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vor 8 Jahren - 03.04.2016
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Der Elefant auf dem roten Teppich und weitere kleine Ueberraschungen - Esxence 2016 Teil 2

Nach meiner gestrigen Ruhepause war ich wieder aufnahmefaehig und heute Morgen nach 6 Stunden Schlaf fuehle ich mich auch ausreichend frisch, um weiter von meinem Besuch auf der Esxence zu erzaehlen. Nicht dass sich meine Eindruecke im Schlaf von alleine geordnet haetten, nein sogar ein Elefant ist noch hinzugekommen und noch dazu auf einem roten Teppich...Also erst einmal der Reihe nach: Nach meinem Besuch bei JUL ET MAD hatte ich mir vorgenomen, zu drei italienischen Newcomern zu gehen, deren Namen ich gleich vorwegnehmen moechte: - EGOFACTO - NASO DI RAZA - DIARIO OLFATTIVO, aber mir kam oben besagter Elefant auf dem roten Teppich dazwischen und zwar in Form von MARIA CANDIDA GENTILE. Die Italienerin ist dem grossen Publikum nicht bekannt, selbst in Ihrem Heimatland Italien nicht, hat aber dennoch eine eingeschworene Fangemeinde, auch hier auf Parfumo. Der wohl bekannteste Ihrer Duefte ist Barry Lyndon und jetzt werden viele denken, aaah die ist das. Genau, Maria Candida hat mit Barry Lyndon einen wirklich fremd- und einzigartigen Duft kreiert, der Parfumliebhaber polarisiert. Er wird wegen seiner krautig-aromatisch-trockenen Ausstrahlung entweder geliebt oder eben deswegen abgelehnt. Fuer eine Erweiterung des eigenen Dufthorizontes und eine neue Dufterfahrung ist er auf jeden Fall immer gut. Auf meine Frage nach neuen Dueften bekam ich dann die neueste Kreation vorgestellt "Elephant & Roses". Man erklaerte mir, dass MARIA CANDIDA GENTILE mit diesem Duft das Bild eines Elefanten, der ueber einen langen Red Carpet laeuft, olfaktorisch umsetzen wollte. Hauptduftnoten dieser neuen Kreation sind Animalische Duftnoten im Zusammenspiel mit der Rose. Und der Duft sei unter den diesjaehrigen Finalisten des Art and Olfaction Awards in Los Angeles. Auf die Frage, ob man mir den Duft aufspruehen duerfe, habe ich mit "no grazie" geantwortet und auch hier habe ich zur Strafe eine 3 ml Spruehprobe in die Hand gedrueckt bekommen. Gestern Nacht war ich dann nahe dran, mit besagtem Elefanten ins Bett zu gehen, habe dann aber im letzten Moment doch darauf verzichtet. Nach diesem animalischen Exkurs wollte ich nun endlich zu "meinen" italienischen Newcomern. Als erstes stand EGOFACTO auf der Liste. Mit dem Grossen Latein in der Tasche (aber mit ach und krach, zugegeben) dachte ich mir noch, schoener Name, ein Italiener, der zu verstehen geben will, dass er seine eigenen Duefte herstellt und schon betrat ich den Stand von EGOFACTO mit einem freundlichen "Buongiorno". "Bonjour" kam es von einem Mann mittleren Alters zurueck. Ueberraschung, auch Franzoesisch hat lateinische Wurzeln. Der Mann stellte sich als Pierre Aulas vor und arbeitet als freie Nase fuer Labels wie Mugler, Chloé, Balenciaga...2010 lancierte er dann seine eigene Linie, eben EGOFACTO mit ausdrucksstarken Unisex-Dueften wie Queen of Amber, King of Rose und Ginger Kahn. Das Gespraech verlief sehr angenehm, aber marketingmaessig mit den ueblichen Platitueden von starken Frauen und Maennern, die durch den Duft ihrem Umfeld mitteilen wollen, welche Individualisten sie sind. Also weiter zu den italienischen Parfumherstellern, da geht's bodenstaendiger zu, mehr Gefuehle, mehr Emotionen, mehr Herzblut. Waehrend di Staende der bekannten Parfumhaeuser meist gut besucht sind, so geht es bei den kleinen unbekannten haeufig recht ruhig zu. Das sieht dann so aus, dass am Stand eine Person in der linken ein Smartphone haelt und telefoniert, waehrend die rechte Hand die ausgestellten Flakons zurechtrueckt; oder die andere Version linke Hand Smartphone, rechte Hand rueckt diesmal Broschueren zurecht. Und gleichzeitig wird versucht, mit den Personen, die am Stand vorbeilaufen Blickkontakt herzustellen. Wenn das 'mal kein Multitasking ist! Sobald der Blickkontakt hergestellt ist, laeuft es immer folgendermassen ab. Die Person am Stand spricht ein "Ti devo lasciare (ich muss Schluss machen)" ins Smartphone, steht auf, laechelt einen an und faengt ein Gespraech an. Die laufen allerdings ganz anders ab, als die vom Marketing erfundenen Verkaufsslogans, viel persoenlicher. Da bekommt man erzaehlt, wie die Idee geboren wurde, Duefte zu kreieren, von den Erlebnissen, die den jeweiligen Parfums zugrunde liegen. Das sind fuer mich immer die interessantesten Momente. Wenn ich dann gezielte Fragen stelle, bekomme ich immer ganz ausfuehrliche Erlaerungen mit viel Herzblut. Das war auch bei Signora Cavallin von NASO DI RAZA so. Die Roemerin erzaehlte mir, dass sie 2012 mit einigen Freunden beschlossen hatte, eigene Parfuems herstellen zu lassen. Die ersten 6 Duefte (Fin du Passé, Aqua Maris, La Chaise Vide, Ask me No More, Cyrano, Than White) wurden von Fachleuten in Grasse kreiert, werden aber in Italien produziert. Und wie man es von Italienern nicht anders erwartet, wird auf das Packaging besonderen Wert gelegt. Dazu bediente man sich der Hilfe des franzoesischen Street Artisten Bernard François. Herausgekommen sind sehr schoene geradlinige Flakons mit Kappen, die uebersaet sind mit farblich genau aufeinander abgestimmten Farben (wie sollte es anders sein) im Stil des Action Paintings von Jackson Pollock. Und jetzt zu Simone Andreoli. Simone ist im Gegensatz zum Deutschen, ein maennlicher Vorname. Dahinter steckt ein junger Mann, der mit seinen 23 Jahren die juengste Nase Italiens ist. Er hat ziemlichen Eindruck auf mich gemacht, sowohl persoenlich, als auch mit seinen Dueften. Simone erweckt durch sein aeusseres Erscheinungsbild leicht den Eindruck einer schuechternen Person, wenn er aber von seiner Taetigkeit erzaehlt, wird man unverzueglich eines Besseren belehrt. Seine Geschichte als Nase begann mit einer Reise seiner Eltern in die Provençe. Bei einem Besuch bei einem dortigen Parfumhersteller kam die Gewissheit ueber ihn, dass seine Zukunft im Parfum sein wuerde. Ich wollte gerade schreiben "seine berufliche Zukunft", was das Ganze aber nur teilweise treffen wuerde. Duefte sind fuer Simone Leidenschaft, die er zum Beruf gemacht hat. Er hat eine kleine (ABER FEINSTE) Linie von Dueften geschaffen, die er Diario Olfattivo nennt und denen jeweils Eindruecke von seinen Reisen zugrunde liegen: - Business Man - Scent of London - Deep Island - Scent of Miyashima - Sentosa - Scent of Singapore - Camouflage - Scent of Dubai - Silenzio - Scent f Love und seine neueste Kreation - Moorea - Scent of Polynesia Beeindruckt war ich vor allem von Business Man, einem fruechtig-gruenen Duft, bei dem er Grapefrucht, scharze Johannisbeere, Cassisblaetter, geschnittenes Gras und Vetiver eingesetzt hat. Das Ergebnis habe ich assoziiert mit einer wuerzigen Fleur de Liane mit fruchtig-frischem Anklang. Und der Duft haelt und haelt. Bravo Simone. So ich bin am Ende meiner Schilderung. Sicher wird der eine oder andere denken, was das war alles und was ist mit den Dueften selbst? Mir war es mit diesem Beitrag ein Anliegen, in erster Linie die Atmosphaere auf der Esxence zu beschreiben, um allen, die nicht da waren einen Eindruck zu geben von diesem Ereignis. Ich wollte durch meine Worten versuchen, mit allen den wunderschoenen Tag zu teilen, den ich gestern auf der Esxence verbracht habe. In den kommenden Tagen und Wochen werde ich dann versuchen, einige Duefte zu kommentieren. Ci vediamo a L'Esxence Milano 2017:)
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