23.10.2020 - 09:17 Uhr
Ttfortwo
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46
Der Straßenköter
Diese Flasche! Form! Kappe! Da wölbts sich rein und wieder raus, hat da jemand Löcher in die Ränder gestanzt und am Deckel genagt? Und warum hängt man dem ganzen dann noch etwas ran, was von ferne wie eine Art Steampunk-Käfer aussieht, so eine Miniaturmaschine, etwas, was ein pomadisiert-spitzschnäuzgezwirbelter Gründerzeit-Superschurke in Massen aus seiner unterirdischen Höhle in die Welt schicken würde, um der gründerzeitlichen Bürgerlichkeit den Garaus zu machen. Und dann fusselt noch so ein abgemagerter Troddel dran? Für mich alles völlig unverständlich und mindestens so „nicht-ich“ wie die Taschen dieses Labels.
Tatsächlich habe ich auch nur deshalb eine Flasche hier bei mir liegen, weil mir ein Soukpartner, bei dem ich eine Abfüllung bestellt hatte, gleich den Restflakon geschickt hatte. Für mehr Abfüllungen hätte der Inhalt nicht mehr gereicht.
Nun ist es so, daß mich der Duft in seinem kompromisslosen Durchstarten und seiner kolossalen Wucht tatsächlich ein wenig an einen dampfbetriebenen Schmiedehammer erinnert, was zunächst die Frage aufgeworfen hatte, ob hier womöglich der Inhalt bei der Gestaltung der Verpackung ironisch zitiert und überhöht wurde (Hut ab, hätte ich da gesagt), aber nein, die anderen Flaschen variieren nur in der Farbe und überall hängt so ein absurdes Gebamsel dran.
Der Duft startet ohne Beschleunigungsphase durch, unbändig und laut, sagt nicht „Bitte“ und „Danke“, hat aber einen so frechen Straßenkötercharme, ungehobelt, unkultiviert, ich kann nicht widerstehen. Er beginnt würzig-pfeffrig-krautig, sehr, sehr dunkel, rauchig und ein bißchen teerig – die sonnige Bergamotte hat dem nicht allzuviel entgegenzusetzen. Schön, finde ich und: Wirklich mal anders – in dieser Preisklasse findet man nicht allzuviel Düfte mit so einer „Geh-leck!“-Attitüde.
Richtig leise wird der Duft im Übergang zur Herznote natürlich nicht, das wäre auch zu schade, aber es setzen sich verbindlichere Töne durch. Gut so, denn jetzt wird der Duft wirklich tragbar. Ich atme rauchige, sehr dunkle Vanilletöne und wenn es schwarzen Jasmin gäbe, dann wäre er hier drin. Wildleder sagt die Pyramide, ich will es glauben, und zwar sowohl als Duftbestandteil, als auch als haptische Entsprechung des Duftes: Der ist jetzt rau und wild und samtig zugleich. Die auch in der Herznote verbleibende leichte Kantigkeit und Unerzogenheit bewahrt ihn davor, in eine allzu beliebige warmweichvanillige Banalität abzugleiten und bricht die jetzt deutliche Süße ausreichend auf. Der Straßenköter bleibt ein Straßenköter. Aber jetzt läßt er sich kraulen.
„Bitter Sweet“ ist eine Ausnahme in seiner Preisklasse, der traut sich was und will nicht allen gefallen. Eine große Veränderung macht der Duft in seinen letzten Stunden nicht mehr durch, er wird allenfalls noch etwas milder. Die Haltbarkeit ist sehr ordentlich. Ach ja, und ich weiß, dass dieser Anhänger sowas wie deren Markenzeichen, ein Karabiner nämlich, sein soll. Und? Macht's das schöner?
Tatsächlich habe ich auch nur deshalb eine Flasche hier bei mir liegen, weil mir ein Soukpartner, bei dem ich eine Abfüllung bestellt hatte, gleich den Restflakon geschickt hatte. Für mehr Abfüllungen hätte der Inhalt nicht mehr gereicht.
Nun ist es so, daß mich der Duft in seinem kompromisslosen Durchstarten und seiner kolossalen Wucht tatsächlich ein wenig an einen dampfbetriebenen Schmiedehammer erinnert, was zunächst die Frage aufgeworfen hatte, ob hier womöglich der Inhalt bei der Gestaltung der Verpackung ironisch zitiert und überhöht wurde (Hut ab, hätte ich da gesagt), aber nein, die anderen Flaschen variieren nur in der Farbe und überall hängt so ein absurdes Gebamsel dran.
Der Duft startet ohne Beschleunigungsphase durch, unbändig und laut, sagt nicht „Bitte“ und „Danke“, hat aber einen so frechen Straßenkötercharme, ungehobelt, unkultiviert, ich kann nicht widerstehen. Er beginnt würzig-pfeffrig-krautig, sehr, sehr dunkel, rauchig und ein bißchen teerig – die sonnige Bergamotte hat dem nicht allzuviel entgegenzusetzen. Schön, finde ich und: Wirklich mal anders – in dieser Preisklasse findet man nicht allzuviel Düfte mit so einer „Geh-leck!“-Attitüde.
Richtig leise wird der Duft im Übergang zur Herznote natürlich nicht, das wäre auch zu schade, aber es setzen sich verbindlichere Töne durch. Gut so, denn jetzt wird der Duft wirklich tragbar. Ich atme rauchige, sehr dunkle Vanilletöne und wenn es schwarzen Jasmin gäbe, dann wäre er hier drin. Wildleder sagt die Pyramide, ich will es glauben, und zwar sowohl als Duftbestandteil, als auch als haptische Entsprechung des Duftes: Der ist jetzt rau und wild und samtig zugleich. Die auch in der Herznote verbleibende leichte Kantigkeit und Unerzogenheit bewahrt ihn davor, in eine allzu beliebige warmweichvanillige Banalität abzugleiten und bricht die jetzt deutliche Süße ausreichend auf. Der Straßenköter bleibt ein Straßenköter. Aber jetzt läßt er sich kraulen.
„Bitter Sweet“ ist eine Ausnahme in seiner Preisklasse, der traut sich was und will nicht allen gefallen. Eine große Veränderung macht der Duft in seinen letzten Stunden nicht mehr durch, er wird allenfalls noch etwas milder. Die Haltbarkeit ist sehr ordentlich. Ach ja, und ich weiß, dass dieser Anhänger sowas wie deren Markenzeichen, ein Karabiner nämlich, sein soll. Und? Macht's das schöner?
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