Globox

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Rezensionen
Globox vor 3 Jahren 5
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Boozy Rhino mit Leder-Fetisch
Zugegeben, ist man mit Lederdüften bisher nicht vertraut, fällt die erste Bekanntschaft mit dem Dickhäuter besonders eindrücklich aus und bleibt lange in Erinnerung. Auf Papierstreifen getestet, reichten die Assoziationen in meinem Freundeskreis von Kabelbrand über Elektroschrott zu Zahnarzt. Ich konnte sie nicht davon überzeugen, es mal auf die Haut zu sprühen, denn wie die meisten Zoologist-Dürfte, entwickeln sie sich deutlich anders als auf Papier. Hört sich also erstmal nicht nach einem großen crowd-pleaser an, aber ich würde mal unterstellen, dass die meisten Hobby-Zoologen die Düfte auch in erster Linie zum eigenen Vergnügen tragen. Also kommen wir schnell zu meinen Eindrücken, denn die erzählen eine ganz andere Geschichte.

Auf den ersten Sniff hat mich Rhinoceros ebenfalls ziemlich umgehauen, aber nicht im negativen Sinne. Einfach, weil es ein so intensives, außergewöhnliches Erlebnis ist. Da es sich hier um die alte Originalversion von 2014 handelt, konnte ich es selbst vorher nicht testen, aber da ich generell ein Faible für tiefe, rauchig-holzige Düfte habe sowie großer Fan der Encre Noire Reihe und Bentley for Men Intense bin, wollte ich mich gerne in dieses Abendteuer stürzen. Zu meinem großen Glück, hatte nach etwas Rücksprache das sehr nette Team bei "Das Parfum and Beauty" doch noch einige wenige Flakons dieser alten Formulierung auf Lager.

Rhinoceros startet mit einem Bad im Rumfass. Und natürlich dann nur die beste Qualität, so dass der boozy-Akkord herrlich aromatisch rüberkommt. Spannend dabei sind zudem die balsamisch/floralen Noten – vor allem Salbei und Lavendel, die im Hintergrund für ein frisches Gegengewicht zum Rum sorgen. Bemerkenswert finde ich, dass ich diese grünen Noten immer differenzierter und deutlicher wahrnehmen kann, je häufiger ich Rhinoceros auf der Haut trage. Das ist nur ein Beispiel, warum mich Victor Wong und seine sagenhaften Welten innerhalb kürzester Zeit in den Bann gezogen haben. Wie Reisen in die Tierwelten, die man mit jeder weiteren Unternehmung immer wieder anders erlebt.

Nachdem also unser Nashorn schon gut einen sitzen hat, macht es sich auf den Weg gen Wald und lässt die Dinge ruhiger angehen. Hölzerne Noten und Tabak verdrängen zunehmend das feucht-fröhliche Opening und zeigen neue Wege auf. Es wird trockener, düsterer und schwerer. Wir haben den Zeitpunkt erreicht, an dem der Duft den wahren Charakter (oder ist es ein Fetisch?) des Rhinos präsentiert und zugleich Sinnbild der äußeren Erscheinung wird: rauchiges/staubiges Leder. Dabei entwickelt sich der Duft zu keinem Zeitpunkt stechend oder penetrant, sondern bleibt 8h+ sehr gut wahrnehmbar auf der Haut. Einfach eine unglaubliche Tiefe und beeindruckende Präsenz.

Rhinoceros ist sicherlich gerade am Anfang für viele insbesondere durch sein mächtiges Auftreten eher abschreckend, doch ich bin mir sicher, dass man das Tier einfach nur besser kennen lernen sollte. Paul Kiler ist ein kreatives Meisterwerk gelungen, das mich sehr glücklich macht – und das nicht nur als Freund von Leder-Düften. Wie mir Victor Wong auf Anfrage mitgeteilt hat, ist diese Originalversion u.a. aufgrund von schwer zu bekommenden Inhaltsstoffen und inzwischen mangelnder IFRA-Konformität eingestellt worden. Der neue Rhinoceros von 2020 ist auch sehr gut geworden, allerdings ganz anders als dieser.
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