Genesis666

Genesis666

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 12
Genesis666 vor 14 Tagen 24 9
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Mein AHA(B)-Moment.
Ich bekenne mich schuldig. Schuldig des viel zu frühen Verurteilens dieses Duftes.
Aber ich fange mal so an. Ich kaufe nichts mehr Blind – Punkt. Ich bin mittlerweile so oft auf die Fresse geflogen, was das Thema Blind Buys angeht und irgendwann hielt ich es für sinnvoll mir Einsteins Zitat: „Die Definition von Wahnsinn ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ zu Herzen zu nehmen und grundsätzlich vorher zu testen, wenngleich dies auch die Gefahr birgt, aufgrund immer häufiger werdender, starker Limitierungen keinen Flakon mehr kaufen zu können.

Bei Adams letzten Releases war ehrlich gesagt nicht viel für mich dabei aber da ich von Animalika schon seit Beginn meiner Passion für Düfte fasziniert war, musste ich die gesamte Musk Collection zumindest testen.

Nun testete ich also „Creme de la Creme“ und war sprachlos… sprachlos weil es so langweilig roch. Irgendwie überwürzt, irgendwie cremig und irgendwie nach Knete und ich rede hier nicht umgangssprachlich von der physischen Art unseres Hauptzahlungsmittels sondern nach der Sorte Knete, aus der Kinder merkwürdige Figuren bauen und man sich darüber aufregt, dass es scheinbar nicht möglich ist, die einzelnen Farben einfach mal NICHT zu einem grauen Klumpen zu vermischen. Wie dem auch sei, ich mochte ihn nicht sonderlich und legte das Sample mehr als unbeeindruckt zur Seite. Ein paar Tage später, ich wollte eigentlich Cuirtis aufsprühen, griff ich offenbar zur falschen Probe und dieselte mich komplett ein. „Wow, Cuirtis ist super aber ganz anders als erwartet“. Als ich den kleinen Zerstäuber zurückstellte ähnelte mein Blick wahrscheinlich kurz dem kleinen „we are going to Disneyland“ Mädchen auf dem Auto-Rücksitz (JEDER KENNTS).

Es war CC. Ich war total geflashed. Wie konnte es sein, dass ich den Duft auf einmal so positiv wahrnahm? Klar, noch immer würziges Opening, leichter Pfeffer, etwas Muskat und Salbei aber gleichzeitig befand ich mich in der schönsten Ambra-Oud Wolke, die ich je gerochen habe. Keine Cola, Kein Marzipan, einfach nur Oud und Ambergris in einer für mich nie dagewesenen Abstinenz jeglicher Assoziation. Das von den Philippinen stammende Oud der Güte-Klasse „sinking Grade“, was im Grunde nichts anderes bedeutet als, dass das Holz derart infiziert ist, dass der Anteil des als Reaktion gebildeten Harzes so hoch ist, dass es im Wasser sinkt, ist laut Adam das qualitativ beste Oud, welches er je für einen Duft verwendet und extrahiert hat. Auf meiner Haut kommt es super prominent zur Geltung. Komplett frei von Fermentations- oder animalischen Noten entfaltet es einen wunderschön harzigen, leicht mineralisch „blauen“ Duft, der den Mainplayer dieser Komposition extrem passend komplementiert.

Nun zum eigentlichen Star dieses Duftes. Ambergris. Schon im Weltbekannten Roman „Moby Dick“ widmet Herman Melvill in lyrischer Gestalt von Captain Ahab dem ebenso mysteriösen wie faszinierendem Stoff ein ganzes Kapitel (92) in dem er schreibt: „Ich habe vergessen zu sagen, dass in diesem Ambra einige harte, runde, knöcherne Platten gefunden wurden, von denen Stubb zuerst dachte, dass es sich um die Knöpfe von Matrosenpullovern handeln könnte; aber es stellte sich später heraus, dass es nichts weiter als Stücke von kleinen Tintenfischknochen waren, die auf diese Weise einbalsamiert wurden.“
Dass nun die Unvergänglichkeit dieses höchst duftenden Ambra im Herzen einer solchen Verwesung gefunden wird - ist das nichts? Denke an das Wort des heiligen Paulus im Korintherbrief über Verwesung und Unverweslichkeit, dass wir in Unehre gesät, aber in Herrlichkeit auferweckt werden. Und erinnere dich auch an den Spruch des Paracelsus über das, was den besten Moschus ausmacht.“

Das im Bauch des Wales noch wachsige Ambergris dient einzig und allein dem Zweck, den Verdauungstrakt des Pottwals davor zu bewahren, von messerscharfen Tintenfisch-Schnäbeln zu Geschnetzeltem verarbeitet zu werden. Jaaaaaa.. die Natur. Dass dieses Zeug für einige Menschen nun extrem anziehend riecht, dürfte dem Moby Dick zugrunde liegenden Meeressäuger herzlich egal sein.

Im Fall von CC wurde jedoch weiße Ambra verwendet, die Monate oder sogar Jahr(zehnt)e an der Wasseroberfläche treibt und so von der Sonne ausgetrocknet wird und zu einem steinig anmutenden Brocken „reift“, der so jegliche fäkalen Aspekte, die in frischem Ambergris deutlich spürbar sind, verliert.

Es werden drei unterschiedliche Tinkturen verwendet. 5%, 10% und Ambergris-Resinoid, das einem 100%igem Konzentrat gleich kommt. Ich habe Adam dazu kontaktiert und er erklärte mir, dass eine extrem hochkonzentrierte Tinktur so lang erwärmt wird, bis die komplette Flüssigkeit evaporiert ist und das Resultat eine Bienenwachs-artige Konsistenz bekommt.
Nennt mich einen Schwätzer aber ich behaupte, man kann die unterschiedlichen Konzentrationen reichen. Wenn man sich mit dem Rohstoff ein wenig auskennt und beschäftigt, erkennt man hier deutlich unzählige Facetten dieses vielfältigen Rohstoffes. Nuancen von Tabak, Vanille, Karamell, unterschiedlichsten Harzen wie Benzoe und Weihrauch begleitet von einer feinen mentholigen Frische in Kombination mit einer unfassbar schönen, leicht mineralischen, Balance schaffenden Salzigkeit die an sonnengetrocknete Haut im Karibik-Urlaub erinnert.

Die Hinzugabe von Sandelholz und Ylang-Ylang erschafft eine cremige Textur, welche die trockenen, harzigen Apekte von Oud und Ambra meiner Meinung nach perfekt kontrastieren. Zwischenzeitlich entsteht sogar ein ganz leichter Sonnencreme-Charakter auf meiner Haut.
In seinem Präsentations-Video zu Musk Collection sagt Adam über CC: „I wanted the result to be quite minimalistic“. Diese Aussage trifft dahingehend zu, dass der Hauptfokus des Duftes eigentlich auf nur drei Inhaltsstoffen liegt. Amgergris, Oud und Sandelholz. Eine Paradoxon ergibt sich jedoch aus der unglaublichen Komplexität die jeder dieser Rohstoffe IN SICH birgt.

Ich habe mich nun eine Woche wirklich intensiv mit dem Duft beschäftigt und mit jedem „Wear“ wird er für mich noch besser. Ob der Duft noch weiter reift und in wie weit er sich dadurch verändert vermag ich nicht zu prognostizieren aber selbst wenn er genau so bleibt wie jetzt, ist er für mich eine 10/10. Es gab außer „Rauque“ lange keine Komposition mehr, die es mir so angetan hat wie Creme de la Creme. Ich bin schon jetzt auf der Suche nach einem Back-Up und das obwohl er mir anfangs so missfallen hat. Das zeigt mir einmal mehr, dass man nie vorschnell urteilen sollte und das diese Erkenntnis, angewendet auf sämtliche Lebensbereiche, ein Kredo darstellt, das vielerlei Dinge auf lange Sicht positiv beeinflusst. Vielen Dank für’s lesen.









9 Antworten
Genesis666 vor 2 Jahren 17 2
6
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Twilight Zone


Ich fang mal so an – Ich bin vorsichtig geworden bei Ensar Oud.
Ich bin und bleibe großer Fan von Ensars Kreationen aber die letzten Releases waren für mich größtenteils „Flops“, da bin ich ehrlich. Seit „Siber Extreme“ kam eigentlich nichts mehr, was mich so richtig überzeugt hat. Und wie ich mittlerweile schon häufig erwähnt habe, bei den Preisen MUSS ein Duft zu 100% überzeugen. 

Aufgrund dieser Erkenntnis zwinge ich mich mittlerweile dazu, jeden Duft erstmal zu samplen – auch wenn das bedeutet, dass die Gefahr besteht, dass der eventuelle Kaufkandidat beim Eintreffen der Probe möglicherweise schon „ausverkauft“ ist. Im Zweifel wird IRGENDJEMAND IRGENDWO seinen/ihren Flakon mit Sicherheit wieder verkaufen wollen.

Im Fall vom JaAm war ich zwiegespalten. Einerseits mag ich Ambergris sehr, andererseits fand ich ihn beim Tigerwood PP unerträglich. Einige Inhaltsstoffe wie Jambu oder Massoia-Rinde waren mir bis dato zusätzlich völlig unbekannt. Ist das nun gut oder schlecht? Könnte interessant werden. Könnte aber auch schief gehen da man sich bei Ensar ja in den meisten Fällen zumindest erstmal auf die Notenangaben und sein Duftgedächtnis verlassen muss. Wenn man nun aber einzelne Inhaltsstoffe gar nicht kennt... schwierig.

Jambu ist übrigens eine aus Brasilien stammende Pflanze, die dort nicht nur als Gewürz für traditionelle Gerichte dient, sondern auch in der Schmerztherapie Verwendung findet, da das in der Pflanze enthaltene Spilanthol als natürliches Schmerzmittel fungiert. 



Der Massoiabaum ist ein aus Indonesien stammendes Lorbeergewächs, dessen Rinde mit Hilfe von Wasserdampf-Destillation zu „Massoia-Lactone“ verarbeitet wird. Das daraus gewonnene ätherische Öl hat einen intensiv herben Kokos-Duft.


Ein weiterer Faktor, den ich einerseits sehr spannend fand, andererseits aber auch als sehr kritisch betrachtete – „Pinoy LTD Edition“. Beim Pinoy LTD. handelt es sich – mal wieder – um eines von Ensars berühmt berüchtigten Oriscent-Ölen. Ich habe dieses Oud schon in Reinform riechen dürfen und war damals extrem angetan, wenngleich ich auch wusste, dass ich niemals 1500$ für 3g Oud ausgeben werden würde. Pinoy LTD ist ein seltenes Filipino-Oud mit einem sehr speziellen Charakter. Einerseits riecht es sehr „blau“ fast schon maritim, was wohl auch der Grund war, wieso Ensar genau dieses Oud als Ergänzung für den ebenfalls ozeanischen Ambergris wählte, andererseits ist es gleichzeitig aber auch rauchig und leicht pudrig. Ein wirklich außerordentlich gutes Öl. War dieser Claim also ein künstlerisch gelungener Schachzug oder war es ähnlich wie beim „Chinese Exklusive“ einfach nur wieder ein Grund, den Preis nach oben zu treiben und Hype zu generieren. Dazu gleich mehr.

Kommen wir erstmal zum Duft.
Das Opening gefällt mir wirklich extrem gut. Nach dem ersten Spray entfaltet sich ein wahnsinnig angenehmer, exotisch, tropischer Geruch, der mich tatsächlich an Karibik-Urlaub erinnert. Irgendwie fruchtig, blumig aber gleichzeitig nimmt man ebenfalls direkt eine sehr starke Ambergris Note wahr. Und die ist wirklich genial. Leicht animalisch, salzig-mineralisch – der Geruch von sonnengetrocknetem Meersalz auf der Haut. Als würde man einen fruchtigen Cocktail direkt am weißen Sandstrand schlürfen. Im Hintergrund das rauschen des Meeres. Der Name passt also nicht nur im Bezug auf die Inhaltsstoffe, sondern auch im Bezug auf die olfaktorischen Impressionen in meinem Kopf. Stark!



Zur Mitte wurde meine anfängliche Euphorie allerdings ein wenig gebremst. Irgendwie entwickelt sich der Duft nach und nach immer mehr zu einem sehr Jasmin-lastigen, süßen Gemisch, dass mich an rote Lutschbonbons erinnert. Nicht irgendwelche. Eine ganz bestimmte Sorte, auf dessen Namen ich aber gerade nicht komme. Ich meine es war irgendwas mit Waldfrucht. Man riecht zwar immer noch die Ambra-Note im Hintergrund aber bei Weitem nicht mehr so intensiv wie zu Beginn. Ich persönlich finde das etwas schade. Mir gefällt das leicht herbe Opening des Duftes mit Abstand am besten. Je länger der Duft auf der Haut ist, desto „massentauglicher“ aber gleichzeitig auch unspektakulärer wird er. Ich würde fast behaupten, dass JaAm wohl der massentauglichste Duft ist, den Ensar jemals hervorgebracht hat. Die durch die Massoia-Rinde hervorgerufene Kokos-Note lässt zusätzlich einen minimalen Sonnencreme-Vibe entstehen. Hätte ich die Noten nicht vor mir, hätte ich wetten können, es wäre auch eine ordentliche Portion Ylang-Ylang mit drin.



Aber moment mal… Wo ist eigentlich das Oud? Wo ist Pinoy LTD? Ehrlich gesagt, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich fast behaupten, Ensar hätte es vergessen. Ich bekomme hier nichtmal einen HAUCH von Oud. Vor allem nicht vom speziellen Duft des Pinoy LTD. Allerdings wundert mich das im Nachhinein auch nicht. Bei 1,2 g auf 50 ml kann man sich schon fast denken, dass so ein komplexes Oud neben all den anderen sehr prominenten Noten wie Jasmin, Frangipani , Rose usw. nicht wirklich zur Geltung kommt. Wieso 1,2 g und nicht 1 g oder 1,5 g? Ich habe wirklich keinen blassen Schimmer. Im Bezug auf das wertvolle Oriscent Öl stehen wir hier also mal wieder vor exakt der gleichen Problematik wie bei dem anfangs erwähnten Chinese Exklusive. Es geht schlichtweg unter und macht sich eigentlich nur im Preis bemerkbar. Ensar weiß einfach, wie er exklusive Düfte NOCH EXCLUSIVER wirken lässt.



Alles in Allem ist JaAm aber ein guter, sehr gefälliger und hochwertig, natürlich riechender Duft, der mich persönlich vor allem im Opening überzeugt. Zur Mitte und im Drydown wird er für meinen Geschmack etwas zu schwer-floral, Jasmin-lastig und süß. Das ist aber eher ein persönliches Ding und soll nicht heißen, dass es per se negativ zu werten ist. Die Hinzugabe von so wertvollem Oud, dass laut Ensar natürlich mal wieder „aufs Haus geht“, hätte man sich meiner Meinung nach aber wirklich sparen können.

Daher rührt auch der Titel meiner Rezension. "Twilight Zone". Einerseits halte ich JaAm für einen guten Duft, andererseits wurde durch den Zusatz "Pinoy LTD. Edition" aber wiedermal eine zu hohe Erwartungshaltung hervorgerufen. Warum also nicht einfach nur "Jamaican Ambergris"?

Haltbarkeit und Sillage sind für einen 100% natürlichen Duft absolut in Ordnung. Man nimmt ihn gut wahr aber dennoch ist er keineswegs aufdringlich oder gar penetrant sondern erzeugt eine angenehme Duft-Aura. Absolut Unisex tragbar! Gefällt mir auch an meiner Freundin. Und ihr gefällt er ebenso.


2 Antworten
Genesis666 vor 2 Jahren 22 11
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Chinese! Exclusive?
Chinesische Ouds haben es mir angetan, das geb ich zu!
Egal ob „Hailam Kilam“, „China Syang“ oder „Hainan 2005“. Sie alle haben etwas besonderes, etwas spezielles, das sie von allen anderen Oud Sorten unterscheidet.



Sie sind viel sanfter und zurückhaltender als beispielsweise Hindi-, Cambodi-, oder Malay-Ouds. Nicht, dass ich deren Charakteristika nicht ebenfalls sehr mag und zu schätzen wüsste aber Ouds aus Regionen wie Hainan oder Yunnan geben mir einfach eine besondere Erfahrung.
Keine Spur von Barnyard, Leder oder ähnlichem. Im Opening leicht bitter, medizinisch, erinnern Sie eher an frisches, helles Sägemehl. Leicht süß und sehr cremig in der Basis. Hailam Kilam beispielsweise erinnert mich stark an weiße Schokolade. 



Abgesehen von der Tatsache, dass diese Ouds speziell duften, gehören sie aber auch zu den teuersten und seltensten Sorten, die es überhaupt gibt. Die meisten Experten sagen, dass wildes chinesisches Oud heutzutage quasi nicht mehr existent ist. 



Schon der gute Russian Adam hat bei der Vorstellung seines „Chinese Oud“ deutlich gemacht, dass er ohne die Hilfe seines Freundes „Jamira Oud“, der seinerseits ebenfalls Destillateur ist, keine Chance gehabt hätte dieses seltene und extrem kostspielige Material für einen seiner Düfte zu verwenden. 



Kein Wunder also, dass ich beim offiziell ersten „Oriscent Perfume“, welches laut Ensar große Mengen verschiedenster China-Ouds wie eben Hailam Kilam, Yunnan Kinam und Hainan Kinam beinhaltet, mehr als nur erwartungsvoll war. 



Wer mit dem Begriff „Oriscent“ gerade nichts anfangen kann: So hieß die Marke quasi in ihrer Anfangszeit. Der Name ist Sinnbild für eine spezielle „Destillations-Technik“ die laut Ensar nur er selbst beherrscht und die bis heute in ihrer Qualität der Produkte unerreicht ist (So zumindest laut eigener Aussage). Mittlerweile heißt die Marke zwar „Ensar Oud“ aber bis heute kann man auf der Website unter einer speziellen Kategorie Vintage-Ouds wie „Kyara LTD“, „Royal Kinam“, „White Kinam“ oder Nah Trang LTD“ kaufen, die noch mit dieser speziellen Technik destilliert wurden. Vielleicht kann man es in etwa mit Siegel „Swiss Made“ bei Uhrwerken vergleichen. Man ahnt hier natürlich schon, wo sich dieses Branding neben der Qualität natürlich ebenfalls bemerkbar macht. :-)



Angelehnt an den Hainan-Attar, sollten also diese wirklich extrem seltenen Oud Sorten einerseits durch einige zitrisch-fruchtige Kopfnoten und weißen Blüten als Herznoten sowie einer cremigen Basis aus Sandelholz, Vanille und Bienenwachs begleitet werden. 



In Anbetracht der leicht an Trockenfrüchte und Vanille-Pudding erinnernden Aromatik der Ouds klang das für mich persönlich erstmal sehr passend und symbiotisch, wenngleich ich aber schon, nicht zuletzt aufgrund der teils sehr dominant anmutenden Noten wie Pfeffer, Tuberose und Safran etwas Sorge hatte, dass die feinen Nuancen dieser schönen Ouds etwas untergehen.



Nun also zum Duft: 
Das Opening war wie erwartet extrem zitrisch. Nicht unbedingt scharf zitrisch. Eher wie das Fruchtfleisch Fast identisch mit dem Geruch, der einem in die Nase steigt, wenn man eine frische Mandarine von der Schale knibbelt. Der Geruch, der sich innerhalb von Sekunden im ganzen Raum verbreitet und den man erstmal nicht mehr von den Fingern bekommt... vielleicht ein wenig weicher. Ziemlich schnell gesellt sich aber eine für mein Empfinden schon recht starke, pappige Süße hinzu. Gemischt mit einer leicht bitter, medizinisch anmutenden Note, die ganz klar vom Oud ausgeht und die wirklich typisch für chinesische Ouds ist. Ich hatte irgendwie DIERKT ein Bild von einer frisch aufgerissenen Packung Jaffa-Cakes oder Schoko-Erfrischungsstäbchen im Kopf. Die Kombination aus dem Oud, Pfeffer, Safran, Sandelholz und Vanille lässt einen Eindruck von dunkler, herber Schokolade entstehen. Fast schon Gourmand.



Nach ein paar Minuten geben Orangenblüte und Tuberose zusätzlich einen leicht seifigen Touch, der in Verbindung mit dem pudrigen aber keinesfalls animalischem Moschus noch verstärkt wird. 

Und dann… ja und dann? Dann passiert eigentlich nicht mehr viel. Ich habe den Duft jetzt insgesamt 3 Tage hintereinander getragen – mal auf dem Arm, mal auf dem Hals, in der Armbeuge auf Kleidung… und ich muss sagen, er macht abgesehen von der Tatsache, dass er mit der Zeit eher noch süßer wird, auf mir keine große Wandlung durch. 



Versteht mich bitte nicht falsch – Linearität ist ja per se erstmal nichts Schlechtes. Das gilt für mich aber nur dann, wenn der Duft an sich schon spannend genug ist. Im Fall von Chinese Exclusive muss ich aber zugeben, dass der Duft zwar nicht schlecht aber auch alles andere als spektakulär ist. Meine anfängliche Skepsis gegenüber der dominanten Noten im Kontrast zu den sehr feinen aber komplexen Ouds hat sich leider bewahrheitet. Meine Freundin meinte sogar, der Duft rieche fast 1:1 wie ihre Haarkur. Aiaiai…



Die starke Zitrik und teils schwere Süße unterdrücken die Schönheit und Komplexität der eigentlichen Mainplayer so stark, dass sie meiner Meinung nach nur schwer „zu genießen“ sind. Selbst nach einigen Stunden und im Drydown schaffen es Yunnan Kinam und Co. leider nicht den Rest der Pyramide zu durchbrechen und ihre wahre Schönheit zu präsentieren. Diese Öle sind in ihrer Kraft und Ausstrahlung nicht mit Ouds wie „Tigerwood“ oder „Hindistan Kala“ zu vergleichen, welche man quasi schon durch die Flakon-Kappe riechen kann. Ich empfinde sie wie gesagt als viel fragiler und feiner, sanfter und zurückhaltend. Im Gegensatz zu den meisten Ouds schon fast schüchtern.



Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass diese Ouds gar nicht für ein Spray-Parfum geeignet sind. Sie sind an sich schon so komplex und fein, dass es fast unmöglich ist, ihnen innerhalb eines Parfums gerecht zu werden.

Der Drydown hat für mich wieder die typische, leicht süßliche Moschus/Sandelholz-Ensar-Basis. Ich würde wetten, dass entgegen der Angaben auch Bourbon-Vetiver aus Madagaskar enthalten ist. 



Dass Chinese Exclusive wie eigentlich alle anderen EO Düfte auch, unglaublich natürlich und hochwertig riecht, muss ich wohl mittlerweile nicht mehr explizit erwähnen. 

Nach dem Tigerwood PP bin ich allerdings nun endgültig der Meinung, dass so hoch komplexe und seltene Ouds genau wie Kinam Destillationen innerhalb eines Parfums nur schwer im Vollen zu würdigen sind. Den Hainan Attar halte ich hier für eine sinnvolle Alternative. Er bietet im Endeffekt eine sehr ähnliche DNA sowie Performance, kostet aber einen Bruchteil, wobei auch dieser natürlich immer noch kostspielig ist. 



Wenn es um die reine Wertschätzung und Seltenheit der Inhaltsstoffe geht, hat man mit Chinese Exklusive sicherlich ein nahezu einzigartiges Sammlerstück in seinem Besitz. Wenn man allerdings eine einzigartige und kreative DNA erwartet, die diese tollen Öle in den Mittelpunkt stellt und nicht übertönt, wird man meiner Ansicht nach aber eher enttäuscht. Vor allem dann, wenn man eben diese mal in Reinform gerochen hat. 

Dazu kommt, dass CE ein sehr leiser Duft ist. Weder Sillage noch Haltbarkeit konnten mich wirklich überzeugen. Bereits nach 1-2 Stunden ist der Duft EXTREM hautnah. Zwar riecht man den Duft auch nach 8 Stunden noch schwach auf der Haut aber bis dahin ist es dann eben „nur“ noch die typische Ensar-Basis und kein klar erkennbarer „Chinese Exclusive“ mehr. Weiter in den Kommentaren...
11 Antworten
Genesis666 vor 2 Jahren 17 5
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
6
Duft
The Beauty and the Beast
Als großer Fan der Tigerwood-Öle, insbesondere des Tigerwood Royale, war ich mehr als hyped, als ich die ich die Nachricht bekam, dass es diese fast schon „legendären“ Ouds nun auch als Spray-Parfum bzw. wie es bei EO heißt; „PureParfum“ geben wird. Noch nie zuvor, habe ich so schnell auf den „Order-Button“ geklickt wie in diesem Fall. 



Wer mit den Tigerwoods bisher nicht vertraut sein sollte – Hierbei handelt es sich um wilde Vintage-Ouds aus Malaysia die zwischen 1990 und 2001 destilliert wurden. In dem Fall ausnahmsweise mal nicht von Ensar selbst. Nach seinen Angaben hat er die Öle von einem chinesischen Oud-Tycoon gekauft und neben ihm selbst sind weitere Abfüllungen ausschließlich im Besitz der Königin von Abu-Dhabi.



Was diese Ouds aus meiner Sicht so besonders macht, ist das absolut außergewöhnliche Duftprofil, das wohl mit zu den komplexesten gehört, welches ich jemals in Adlerholz-Ölen gerochen habe.

Es ist so komplex, dass man es nur schwer beschreiben kann. Eine Mischung aus mineralisch, erdig, ledrig, holzig, moosig. Einer der passendsten Beschreibungen wäre wohl der Begriff „petrichor“, welcher den typischen Geruch der Atmosphäre kurz vor einem Sommerregen beschreibt – kennt und liebt doch jeder, oder? „Es riecht nach Regen.“

So viel zum Oud selbst.

Ensar scheint sich sehr wohl bewusst zu sein, welchen Stellenwert „Tigerwood Royale“ bei Oud-Liebhabern auf der ganzen Welt hat und das wird wohl auch der Grund sein, weshalb er sich entschied, eine „Spray-Variante“ davon zu kreieren. Gleiches hat sich mit „Oud Yusuf PP“ ja bereits als extrem erfolgreiche Strategie erwiesen. 



Nun zum PP:
Die Noten klangen für mich sehr vielversprechend. In meinem Kopf ergab die Ergänzung von Kaffe, Vanille, Kakao, Tabak Kashmir-Moschus usw. eine extrem harmonische Komposition. Einzig der schwarze Ambergris, von dem laut Beschreibung „Unmengen“ verwendet wurden, machte mir ein wenig Sorge. Schwarze Ambra ist bei weitem die extremste und animalischste Variante und wird deshalb eher selten verwendet. 



Schon beim ersten Test war mir klar: „Aiaiai, das wird kein einfacher Duft.“… und ich bin alles andere als zimperlich, was Düfte angeht.

 Im Opening erkennt man ganz klar die Tigerwood-DNA. Wenn auch, bedingt durch die logischerweise geringere Konzentration, etwas transparenter anmutend. In den ersten Minuten kommen auch ganz leichte Nuancen von Kaffe, Tabak und Kakao durch. Hier liegt die Betonung aber auf „Nuancen“. Soll heißen, dass die Noten zwar da sind aber in keinster Weise dem Oud die Show stehlen. 

Was nun folgt is genau das, was Ensar beschrieben hat: „A base-heavy Blast, that ain’t pretty.“ 

Tigerwood hat keinerlei Herznoten was zur Folge hat, dass das Opening nach ca. 10 Minuten direkt in die Basis übergeht und die hat es mehr als in sich. Der schwarze Ambergris ist so unfassbar potent, dass er meiner Meinung nach alle anderen Noten komplett überrennt und ohne Gnade mit dem Gesicht zu Boden drückt. Hier und da erkennt man noch die leichten benzinartigen, fast wie Schweröl anmutenden Noten des Ouds aber Mainplayer ist nach 10 Minuten ganz klar Black Ambergris. Wie gesagt, ich bin wirklich nicht zart besaitet was animalische und außergewöhnliche Düfte angeht aber die Tigerwood-Base spielt hier in einer ganz anderen Liga.

Ich würde es nichtmal als animalisch bezeichnen sondern eher als „sumpfig“ bezeichnen. Es erinnert an den Geruch von feuchten Mooren und verrottendem Holz. Jemand anderes beschrieb den Duft als „Geruch von Mordor“ oder „Smeagol’s Signature“ aus „Herr der Ringe“. Leider muss ich sagen, dass ich das ziemlich treffend finde. Ein Bekannte von mir, die als Zahntechnikerin arbeitet war sogar der Meinung der Duft rieche wie „Halitosis“. Zugegeben, das musste ich selbst erstmal googeln aber im Prinzip beschreibt es nichts anderes als „Mundgeruch“. 

Zwischendurch kommt immer mal wieder eine Spur von Eichenmoos durch, welches meiner Meinung nach völlig deplatziert wirkt, da es einen merkwürdigen Chypre-Charakter in die Komposition einbringt und mehr irritiert als das es dem Duft etwas Gutes täte. 

Auf mich macht der gesamte Duft einen unrunden, unausgereiften und unfertigen Eindruck. Wie ein überstürzter Versuch dem „Tigerwood-Hype möglichst schnell die Krone aufzusetzen. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass es sich eher um einen „Geruch“ als um ein Parfum handelt. 

Je länger der Duft auf der Haut blieb, desto unangenehmer wurde er für mich. Nicht nur für mich, sondern auch für mein Umfeld. Meine Freundin mochte ihn anfangs aber das änderte sich recht schnell wieder. Um sicher zu gehen, dass es nicht einfach nur auf einer ungünstigen Interaktion zwischen dem Duft und meiner Hautchemie basiert, sprühte ich den Duft zum Vergleich noch auf einen Pullover – leider mit dem gleichen Ergebnis. 



Um das Ganze anhand eines kurzen Beispiels zu verdeutlichen: 
Hätte ich für ein Bewerbungsgespräch die Wahl zwischen War&Peace II, den ich sehr schätze, bei dem mir aber dennoch bewusst ist, dass er Lichtjahre entfernt von „alltagstauglich“ ist und dem Tigerwood PP würde ich mich wohl für den W&P II entscheiden.



Mein persönliches Fazit:

Ensar hat „Tigerwood Royale“ mit dem PP aus meiner Sicht keinen Gefallen getan. Vielleicht liegt es einzig und allein am opulenten Gebrauch der schwarzen Ambra, vielleicht hätte man den Fokus der Fixative eher auf Moschus oder auf den höher gradierten weißen Ambergris legen sollen. Ich weiß es nicht, ich bin kein Parfümeur. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass Ensar angibt, die letzten Reste dieses wertvollen Öls für den Duft verwendet zu haben kann ich nur sagen: Schade um dieses wunderbare Ausnahme-Oud.

Es ist mit ziemlicher Sicherheit eine extreme Herausforderung eine Hommage an ein solches Produkt zu kreieren aber frei nach dem Motto: Never Change a running System“ sollte man manche Dinge vielleicht einfach unberührt lassen. Es würde wahrscheinlich auch niemand auf die Idee kommen einen Ferrari F40 zu verbasteln. 



Zugegeben, Ensar hat im Vorfeld schon deutlich kommuniziert, dass der Duft nicht „Pretty“ wird und deshalb will ich mich hier nicht „beschweren“ sondern lediglich wiedergeben, wie das Resultat für mich riecht. 

Ich möchte auch GANZ KLAR BETONEN, dass es sich hierbei lediglich um meine SUBJEKTIVE Meinung und Wahrnehmung handelt. Ich bin mir sicher, dass es auch hier Leute gibt, die das Parfum absolut genial finden. Das respektiere ich selbstverständlich zu 100% und freue mich für jeden, der diesen Duft, so wie er ist, zu schätzen weiß. Möglicherweise muss der Duft auch einfach noch einige Monate ausreifen, wir werden sehen. Ich persönlich werde aber definitiv beim Öl bleiben.


Bei einem derart hohen Preis muss ein Duft für mich gewissen Kriterien erfüllen und das tut Tigerwood leider in dem Fall nicht. Wie immer gilt aber auch hier: Testet ihn selbst und legt nicht zu viel Wert auf meine Meinung. Nur so kann man objektiv urteilen. Zumindest sofern es das Wort „objektiv“ in der Welt der Düfte überhaupt gibt.
5 Antworten
Genesis666 vor 2 Jahren 37 4
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Aller guten Dinge sind drei. – Iris Ghalia 3.0 –
Der Begriff „Ghalia“ stammt aus dem arabischen und bedeutet so viel wie „kostbar“ oder „von unschätzbarem Wert“. Er fungiert sowohl als weiblicher Vorname – wenn auch eher selten – als auch als Beschreibung für extrem wertvolle Dinge, die eigentlich den Königshäusern der Emirate vorbehalten sind.


Wer schonmal in den Genuss gekommen ist, einen Duft von EO zu testen oder gar zu besitzen, weiß dass Ensar, Adam und Co. in Sachen Luxus und Qualität keine Kompromisse eingehen. Das spiegelt sich neben der außergewöhnlichen Duft-Erfahrung natürlich auch im Preis wieder. 
Wenn aber nun noch der Zusatz „Ghalia“ im Namen auftaucht, kann man einiges erwarten denn das bedeutet neben der Tatsache, dass Ensar auf diese Kreation ganz besonders stolz ist nämlich auch, dass hier wiedermal Material aus dem „Royal Archive“ von Sultan Qaboos, der bis zu seinem Tod im Jahre 2020 Sultan von Oman war, seinen Platz gefunden hat. Im Fall von Iris Ghalia sind es uralter Hirschmoschus aus Tibet und „Royal Ambergris“. 


Die aktuelle Version ist schon die dritte Auflage dieses Duftes. Leider bekam ich meine erste Probe erst nachdem beide Versionen bereits ausverkauft waren. Wochenlang jagte ich einem Flakon hinterher aber niemand dachte auch nur daran ihn zu verkaufen. Vor einigen Wochen dann kam die Nachricht, dass es nun eine dritte, angeblich nochmals verbesserte Version geben wird. Ein „Encore“ der Ursprungs-Version. Wo der Unterschied zwischen IG1 und IG2 lag? Im Original wurden drei Inhaltsstoffe verwendet, die in der zweiten Auflage weggelassen wurden, um ihn weniger animalisch und damit „massentauglicher“ zu machen. In der dritten und aktuellen Auflage kommen diese drei Inhaltsstoffe nun wieder zum Einsatz.



1. „Hyraceum“ oder auch „Africa Stone“: Hierbei handelt es sich um die versteinerten Fäkalien des aus Süd-Afrika stammenden Klippschliefers. Diese meist Jahrhunderte alten Fragmente werden gesammelt, in Alkohol gelöst und in Form einer Tinktur dann unter anderem als Fixativ in hochwertigen Parfums verwendet.



2. Castoreum oder auch Bibergeil: Dieses Sekret aus der Drüse eines Bibers wird als extrem ledrig, rauchig und animalisch beschrieben. Sie dient oftmals als Basis in klassischen Leder-Akkorden.



3. Muskrat: Hierbei handelt es sich prinzipiell um die gleiche Art von Sekret wie dem Bibergeil, allerdings handelt es sich hier um einen verwandet Art, der Bisamratte. In Reinfrom wird dieser Stoff als noch animalischer und von Ensar selbst als „unfassbar abstoßend“ beschrieben. 



Wer sich an dieser Stelle (zurecht) Gedanken um die Ethik der Verwendung solch tierischer Inhaltsstoffe macht, dem sei gesagt, dass Ensar Oud mittlerweile ausschließlich auf Altbestände der arabischen Königsfamilien zurückgreift. Zu damaligen Zeiten wurden diese Tiere nicht nur aufgrund dieser kostbaren Inhaltsstoffe gejagt, sondern wurden als Ganzes verwertet und dienten unter anderem als Nahrung.

Genug Vorgeschichte – kommen wir zum Duft selbst.


Ich muss zugeben, dass das Opening „ungeübte Nasen“ ein wenig fordern oder zeitweise sogar überfordern kann. Eine Explosion von Eindrücken. Zum einen eine eine florale, leicht pudrige aber dennoch weiche, fast schon cremig-buttrige Iris, zum anderen fruchtig, spritzige Noten wie schwarze Johannisbeere und Pfirsich. Als wäre dies nicht genug, wird dieser Cocktail dann auch noch von einem ganzen Battalion aus Animalik kontrastiert. Im Opening kommen hauptsächlich Ambergris und Moschus zur Geltung. Der Ambergris sorgt für einen leicht salzigen, mineralischen Einschlag. Der tibetische Moschus für eine leicht süßlichen, prickelnde Note. Ich muss sagen, dass ich die tibetische Moschus Variante immer als süßlich prickelnd, fast schon kandiert wahrnehme. Für mich hat sie kaum Ähnlichkeiten mit sibirischem Moschus, der oftmals einen leicht urinösen Touch mit sich bringt. 

Sobald sich der anfängliche „Sturm“ ein wenig gelegt hat, entfaltet der Duft seine unfassbare Schönheit. Die Kombination aus Iris, Früchten und blauem Lotus erzeugt für mich eine Bild von frisch aufgebrühtem Schwarz- oder Earl Grey Tee. Die Gewürze geben eine gewisse Tiefe und sorgen dafür, dass das Opening nicht zu dünn wird. Nach einigen Minuten kommt dann auch der Moschus wieder durch. Er verleiht dem Duft eine spezielle Süße und Spitzigkeit. Der anfänglich eher herbe Tee wandelt sich dadurch fast schon in einer Art leicht gesüßten, natürlichen Pfirsich-Eistee.



Im Laufe der ersten 1-2 Stunden wird der Duft dann wieder herber und rauchiger. Zeitweise kämpft sich auch eine trocken, ledrige Note aus dem Hintergrund durch. Castoreum und Hyraceum kreieren hier eine olfaktorische Struktur, die mich an trockenen Pfeifentabak mit leichtem Vanille-Aroma erinnert. Das hier zwar nicht gelistete aber definitiv spürbare Maroke-Oud der Adlerholz Gattung „Aquilaria Filaria“ sorgt in der Basis mit für eine ordentliche Portion dunklen aber dennoch nicht kratzigen Rauch, der zusammen mit steinig, mineralischer Ambra als perfekter Gegenspieler zur fruchtig-floralen Puder-Iris fungiert.

Allgemein kann man sagen, dass in diesem Duft keine Note die andere erdrückt. Alles scheint mal wieder perfekt ausbalanciert. Ensar selbst beschreibt Iris Ghalia als seine bisher größte Herausforderung. Laut seiner Aussage gab es keinen Duft, den er so oft verworfen und neu aufgebaut hat wie diesen. Iris sei nicht nur einer der teuersten Inhaltsstoffe (ca. 70.000-90.000 € /kg) sondern auch eine der am schwersten zu „zähmenden“ überhaupt.



Auch im Drydown sind die Kopfnoten vor allem in der Duftwolke um einen herum noch immer gut wahrnehmbar. Der Duft bleibt von Anfang bis Ende irgendwie ganzheitlich und scheint sich nie in einzelne Bestandteile aufzulösen. Dies bedeutet aber nicht im geringsten, dass der Duft linear wäre. Er verhält sich fast wie ein Chamäleon. Mal zeigt er sich fruchtig, ledrig. Mal rauchig, floral. Mal pudrig, spritzig. Jede Nuance immer mit einem perfekten Gegenspieler im Gepäck. Quasi Ying und Yang im Spray-Format. Trotz der Iris als Hauptcharakter ist Iris Ghalia selbstverständlich nicht im geringsten mit den klassischen Iris-Vertretern wie Prada L’homme oder Dior Homme Intense, Parfum etc. vergleichbar. Ich sehe Gerüche in Farben und Strukturen und dieser Duft erzeugt in meinem Kopf Bilder von blau-violetten Aquarellen auf Leinwand.



Projektion und Haltbarkeit sind für einen 100% natürlichen Duft extrem gut! 12-14 Stunden sind hier locker drin. Die ersten 5 Stunden projiziert IG unfassbar stark aber auch danach wird der Duft nie ein „Skin-Scent“. Natürlich kann er nicht mit Synthetik-Biestern à la Montale etc. mithalten aber das ist auch gar nicht deren Intention. 

Trotz der zeitweise wirklich satten aber meiner Meinung nach zu keinem Zeitpunkt übertriebenen Animalik ist dieser Duft einer der „alltagstauglichsten“ Kreationen von EO, die ich besitze und kenne. Er wird von meinen Mitmenschen extrem positiv wahrgenommen und ist von all meinen EO-Düften derjenige mit dem größten „Compliment-Factor“ und neben EO02 Kashmir und EO03 mein persönlicher Liebling. Müsste ich mich aus meiner Sammlung für einen einzigen Duft entscheiden, wäre es wohl dieser hier. Er vereint einfach so viele komplexe Eindrücke und Emotionen, dass man einige Zeit braucht um ihn wirklich vollends zu verstehen.




Zugegeben… neben vielen Releases in letzter Zeit, die mich gar nicht gepackt haben, ist Ensar mit Iris Ghalia 3.0 ein weiteres Meisterwerk gelungen. Zumindest für meine Nase.
4 Antworten
1 - 5 von 12