre, dann packen wir den Kerl ins Auto und fahren in die Stadt und sie läuft mit ihm zurück. Gefällt ihm gut, weil er sehr gern Auto fährt.
Dummerweise hat er's nicht so mit der Körperpflege, was besonders auffällt, wenn's auch noch ein bissel nass ist.
Dann riecht mein kleiner Lieferwagen tagelang nach 'nasser Hund'.
Und genau da kommt dann "Africa" zum Einsatz - einen Papierstreifen gut einsprühen, in die Lüftung stecken, die Heizung anschalten - und der 'nasse Hund' ist nicht mehr zu riechen.
Mit den noch vorhanden 98 ml kann ich den Hund noch oft spazierenfahren.

Wie kann das sein, dass ausgerechnet die Düfte, die einem in der Nase wehtun, so lange halten?
Das frage ich mich mal wieder, nachdem ich von Elizabeth Arden zuerst den "Spiced Green Tea" getestet und für sehr gut befunden hatte, bei dem mich allerdings die Haltbarkeit nicht wirklich befriedigt. Später dann auch noch das Original vom "Green Tea", der halt einfach ein netter Sommerduft mit mittelprächtiger Haltbarkeit ist und den ich mir heute beim Rossmann im Sonderangebot geholt hab.
Und so hab ich mir ganz unbefangen einen kleinen Sprüher vom obigen Duft aufsprühen lassen - der war nämlich auch im Angebot und von der Beschreibung her hätte der durchaus was für mich sein können. Was ein Glück, dass ich da keinen Blindkauf getätigt habe.
Von der Duftpyramide kann ich üüüberhaupt nichts erkennen - alles was in meiner Nase ankommt ist zuerst ein stechender Geruch, der sich dann in so eine undurchsichtig-süß-weiße Wolke verwandelt, die sich weder verändert noch verduftet. Jetzt klebt mir seit nunmehr sechs Stunden diese Wolke an der Hand und lässt sich nicht abwaschen.
Meine arme Tochter, die mit mir im Auto sitzen musste, meinte auch, dass dieser Duft recht raumfüllend ist.
Und Omas Hund wollte auch nicht an meine Hand. Der arme Kerl hat ja noch eine viel empfindlichere Nase als ich.
Dieser Duft ist ganz klar durchgefallen.
Allerdings ist meine Anfangsfrage immer noch nicht beantwortet:
Warum kleben scheußliche Düfte wie Pattex auf der Haut, während schöne Düfte ruckzuck verschwunden sind?