KaliP

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11 - 15 von 20
KaliP vor 7 Jahren 15 3
8
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
ein gläserner Stab
Einst gab es in unserer kleinen Stadt einen Laden, in dem es besondere Düfte jenseits der Parfümerien gab. Penhaligon´s, Creed, Amouage... und Lalique. Getestet wurde nicht via Selbstbedienung, eine Beraterin sprühte die gewählten Düfte auf einen gläsernen Stab anstatt des typischen Papierstreifens. Papier habe einen Eigengeruch, der den Duft verfälschen könne, so die Bemerkung der Angestellten.
Sie wirkte auf mich etwas überheblich. Der gesamte Laden tat es.
Meine Oma, mit der ich leicht überfordert und irritiert durch das Geschäft streunte, erwarb Lilly of the Valley von Penhaligon´s, obwohl sie den Preis dafür unangemessen fand. Maiglöckchen ist nun einmal ihr Lieblingsduft.
Ich war fasziniert von Amethyst. Diese Mischung aus süß und sauer, beerig fruchtig und einfach köstlich war es, die mich Gefallen daran finden lies. Wie dieses Ahoi-Brausepulver, nur eleganter und nicht so billig. Zuerst spritzig und frisch, dann später, als wir den Laden bereits verlassen hatten, wurde es warm und umhüllend wie ein langer, übergroßer Strickpullover im Herbst.

Der 100ml Flakon sollte dort damals 109€ kosten. Der Wahnsinn für eine Schülerin, die sonst in Drogerien ihr Parfum einkauft. Inzwischen ist das Geschäft geschlossen. Es war wohl Neugier in den Gemütern der Bewohner meiner Heimatstadt, jedoch keine Kaufkraft, die viele Besucher und wenige Einkäufe mit sich brachte. Mit seinem Verschwinden verschwand auch das Testen auf dem gläsernen Stab wieder. Seitdem habe ich es nie wieder anderswo angetroffen.
Es war anders, neu und etwas unwirklich, da selbst meine Haut den Duft verfälscht, ebenso wie der bekannte Papierstreifen. Was macht es also?
Bringt nicht auch eine kaum wahrnehmbare Note von Umgebungsluft den Duft zum Straucheln in seiner Unverfälschtheit? Gibt es so etwas wie den reinen Duft überhaupt? Die Angestellte glaubte zumindest daran.
Ich jedenfalls nehme Amethyst heute an mir anders wahr als damals. Er ist nicht mehr so explosiv und sprühend vor Energie. Und er erinnert mich nur noch vage an den beerigen Cocktail von einst, da seine Kopfnote bei mir jetzt sehr schnell verfliegt.
Er wirkt gesetzter, etwas klassischer und leicht unspektakulär. Er ist gleich gemütlich und dunkel und weich. Es fehlt mein farbiges Feuerwerk, was nicht heißen soll, dass ich ihn nicht trotzdem mag. Er überzeugt, doch er überrascht mich nicht mehr.
Ich hatte ihn in dieser Hoffnung erworben, doch vielleicht habe ich mich verändert, hat sich meine Chemie verändert.
Vielleicht wäre es besser, ich wäre ein gläserner Stab. Wäre neutral und kalt und transparent, um den ersten Kick von Amethyst entwickeln zu können. Ohne Eigengeruch. Ohne individuellen Charakter.
Doch in bin es nun einmal nicht.
3 Antworten
KaliP vor 7 Jahren 20 3
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Kinder Kinder
Ich erbte Maroussia damals von meiner Mutter. Als es leer war, durfte ich ihn haben. Der Flakon war schwer, tiefrot und er erinnerte mich an einen Edelstein. Die letzten Tröpfchen in der Flasche zwängte ich durch den Zerstäuber und nahm den Geruch auf, den ich als Kind an meiner Mutter kannte. Ich weiß noch, dass ich den Flakon lange hatte, bis irgendwann der Deckel verschwand, ich älter wurde und meine Sammlung von Fläschchen und Pröbchen alter Düfte zu meiner Kindervergangenheit gehörten - und ich ein Teenie war. Maroussia verschwand nie ganz aus meinem Kopf, da ich Düfte nie vergesse, wenn sie besonders sind.

Gestern nun besuchte ich mit meiner Mutter die Drogerie und wir schnupperten uns durchs Regal. Ganz unten und leicht im Hintergrund entdeckte ich neben allerlei Ordinärem Gedöns diese mir vertraute Form. Maroussia in einem winzigen Fläschchen.
Nachdem eine feine Wolke aus dem Zerstäuber umher waberte, musste ich feststellen, dass die Flüssigkeit darin bereits scharf am Umkippen war. Dennoch ließ er erahnen, was ich an diesem Duft einst interessant fand, so wanderte ein weitere Artikel in mein Körbchen. 4,99€ für eine echte Kindheitserinnerung.

Zuhause legte ich den Duft frisch auf. Es war seltsam. Ich hatte Bilder und Ereignisse erwartet, die vor meinem inneren Auge erscheinen würden, wie ich es sonst oft bei mir bekannten Düften habe, doch es ergab sich nichts. Einzig die Erinnerung an ein "lange her", an eine Zeit, in der noch alles gut war, überkam mich. Ich weiß, dass meine Mutter oft so gerochen hatte, doch es gab keinen Moment, den ich explizit damit in Verbindung bringen konnte.
Für mich fühlte er sich auf eine beklemmende Art geborgen an.

Der Duft ist warm und würzig. Er ist wie orangene Sonne und gelbes Licht und rotbraune Erde und Staub. Er ist wie Wüste und Hitze. Er ist trocken und Sonnenbrand und lange, schwere Gewänder. Er ist orientalische Ornamente und rotes Glas und dunkle marokkanische Laternen, die Kerzenlicht in kühle, schattige Räume werfen. Er ist dicht bewachsene Palmenhaine und tief hängende, exotische, fast überreife Früchte. Er ist ein Gewürzbazaar unter dem Dach schwerer, samtener Sonnensegel. Er ist eine schöne Frau mit pechschwarzen Haaren, schokoladenbraunen Augen und einem goldenen Nasenring, von dem aus eine zarte goldene Kette an ihr Ohr führt, verborgen unter einem bestickten, mit Perlen und goldenen Münzen besetzten, dunkelroten Schleier, der ihr in die Stirn reicht. Er ist verführerisch, lasziv und unnahbar. Unerwartet und verborgen, wie ein Geheimnis, das nicht enthüllt werden soll.

Ob ich ihn tragen werde? Vielleicht zu besonderen Anlässen, denn für jeden Tag ist er in meinen Augen nichts.

Meine Mutter sagte, als sie den Duft an mir roch "Ich habe ihn geliebt. Doch das bin irgendwie nicht mehr ich."
Bin ich das, Maroussia?
3 Antworten
KaliP vor 7 Jahren 7 1
9
Flakon
7
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Eau delicious - köstlich herbstlich
Es war der erste Akkord des parfumischen Wirkens von George Gina & Lucy und meines Erachtens immer noch der beste. Der Name lässt hoffen, Eau de Licious - also köstliches Wässerchen.
Sehr vordergründig ist die erste alkoholische Note, von der man hofft, dass sie bald verfliegt. Es bleibt irgendwie chemisch, doch womöglich ist das die Kombination der Früchte in der Kopfnote.

Beim besten Willen kann ich die einzelnen Bestandteile nicht auseinander halten, wie es sonst bei Düften meist der Fall ist.
Nach etwa einer Minute setzt sich die scharfe, zitrische Anmutung, von der ich eher Bergamotte als Grapefruit und Mandarine als verantwortlich vermutet hätte. Es wird milder, blasser, wärmer. Amber und Benzoe kommen rüber, den Rest kann man nur vage im Hintergrund vermuten.
Der Duft ist sehr langlebig. Selbst jetzt rieche ich ihn noch an einem Tuch, das ich zuletzt im letzten Jahr trug. Womöglich aber auch, weil ich es täglich wieder mit dem Duft benetzt habe.

Wie bei einem guten Whisky soll man nicht zwischen gut oder schlecht unterscheiden sondern die Einzigartigkeit eines jeden Dinges würdigen, auch wenn es den eigenen Geschmack nicht trifft.
Für mich ist Eau de Licious der Inbegriff eines nass verregneten, kühlen Herbsttages, dessen Grautöne nur von gelborangen Blättern und dem karamellfarbenen Laub auf der Erde gebrochen werden. Ein Tag unterm Regenschirm, der Duft von Pilzen liegt in der Luft, die Tropfen prasseln auf das Nylon, unter den Schuhen quietscht der Boden. Die schwarzen Baumstämme glänzen, auf Moosen und Flechten perlt das Wasser in Rinnsalen hinab.
Man hat Lust, die Früchte der Natur zu sammeln, sie dekorativ zu arrangieren, kreativ zu werden und wie im Kindergarten Kastanientiere zu basteln.
Ein heißer Earl Grey mit Milch und ein kuscheliger Platz auf einer Fensterbank. Eine frühe Dämmerung, die im letzten Moment vom sterbenden Licht der untergehenden Sonne zerrissen wird und ein magisches Abendrot an den wolkenverhangenen Himmel malt.
Der erste Holzscheit im Kamin. Ein wohliges Leuchten.
1 Antwort
KaliP vor 7 Jahren 5
All time favorite
Als der Duft raus kam, kann ich mich gut daran erinnern, dass meine Mom und ich in unserer heimischen Parfümerie geschnuppert haben und beide gleichermaßen begeistert waren.
Am nächsten Tag hatte meine Mutter ein Fläschchen gekauft. Für uns beide. Damals lebten wir zusammen, allein. Dieser Duft erinnert mich noch an diese Lebensphase.
Ich bin heute nach wie vor ein Fan.
Was auch immer andere meinen, er gehört mit zu meinen Lieblingsmännerdüften im gemeinen Handel. Damals wie heute erkenne ich ihn überall sofort, die Sillage ist kaum zu verwechseln.
Ich müsste ihn mal wieder aufsprühen um zu sehen, ob er noch so ist wie damals.
Leider wird zu viel an den bewährten Formulierungen herum gedoktort. Wäre schade drum.
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KaliP vor 7 Jahren 7 2
Urlaubserinnerung
Als ich noch jünger war, war ich einmal im Februar zu meinem Geburtstag im Urlaub auf der Insel Djerba in Tunesien. Tunesien liegt in Nordafrika, direkt an der Mittelmeerküste und hat Wüstenklima, es ist also heiß, sandig, es wachsen Palmen und Agaven, Dattelpalmen... man besucht Bazaare, reitet auf Kamelen... und es weht eine trocken-salzige Brise. Ich erinnere mich an gleißend weiße Tage und warme Nächte ohne Bettdecke, an eiskaltes Wasser, seltsame Muscheln und einen Ritt auf einem Pferd am Strand. Ich war etwa 10 Jahre alt.

In meiner Erinnerung blüht, sobald ich den Duft von Wild Breeze aufnehme, genau dieser Urlaub wieder auf. Es ist haargenau diese Mischung aus Sand, salzigem Meer, frischen reifen Datteln, exotischen Gewürzen und der Nähe zum Orient, die mich sofort wieder empfängt.
Fast unheimlich, wie genau der Duft meinem damaligen Eindruck entspricht. Es war der erste Gedanke, der aufblitzte. Auch wenn meine Mutter sich an diesen Duft nicht erinnern konnte, für mich kam diese Zeit zurück. Ich sehe glückliche Bilder vor meinem inneren Auge, auch wenn ich diese Momente heute absichtlich hinter mir gelassen habe.

Wild Breeze hat etwas von Sonnencreme auf der Haut, einem guten Buch im Schatten auf einer Liege am Meer... es ist ein Urlaub für die Sinne! Mediterrane, wilde Blumen und ein rauer Wüstenwind umwehen die Nase, Fernweh garantiert!
Mit Noten von Hibiskus, Sternfrucht, Tonkabohne und Kardamom lag ich mit meiner Beschreibung so ziemlich genau in der Mitte der Zielscheibe, noch bevor ich die Bestandteile nachgeschlagen hatte. Mein bester Treffer bis jetzt überhaupt.
Immerhin bin ich auch mehr oder weniger ein Newbie im Universum der Duftakkorde.

Trotz Eau de Toilette, welches normal eher kurzlebig ist, erschnuppere ich den ganzen Abend die Mittelmeerbrise an mir. Wer also verliebt in Reisen und das Mittelmeer ist, wer Sonne und Strand erholsam findet und wer den Sommer für die schönste Zeit im Jahr hält, der sollte es auf jeden Fall testen.

Für mich der 2. erste Platz aus der Sammlung von George Gina & Lucy.
Ein echter Favorit und kostbar für mich. Meine Kindheitserinnerung in einer Flasche mit Karabiner.
2 Antworten
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