Gemalinde

Gemalinde

Rezensionen
Gemalinde vor 3 Jahren 33 14
8
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Une ménage á trois sur la plage - der weiße Hai, die Galionsfigur und ich
Welch skurrile Erfahrung. In meiner Vorstellung: abscheulich, widerwärtig, schrecklich - schrecklich peinlich, daran Gefallen finden zu können oder es gar zu genießen. Das darf man doch niemandem erzählen.

Ich kann nicht schlafen. Es ist unheimlich hell. Die Mitternachtssonne strahlt zehntausend Kelvin kühl.
Einsam laufe ich barfuß am Strand. Meine Schultern sind schützend hochgezogen, denn es ist ziemlich frisch hier und irgendwie habe ich ein banges Gefühl in der Magengrube. Mein Herz pocht laut. Ich gehe schneller.

Ein tiefer Atemzug füllt meine Nase mit pudrig trockenem Kalk und holt mich zurück auf den Boden der sandig gemahlenen, vom Salzwasser sauber gespülten Muscheln. Der Strand ist karg. Ein paar angespülter uralter, in der Sonne silbrig grau schimmernder Baumstammleichen tummeln sich hier, sammeln sich dort.

Ein paar Schritte weiter schwappt etwas mir undefinierbares, jedoch auffälliges im Wasser und möchte mithilfe der Wellen stranden. Neugierig gehe ich mitsamt meiner Klamotten ins Meer und darauf zu.

Das Wasser steigt mir in den Schritt.

Ich bleibe vor der hölzernen Figur stehen. Eine Galionsfigur, changierend, fast matt weiß von all dem Kalk. Ein paar blutrote rostige metallene Stellen. Sie fühlt sich wunderschön sanft und anschmiegsam unter meinen nassen absuchenden Fingerkuppen an. Ich geselle mich zu ihr und plantsche ein wenig um sie herum. Meine Klamotten saugen sich voll und werden schwer. Ich befreie mich davon und spüre nun mehr von der Patina auf der geheimnisvollen Galionsfigur. Sie ist auf intressante Art stimulierend. Unbeschreiblich. Sogar ein wenig furchterregend. Mein Herz schlägt wieder laut, raubt mir fast den Atem. Angst in meinen Adern stellt jedes Härchen auf. Ich flüchte auf die hölzerne Figur und treibe vor mich hin. Den Blick fokussiert in die Tiefe des leicht milchigen Wassers gerichtet. Ein Ungeheuer kreist langsam um uns herum, kommt näher. Näher. Wird größer. Näher. Im Rausch meiner Angst scheint das Tier beinahe zahm. Streift meine nackte Haut. Zeigt mir keine Zähne. Nur die kalten leeren Augen. Ich stelle mir vor, es ist ein Gott aus der griechischen Mythologie, in der Gestalt eines Hais, der mich hier und jetzt durchnehmen möchte wie es sich für so einen Gott aus der Unterwelt gehört.

Welch interessante Kombination. Die Galionsfigur, mein Körper und der Hai. Ich werde abgestoßen, angezogen. In Wellen. Sanft hingeführt und weggeschlagen. Möchte weglaufen und doch noch ein bisschen. Fast unerträglich und zuwider je tiefer und intensiver, ich es in mich aufsauge. Und vollständig wieder ausatme.

Nach ein paar Stunden des Fieberwahns, finde ich mich bäuchlings im feuchten Sand. Meine Nase fast eingegraben, inhaliert die Kälte des Muschelkalks. Salzige Strähnen laufen meine Wange, entlang der aufgeplatzten Lippen dicklich rot in meinen halboffenen Mund. Alles kribbelt. Ich will hier weg.
14 Antworten