Doctorsdyery

Doctorsdyery

Rezensionen
Doctorsdyery vor 5 Jahren 22 8
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Damage...
ist der Titel eines Dramas von Louis Malle aus dem Jahre 1992.

Die wundervolle Juliette Binoche und der grandiose Jeremy Irons spielen die Hauptrollen in diesem Stück Filmgeschichte der besonderen Art.
Dr. Fleming ist Politiker. Tolles Haus, toller Job, tolle Frau, zwei tolle Kinder.
Dann trifft er auf Anna und es schlagartig vorbei, mit dem vorher so sicher geglaubten, anständigem Leben.

Die beiden beginnen eine Affäre, die keine Grenzen kennt, sie verzehrt, sie verschlingt.

Das Fatale, Anna ist die Freundin seines Sohnes.

Eine Affäre wie diese nimmt niemals ein gutes Ende, man weiß es und trotzdem will man sich in den Strudel saugen lassen, der einen mit aller Macht in die Tiefe zieht.

So ist Black Orchid für mich.

Wie das Verlangen etwas unbedingt haben und spüren zu müssen, ungeachtet aller Konsequenzen.

Einfach leben, einfach nachgeben, die Angst hinter sich lassen, der Lust, der Gier ihren Platz geben..
Es geht um Leidenschaft, Schmerz, um Besitz, um all das Unausgesprochene, das heimlich Vermisste, um Körperlichkeit, Nähe und Distanz.

Schneller Sex in einem Pariser Hinterhof, vielleicht mit dem Gesicht an eine kalte Mauer gepresst ist besser als alles, was man sich in diesem Moment vorstellen könnte.

Anna will sich besitzen lassen und Dr. Fleming will sie besitzen.
Nicht einfach so ein bisschen.
Sondern ganz und gar.
Jetzt, nicht später, nicht im sauberen, duftigen Bett, nein hier! In einer muffigen Toreinfahrt, morgens um 7.

Nicht einfach nur spüren, sondern das Elixier des anderen aufsaugen, seine Seele besitzen.

Dr. Fleming kann nicht widerstehen, will nicht widerstehen.

Das Drama nimmt ein düsteres Ende und seine Frau sagt am Ende nur zu ihm. "Warum hast du dich nicht einfach umgebracht?"

Ja, warum hat er das nicht?
Weil wir menschlich sind. Böse und gut, kalt und weich, alt und jung, schön und hässlich.

Und weil wir manchmal die Kontrolle verlieren müssen, um das Leben wieder zu leben.

Black Orchid stößt mich fasst ein bisschen ab, beim ersten Schnuppern.
Was? Das soll der tolle Tom Ford sein?
Ich rieche alte Kirche, Muff, Keller mit verdörrten Blumen und zucke unweigerlich ein bisschen zurück.

Ich überlege schon, die Notdusche zu aktivieren, doch dann...ja dann erahne ich plötzlich etwas anderes.
Es ist immer noch mächtig, aber doch auch zart und wohlig, als ob es mich beschützen will und mich gleichzeitig in eine fremde, dunkle Welt bringt.

Ich fühle mich irgendwann fast berauscht, machtlos.

Das ist doch eigentlich gar nicht deine Richtung Duft, denke ich.
Und vielleicht bin ich gerade deshalb so angezogen von ihm.
Er bringt das Dunkle, Verborgene zum Vorschein. Ich trage es in mir.

Will ich dem Strudel folgen, der einen unweigerlich in die Tiefe zieht? Meine Seele vergeben? Machtlos sein?

Ich weiß es nicht,

Noch habe ich mir Black Orchid nicht ins Haus geholt. Aber man kann nie wissen....


8 Antworten
Doctorsdyery vor 5 Jahren 45 16
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Anders als alle anderen...
Ein Hauch schwarzer Spitze blitzt unter dem Blazer mit Schulterpolstern hervor. Sie trägt einen Hosenanzug, hat ihren Bob mit Gel gebändigt und roten Lippenstift aufgelegt.

Tagsüber hält sie die Fäden in der Hand. Frauen können alles sein. Chefärztin, Chefin eines Konzernes, Künstlerin. Männer stehen nicht mehr über den Dingen und den Frauen.

Es ist Anfang der Achtziger.

Sie bestimmt was sie trägt, wer sie ist, was sie kann und mit wem sie schläft.
Sie kleidet sich lässig und gleichzeitig elegant und stilvoll. Den Cashmere Rolli den sie im Job trägt, tauscht sie am Abend schnell gegen den Blazer mit Schulterpolstern. Dazu ein paar Ohrclips. Gold, schlicht, edel.

Sie läuft los, in Pumps dem Taxi entgegen.
Im Café angekommen, bestellt sie einen Wein und zündet sich eine Zigarette an. Sie wirkt ein bisschen unnahbar, schön und gleichzeitig kühl.
So ganz anders. ja völlig anders als viele Frauen heute.
Sie denkt nicht über Brustvergrößerung oder Augenbrauen Tattoos nach.
Sie ist so wie sie ist und das macht sie unwiderstehlich.

Ihre Verabredung trifft ein und ist wieder ganz perplex. Diese Frau mach ihn wahnsinnig. Sie lächelt, ein bisschen zaghaft und gleichzeitig herausfordernd.

Sie trägt den Hosenanzug, einen Hauch von schwarzer Spitze und Rive Gauche und sonst nichts.
Der Abend kann beginnen. Wo er endet, wird auch sie bestimmen....

So stelle ich sie mir vor. Die, die damals Rive Gauche getragen hat.

Und insgeheim wünschte ich, ich hätte diese Zeit (bewusst) miterleben dürfen. Gäbe es eine Zeitmaschine, ich würde einen kleinen Ausflug wagen, in diese verlockende Zeit.

Und was hätte Frau damals tragen sollen, wenn nicht Rive Gauche?

Ein Klassiker, den ich heute als immer noch sehr tragbar empfinde. Metallisch zu Beginn und am Ende so wunderbar pudrig, ganz ohne zu kleben.Und trotzdem ganz weich und beschützend. Zeitlos. Wunderbar.
Der Flakon? Besser hätte man es für diesen Duft nicht machen können.

So ganz anders als alle anderen.

Du wirst wohl bei mir einziehen müssen. Dazu vielleicht sogar ein Blazer mit Schulterpolstern... :D

Ich hätte jetzt gerade irgendwie große Lust, die Frau von damals auferstehen zu lassen und sie gegen Einheitsbrei, Schönheitswahn und Influencer zu tauschen. Es wäre mal wieder an der Zeit...




16 Antworten