
Der Beginn meiner Reise
Die Vergangenheit
Heute erzähle ich Euch eine Geschichte eines jungen ich, der gerade 22 wurde und relativ spät Parfums für sich entdeckte. Ich muss für die jüngeren hier vielleicht dazu sagen, dass zu meiner Zeit nicht der große Hype um Parfums bei Jugendlichen trendy waren. Es gab auch nur eine relativ überschaubare Anzahl an Marken und im Grunde verband man Parfums eher mit der reiferen Generation.
Die Revolution
Als dann Jean Paul Gaultier mit Le Mâle Eau de Toilette rauskam, war dies eine regelrechte Revolution. Ein anzüglicher Flakon, der prüde Mütterchen schokierte und mit noch nie dagewesenen Duftnoten daherkam. Zum ersten Mal fühlte ich mich angesprochen, da er an die junge Generation gerichtet war. Verzeit sollte es vorher schon etwas derartiges gegeben haben, aber so war dazumals meine Wahrnehmung. Komplett geflashed machte ich mich auf um ihn zu testen. Als ich diesen dann roch war es um mich geschehen. Ich fühlte mich wie ein Revoluter der gerade aus seinem Schlaf erwacht war und der Welt den Mittelfinger zeigte. Lets go, das wird mein Duft. Über Themen wie Haltbarkeit und Sillage machte ich mir zu jener Zeit noch keine Gedanken, aber hierzu später mehr. Von meinem mühevoll verdienten Geld, welches ich mir als Samstagskraft neben meinem Studium verdiente, kaufte ich mir dann (es muss wohl zur Jahrtausendwende gewesen sein) einen 125ml Flakon. Ich wüsste zu gerne wieviel ich damals hingelegt hatte, aber inklusive Inflation, liegen wir bestimmt bei nicht viel weniger als er heute kostet.
Innerhalb der nächsten 10 Jahre wurde dieser dann fleißig zu jeder Gelegenheit die sich bot getragen. Geburtstage, Hochzeiten, Dates, Weihnachten. Gelegenheiten boten sich einige und ihn einfach so zu tragen, war mir zu schade und zu teuer. Wenn ich gewußt hätte, wir teuer die Leidenschaft noch wird 😅. Es kamen dann etwas später noch Acqua di Giò pour Homme Eau de Toilette und
Fahrenheit Eau de Toilette dazu, aber die erste Liebe ist und bleibt nunmal die Erste.
Die Erinnerung
So halte ich den Flakon heute noch aus Sentimentalitätsgründen mit rund 15ml in Ehren und scheue mich diesen auf zu brauchen. Zwischenzeitig habe ich im Jahr 2019 eine vermeindliche Reformulierung zugelegt. Heute wo ich wesentlich reifer und viel tiefer im Parfumgame drinnen bin, habe ich die interessante Möglichkeit 2 vermeindlich gleiche Düfte gegenüber zu stellen. Kommen wir also nun zu einer Frage die jeden wissbegierigen Parfumologen unter den Nägeln brennt. Wie performed er heute, im Vergleich zum OG und wie riecht er?
Die Feldstudie
Nun ja was soll ich sagen das Teil war toll in der Performance. 3-4 Spüher reichten aus und der Raum war geflutet. Bei 6 Sprühstößen rümpften die Mitmenschen bereits die Nase, wer hier so penetrant Parfum trug. Ich hatte eine spezielle Erfahrung in den öffentlichen Verkehrsmitteln machen dürfen. Die Intensität der Öle lässt sich sicher auch anhand der Farbe erkennen. Natürlich hatte er viel Zeit sich zu entwickeln und seine goldene Farbe zu intensivieren (25 Jahre um genau zu sein, siehe Foto im Anhang) jedoch war sie seit ich denken kann leicht gelblich. Vergleicht man diese mit den heutigen Chargen sind diese vergleichsweise durchsichtig.
Da es dazumals ja nichts anderes als den OG gab wurde meiner Meinung nach noch viel Wert auf Haltbarkeit und Projektion gelegt, da man die Marke ja etablieren musste. 9 Stunden war also schon drinnen, was für ein EDT ganz gut ist wie ich meine. Davon können manche EDP Konzentrationen gegenwärtig teils träumen, *hust. Ausnahmen bestätigen natürlich auch heute die Regel.
Kommen wir zum Geruchsbild. Ganz so schlimm wie manch befürchten ist der Unterschied Gott sei Dank nicht 😅. Man erkennt auf jeden Fall den Duft zu 95% wieder. Einzig in der Tiefe und Intensität, lässt sich ein Unterschied feststellen. War er früher noch holziger und schwerer in der Lavendelnote, so wirkt er heute etwas frischer und leichter. Ist es also ein komplett anderer Duft? NEIN! Ganz im Gegenteil. Ich denke, dass einem die Erinnerung oft einen Streich spielt, wenn es darum geht, dass Düfte komplett anders rochen.
Die Zukunft
Ich denke es ist an der Zeit vorwärts zu blicken. Die Parfumwelt ist nicht nur schlecht und hat sich in den letzten Jahrzehnten unglaublich weiter entwickelt. Es gibt Düfte von denen ich nie geträumt hätte und bei 100.000en Düften wird selbst der größte Kritiker fündig. Ich habe über all die Jahre so viel neues und schönes entdeckt und lieben gelernt und die Erinnerungen bleibt.
Das Nachwort
In diesem Sinne genießt dieses wundervolle Hobby. Danke Le Mâle Eau de Toilette, dass du mich all die Jahre begleitet hast ❤️.
Danke für deine Ehrlichkeit!