Fisherman

Fisherman

Rezensionen
Fisherman vor 2 Jahren 20 5
8
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Eigentlich sollte es nur ein Statement werden
Welches ungefähr lauten sollte wie folgt:

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Gong Fu am Tabakfeuer, Dimensionsschwaden.

Mondnes Glimmen ruht in meiner Tasse,

ihr Grund Mantisches flüsternd,

Und Sterne sind mir auch nur Gäste



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Mein Statement war ein Versuch die Grundstimmung des Duftes einzufangen, denn es ist schwer in Worte zu fassen was genau mich an diesem Duft eigentlich begeistert. Es ist so als ob die (meisten?) bisherigen Düfte, so komplex und Räumlich sie in ihrer Struktur auch waren, immer nur die Geometrische Skizze eines Raumes waren, welche man nicht betreten sondern nur betrachten konnte. Das ist mit diesem hier anders, das hier ist keine Skizze, sondern lebendiger bzw gelebter Raum, welchen man durchlaufen, betrachten und letztlich bewundern kann. Hervorragend.

Zum Duft selbst:

Dieser Lapsang Souchong wurde nur kurz über Holz geräuchert, dafür aber umso länger über Tabak, und wird gereicht mit Honigbegossenen Rosinen, die es aber (noch) nicht schaffen die Tabak- und Teearomen zu überschatten, schön!

Wie bei einem guten Lapsan Souchong üblich ist die Rauchigkeit eher dezent in das Gesamtgeschehen eingebunden und fungiert, zusammen mit dem Tabak, als leichter Kontrast und damit Kante zum aromatisch-süßen Teil des Duftes.
Der eher feuchte, wenn auch zuweilen trocken auftretende Tabak trägt außerdem einen nicht unerheblichen Teil zu der Würzigkeit des Tees bei.

So verbleibt der Duft für gute 4-5 Stunden.

Erst nach vielleicht 6-8 Stunden dominiert der durchaus leicht fruchtig anmutende Rosinenhonig, wobei er den genannten Protagonisten aber weiterhin Raum lässt, wenn auch der Rauch mittlerweile sehr in den Hintergrund gerückt ist.




Ebenfalls weit im Hintergrund lässt sich, wirklich nur selten (d.h. nicht durchgehend) und nicht einmal deutlich, „Maggi“ erahnen. Auch erinnert mich das olfaktorische Hintegrundrauschen im späten Verlauf zwischenzeitlich an Betaisodona Salbe, falls die jemand kennt – passt ja auch farblich sehr gut :P Von alledem bitte nicht abschrecken lassen, es ist kein Salben oder Maggiduft, sondern ganz klar ein Tee-Tabakduft mit harmonierender Rauchigkeit, das möchte ich unbedingt betonen. Der Tee ist hierbei für mich die prägende Note des Duftes.


Die Sillage ist - mit zwei kleinen Tupfern wohlbemerkt! - in den ersten 4-5 Stunden sehr gut Wahrnehmbar aber nie störend, flacht danach kontinuierlich ab und ist danach immer mal wieder in Wellen wahrnehmbar. Auf der Haut hält der Duft sich an mir über 20+ Stunden.

Zusammenfassend lässt sich sagen das ich von diesem Duft wirklich begeistert bin, nicht etwa weil er so unheimlich komplex und/oder wandelbar wäre, sondern weil er in seiner Art, und damit seinem Wirken auf mich, so besonders ist. Aber bitte aufpassen bei weißer Kleidung ;) Das gibt Flecken.

Für alle Interessierten, und weil es der erste Kommentar zu diesem Duft ist, folgt nun eine kleine, thematisch passende Exkursion in die Welt des Tees.

Was ist Lapsang Souchong?

Mit Lapsang Souchong wird ein Schwarztee aus China bezeichnet, welcher aus der Region Fujian, genauer aus dem dortigen Wuyi-Gebirge im Nordwesten stammt.

Die noch grünen Blätter werden zunächst, wie bei der Produktion von Schwarztee üblich, gerollt. Hierdurch werden die Zellwände des Teeblatts aufgebrochen, sodass der Pflanzensaft mit dem Luftsauerstoff in Kontakt kommen kann, was zur Oxidation des Saftes und damit zur Schwärzung der Blätter führt. Hiernach werden die Blätter in der Sonne getrocknet.

Zu Lapsang Souchong wird der Tee durch die anschließende Räucherung über Holz. Über welchem Holz, wie lange und wie viel Rauch er überhaupt abbekommen muss ist nicht festgelegt, somit existieren unzählige, geschmackliche Variationen.

Und was ist Gong Fu?

Gong Fu bezeichnet eine Art der Chinesischen Teezeremonie, Auch hier gibt es, trotz einem eigentlich fest geregelten, traditionellen Ablauf unzählige Variationen, welche sich praktisch von Familie zu Familie unterscheiden. Weitere Erklärungen würden den Rahmen (noch weiter?) sprengen, aber Praktisch allen gemein dürfte der Beginn der Zeremonie sein, nämlich das Auswaschen und damit erwärmen der Teetassen vor der Benutzung, sowie das reihum Eingießen in dieselben (welches ebenfalls eigenen Regeln folgt) und das nur kurze, dafür aber mehrmalige Aufgießen des Tees, was dazu führt dass jede Tasse eine andere bzw. neue aromatische Facette des Tees hervorbringt und betont.

Noch etwas interessantes zum Teegeschirr

Liebhaber benutzen heute vor allem Kannen aus Ton, wobei spezifische Tonarten bzw. die daraus gefertigten Kannen gezielt für die darin aufzubrühende Teesorte ausgesucht werden, und in der Folge meist auch nur für diese eine Sorte verwendet werden. So kann unglasierter Ton über Jahre hinweg eine Teepatina ansetzen (was dem Geschmack zugute kommen kann), aber auch durch seine Eigenschaften wie zB Grobporigkeit, Brennmethode, Eisengehalt usw. auch ganz direkt den Geschmack eines Tees beeinflussen und verbessern, indem er unter anderem Bitterstoffe neutralisiert.

Letztlich möchte ich euch ans Herz legen zumindest eines von beidem zu testen, entweder diesen Duft oder eine Tasse Lapsang Souchong, denn beides ist eine Erfahrung die es sich zu machen lohnt.

Ich wünsch euch was!
5 Antworten
Fisherman vor 3 Jahren 7 5
9
Duft
Mein erster Vetiver
Über Vetiver wusste ich zuvor nur das es "Grün" riecht, eine sehr differenzierte Vorstellung, ich weiß! Aber wie es manch einmal so ist reichten schon einige, nur durch die Idee von "Grün" hervorgerufene Assoziationen um mich den Duft gar nicht erst testen lassen zu wollen. Doch es kam wie es kommen musste, und eine Probe von Rojas Vetiver landetet in meinem Heim. Wer kennt es nicht?

Also aufgesprüht und zurückgeschreckt! Man ist der GRÜN (wer hätte das gedacht...)! Das bleibt auch so, und damit ist der Duft in den ersten 20 Minuten für mich wirklich extrem unangenehm, was mich fast dazu gebracht hat ihn abzuwaschen (ich bin da sehr empfindlich). Aber was nach dieser grünen Vetiverbombe kommt, ist wirklich ganz wunderbar: Die äußert differenziert wahrnehmbare Vetivernote steht ganz klar im Mittelpunkt , und wird von einer frischen, ebenso natürlichen Zitrone und einer angenehmen Süße umrahmt.

Die Zitrone gibt dem Vetiver die benötigte Frische, während die Süße die erdigen Noten des Vetiver ausgleicht, ohne sie jedoch vollständig übertünchen zu wollen; eine wirklich extrem runde Sache und so wohl auch für Leute tragbar, die eigentlich eher kein Vetiver mögen. Im weiteren Duftverlauf ändert sich der Duft wenig; nach gut 2-3 Stunden klingt die Zitrusnote soweit ab, das man sie nicht mehr bewusst wahrnehmen kann. Fernab im Hintergrund jedoch lockert sie den Vetiver weiterhin ausreichend auf. Auch die schon erwähnte Süße wird etwas zurückhaltender, aber bleibt uns über den gesamten Duftverlauf hinweg erhalten.

Und so verbleibt der Duft, mit einer merklichen Sillage für gute 4-5 Stunden. Beachten sollte man jedoch, das er noch lange und deutlich in Hautnähe zu riechen ist. Das bedeutet, wenn ihr euch am Morgen für diesen Vetiver entscheidet, ihr ebenso am Mittag bzw. Abends einen Vetiverduft aufsprühen solltet, da ansonsten die Gefahr besteht das der darauffolgende Duft (einer anderen Duftart) verfälscht wird. Aber eine Dusche tut es natürlich auch :)

Mein erster Vetiver war also eine gute Erfahrung, und wer Vetiver liebt der wird an diesem Roja sicherlich eine große Freude haben.
5 Antworten
Fisherman vor 3 Jahren 15 2
9.5
Duft
Was Tom Fords Tobacco Vanille gerne sein würde
Wer von Tom Fords Interpretation des Vanilletabaks enttäuscht wurde, für den ist Enigma eine testenswerte Alternative! Aber beginnen wir doch am besten beim Anfang, das macht Sinn. Oder?

"DAS nenne ich Tabak!" waren wohl meine ersten Worte, nachdem ich beinahe sofort nach dem Aufsprühen von Enigma an meiner Arm Roch (ich kann es nun mal nicht lassen). Seltsam eigentlich, denn recht schnell wird aus dem extrem authentischen, nassen Tabakblatt eine wunderbare Colanote. Warum denn wunderbar? Weil man hier nicht etwa die schwarze "Plörre" aus dem Supermarkt in die Nase geweht bekommt, sondern eine mit frischen, hochwertigen Zutaten hausgemachte Variante des weltweit beliebten Softdrinks. Besonders die sehr authentisch daherkommende Vanille wie auch der lecker zu riechende Cognac tragen ihren Teil zu diesem Gesamteindruck bei. Dieser Cola artige Zustand des Duftes hält bei mir gute 15-20 Minuten an, denn dann lässt sich wieder das, immer noch relativ feuchte, Tabakblatt blicken in welches die nun deutlicher zu vernehmende Vanille eingerollt wurde. Zusammen geben unsere beiden Protagonisten eine wahrlich beachtliche Vorstellung, welche Tom Fords Tobacco Vanille als Laiendarsteller enttarnt. Der Cognac ist derweil für das Bühnenbild verantwortlich, befindet sich also, wenn auch deutlich wahrnehmbar, im Hintergrund.

Diese drei äußerst authentischen Noten werden von einer - für mich stark im Hintergrund liegenden - brausigen Note begleitet, welche (erst Stunden nach dem aufsprühen) eine kohlensäureartige Eigenschaft dazugewinnt; es prickelt! Für mich ein Novum. Im weiteren Verlauf wechseln sich Tabak und Vanille in der dominante Note gerne ab; jedoch tritt die durch das Tabakblatt leicht würzige und zugleich cremige Vanille nach ein paar Stunden in den Vordergrund. Die wahrscheinlich durch die Vanille (und in Teilen dem Cognac) begründetet Süße wird jedoch im gesamten Duftverlauf nie überschwänglich oder gar nervend, sie bleibt kunstvoll verwoben und ist absolut Passend.

Die Haltbarkeit und Sillage ist noch in Ordnung, auch wenn im Verlauf von 4-5 Stunden immer mal wieder etwas von unserem enigmatischen Vanilletabak durch die Luft wabert überzeugt mich seine Sillage und Haltbarkeit nicht vollends.

Nun bleibt noch die immer gleiche und damit scheinbar immer wichtige Frage zu klären: Ist Enigma seinen Preis wert? Das ist für mich immer so eine Sache. Man kauft hier ganz offensichtlich Luxus: Der Flakon ist von Hand poliert, der Deckel vergoldet und die Inhaltsstoffe exquisit. Das spiegelt sich selbstverständlich im Preis wieder, welchen ich für das gebotene angemessen finde.

Am Ende des Tages ist jedes Parfum Luxus, die einen nur etwas mehr als die anderen und gut riechen, das tun viele, und das sogar ganz unabhängig von Preis und Prestige :)

Vielen Dank für das Lesen meines Kommentars!
2 Antworten
Fisherman vor 4 Jahren 11 5
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
6
Duft
"112, Was ist ihr Notfall?" Hilfe, mein Pferd hat sich in der Zuckerwatte verfangen...

....und zertrampelt mir meine imaginären Blutorangen! "Soll das ein Scherz sein?" Ich wünschte es wäre so...

Und damit ein herzliches Willkommen zu meinem ersten Kommentar. Wollen wir anfangen? Ja? Schön! :) Na dann mal los:

Ausgetrocknete Blutorange, ordentlich Pfeffer und Süße/kaum Süße (je nachdem wen man fragt). Diese Idee hatte ich von Kalan, nachdem ich einige Kommentare und Statements gelesen hatte und mich schon auf einen sommertauglichen, herbfruchtigen Duft mit Einschlägen von aromatischem Pfeffer gefreut hatte. Was dann in Form eines Sharinganteils bei mir ankam war so ziemlich das Gegenteil von einem Sommerduft, es sei denn man verbringt seinen Sommer auf dem Rummel neben der Zuckerwattemaschine.

Aber zunächst zu der Kopfnote, kurz nach dem Aufsprühen: Autsch! :) Und auf den Schmerz folgten sogleich 2 Nieser, wer jetzt aber denkt "das muss aber ein authentischer Pfeffer sein!" hat nur zur Hälfte recht; er reizt die Nase auf genau die selbe Art und Weise wie sein frisch gemahlener (Halb)bruder. Nur leider fehlt ihm jede Aromatische Note die normalerweise mit dem beißenden Charakter des Pfeffers einhergeht. Macht ja nichts! Denn kurz nach dem Aufsprühen sind die meisten Düfte für meine Nase einfach nur ein wildes Drunter und Drüber dass mir sagen möchte "Lass mich! Ich bin noch nicht fertig!"

Also wartet Fishermen geduldig eine (hibbelige weil von Vorfreude geprägte) Minute, riecht noch einmal an ihm und riecht... Ja, was riecht er denn nu? Kann das sein? Na, mein Riechkolben wird mich ja wohl kaum anlügen? Es ist Karamellisierter Zucker! Aber wo ist denn meine Blutorange? Weitere Minuten vergingen, und der Karamellisierte Zucker wird runder, und runder...und da ist sie! Die Zuckerwatte! Warte, was?

...Man kann sich mein Überraschtes und durchaus enttäuschtes Gesicht sicherlich vorstellen. Aber vielleicht lügt meine Nase mich ja doch an? Ich roch noch genauer hin....konzentrierte mich noch ein wenig mehr und....Aha! Nein doch nicht...oder? Ich denke man könnte die Zuckerwatte auch als gezuckerte Blutorange interpretieren, nur leider wehrt sich mein Hirn vehement gegen diese Interpretation, ich kann die Blutorange auch weiterhin nur erahnen, wie eines dieser Kippbilder bei denen man sich das Bild nur anders denken muss und schon sieht man etwas vollkommen anderes, nur leider kippt das Bild nicht, so sehr ich es auch versuche.
Was bleibt ist eine authentische Zuckerwatte, welche von karamellisiertem Zucker und einem leichten "Pfeffer" komplementiert wird welche mir, als das was sie ist, durchaus gefällt, und das sage ich als jemand der eigentlich kein Anhänger von süßen Düften ist. Vielleicht liegt es daran das Kalan nicht unbedingt eine klassische Süße besitzt, eigentlich kaum, er riecht nur nach einer sehr authentischen Zuckerwatte, welche durch "Pfeffer" und Karamell (ironisch, ich weiß) herber, auf gewisse Art reifer gemacht wurde. Sozusagen eine Zuckerwatte welche die Pubertät schon hinter sich hat ;)

Kalan ist zum Glück kein Pferdchen; er hält an mir gute 6 Stunden und Projiziert doch recht ordentlich, somit ist mein für mich festgelegtes Mindestmaß (ca. 5 Stunden) an Haltbarkeit bei einem Duft in dieser Preisklasse (~100€+) überschritten.
Tragen würde ich Kalan allerdings nicht, zum einen weil mir der Duft an sich zu eindimensional Zuckerwattig und damit teuer ist, zum anderen weil ich nicht nach Zuckerwatte riechen möchte (auch nicht nach der Erwachsenenversion). Für diejenigen denen es wichtig ist: Dennoch halte ich Kalan für einen Unisex Duft den ein jeder Mensch in jedem Alter tragen kann , wenn er denn möchte.

Und am Ende gilt wie immer: Abfüllung bestellen und selber testen! 1ml reicht hierfür und das Leben ist zu Kurz um sich durch Kommentare von einem Duft abbringen zu lassen, wer weiss welche Erfahrung und ggf. Offenbarung euch entgeht!

Ich wünsche euch viel Spaß beim Erduften,
Fisherman (für Preisauskünfte bezüglich meiner imaginären BIO Blutorangen PM an mich)
5 Antworten