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vor 7 Jahren - 25.03.2017
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​Esxence 2017: Kamasutra fuer die Nase - Teil 1

Es ist Samstag Abend, meine Fuesse sind ko, meine Nase sowieso und ich fuehle mich gleichzeitig muede und aufgekrazt. Der Grund dafuer ist schnell erklaert: ich war heute zum dritten Mal auf der Esxence, die jedes Jahr im Fruehling im Zentrum Mailands stattfindet. Von meiner Wahlheimat bin ich es zwar gewoehnt, das ganze Jahr ueber modisch gekleidete und gut aussehende Menschen zu sehen, auf der Esxence gibt es das dann nochmals in geballter Form. Schon beim Betreten der Messehalle empfaengt einen eine Atmosphaere aus gediegener Gelassenheit gepaart mit einer gewissen Geschaeftigkeit, die aber nie in hektisches Getuemmel umschlaegt. An allen Staenden wird man mit einem freundlichen Laecheln begruesst und wenn der jeweilige Ansprechpartner mitgekriegt hat, dass man nicht nur ein Besucher ist dessen erstes Ziel es ist, moeglichst viele Proebchen abzustauben, werden einem Tuer und Tor, sprich saemtliche Duftflakons geoeffnet. Und genau das ist jedes Jahr mein Dilemma; welche Duefte teste ich nur auf dem Papierstreifen? Und welche duerfen auf die Haut? Ueberhaupt ist die Esxence ein riesiger Jahrmarkt der Eitelkeiten, der es nicht erlaubt, eine vollstaendige Zusammenfassung alles Gesehenen und Gerochenen zu schreiben. Deshalb will ich es auch gar nicht versuchen, das wuerde nicht klappen. Vielmehr moechte ich einfach meine Eindruecke niederschreiben um dem ein oder anderen von Euch Lust zu machen, im naechsten Jahr selbst dabei zu sein. Auch vermeide ich bewusst, naeher auf einzelne Duefte einzugehen, weil ich dazu heute nicht mehr in der Lage bin. Obwohl ich versucht habe, mit dem Testen auf der Haut zurueckhaltend zu sein, kriege ich hier beim Schriben staendig Duftwolken von Weihrauch und Bitterschokolade und von Ingwer und Sandelholz um die Nase gehauen.

Meine erste Anlaufstelle war Ramòn Molvizar von dessen Duft "Black Cube" ich ein Fan bin und den ich auch selbst besitze. Auch diesmal war der junge Spanier vom letzten Jahr wieder da und hat mich gleich erkannt. Natuerlich habe ich ihm meinen Kommentar zu "Black Cube" und the very good rating gezeigt. Dafuer hat er sich prompt mit zwei Proben aus dem Hause Molvizar bedankt. Eine davon ist "Precious", ein Duft, der mich anfaenglich verwirrt, aber nach kurzer Zeit begeistert hat. Precious oeffnet mit einer Kopfnote von der ich nicht haette sagen koennen, ob ich sie als frisch oder aquatisch-blumig empfinde. Bergamotte und Ingwer sowie Rose und Wasserblumen sind an dieser meiner Verwirrung schuld. Die zweite Probe heisst schlichtweg "M" und ist eine Sonderedition. Mehr kann ich im Moment nicht dazu sagen, da ich ihn noch nicht getestet habe. Dafuer will ich meine Nase einfach noch etwas von ihrem Erregungslevel runterkommen lassen, um ""M" die ihm gebuehrende Achtung zu erweisen.

Ein weiterer mir zumindest vom Namen her vertrauter Stand war der von Franck Boclet. Mit der Namensvertrautheit endet aber auch schon mein Wissen um die Boclet Duefte. Bis heute hatte ich noch keinen einzigen Duft aus diesem Hause getestet. Vergangenes Jahr war ich vom Lesen einiger Kommentare zu "Fir Balsam" auf diesen Duft aufmerksam geworden und da mir harzig-wuerzige Duefte gefallen, hatte ich auch versucht, diesen Duft zu testen. Zuerst habe ich so ziemlich alle Nischenparfuemerien in Mailand abgegrast, allerdings ohne Erfolg und als ich dann selbst uebers Internet nichts Brauchbares ueber

"Fir Balsam" finden konnte, war mein "Jetzt-Gerade-Jagdinstinkt" geweckt. Und heute war es dann endlich soweit. Der Duft ist sehr harzig-tannennadelig, erinnert mich stark an "Mazzolari" von Mazzolari. Waehrend letzterer brachial tannennadelig ist, finde ich "Fir Balsam" viel feingliedriger, weniger brachial, ja fast cremig. Auch seine Ausstrahlung ist bei weitem weniger raumfuellend als die von "Mazzolari".

Ein besonders interessantes Gespraech hatte ich mit Mariangela am Stand von UNUM. Mariangela stand mitten auf dem Gang vor ihrem Stand vor dem ich stehengeblieben war und mit grossem Interesse anstarrte. Auf dem schwebte naemlich ueber Kopfhoehe eine aus Krepppapier gemachte schwarze Wolke (die sich dann im Laufe unseres Gespraechs als Meteorit herausstellte). Ueberhaupt war auf diesem Stand alles schwarz. Auch die dort arbeitenden zwei Maedels und Jungs. Allerdings waren sie nicht "normal" schwarz gekleidet, sondern hatten alle die gleiche Art Soutane an, wechselweise kombiniert mit schwarzen Turbanen im langen Haar (die Jungs) oder mit extrem ins Auge springenden dickrandigen schwarzen Brillen (die Maedels). Und wegen dieser Outfits war ich vor dem Stand stehen geblieben und bin so mit Mariangela ins Gespraech gekommen. Sie erklaerte mir, dass die Soutanen eine Hommage an den grossen italienischen Fotografen Mario Giacomelli seien. Giacomelli war spezialisiert auf Fotographien von Priestern und Moenchen, bekannt sind vor allem seine Bilder von Ringelreihen tanzenden Priestern in schwarzen Soutanen. Und genau diesem Kosmos ist der neueste UNUM-Duft gewidmet. Sein Name ist:

"Io non ho mani che mi accarezzino il volto" (Ich habe niemanden der mir mit seinen Fingern das Gesicht streichelt). Ein wirklich sakraler Duft, der einen unweigerlich an eine Messe denken laesst, durch Myrrhe und Weihrauch sehr geheimnisvoll wirkt, aber durch zitrische und holzige Noten aufgehellt wird. Fuer mich eine ENTDECKUNG. Ich stelle mir dabei vor, wie mich jemand fragt: Oh Du hast heute aber einen guten Duft aufgelegt, was ist das? Und ich antworte "Io non ho mani che mi accarezzino il volto".

An diesem Punkt fangen meine heute gesammelten Eindruecke an, abzudriften und ich merke, dass die Muedigkeit ueberhand nimmt. Also will ich nur noch schnell "Teil 1" hinter meinen Titel schreiben und der Rest kommt morgen.

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