Beeren aller Arten gehören für mich seit Jahren einfach zum Sommer.
Wie gern erinnere ich mich an die so dornige Himbeerhecke, die den Garten meiner Oma nach hinten hin begrenzte:
Wie viele Flecken auf der sommerlichen Baumwollkleidung beklagten die Frauen meiner kindlichen Umgebung; wie viele Kratzer, von den spitzen Dornen verursacht, verzierten meine Haut - eine ganz eigene Art von Tattoo!
Die gelben Himbeeren, allein schon, weil dornenlos, liebte ich besonders; nur leider hatten sie immer Bewohner. Ich glaube, nicht eine Frucht war madenlos!
Erdbeeren stehen bei mir nicht so hoch im Kurs; wahrscheinlich, weil mir die deutschen Arten nicht so sehr schmecken. Alles ist eben doch nicht für alle!
Die von mir so geliebten aus der Nähe von Verona - dem "Alto Adige" - gibt es leider nur noch sehr selten.
Aber wenn an Johanni die Spargel- und Rhabarbersaison endet (wie ersehne ich jedes Jahr diese Frühlingsgemüse in ihren so vielfältigen Zubereitungsarten!), dann beginnt mein ganz persönlicher "Beerensommer"!
Über die mir als Kind immer wieder Bauchweh verursachenden Stachelbeeren (warum konnte ich nicht warten, bis sie wirklich reif waren?) schrieb ich ja schon in meinen Kommentar zu "Elderflower & Gooseberry" von Jo Malone.
Aber rote und tiefdunkle Beeren: da geht die Freude über viele Monate so richtig los!
Und das Schweinchen in mir ist lieber ein bisschen vorsichtig; die Obstflecken muss ich jetzt nämlich selbst entfernen!
So hat Lalique mit "Amethyst" genau meinen sommerlichen Duftgeschmack getroffen!
Im Gegensatz zu Bvlgaris "Omnia Amethyste" fehlen hier die frischen und grünen Noten: pinke Grapefruit und das viele Grün haben mich damals dazu gebracht, diesen eigentlich an eine Wohlfühl-Oase erinnernden Duft - ich schrieb darüber in meinem Kommentar - zu verschenken. Er bizzelte für meinen Geschmack doch etwas zu viel. Fast wie einer dieser "Bubble Balls" für die Badewanne.
Meine Nachbarin dagegen ist vollauf begeistert!
Ganz anders nun "Amethyst" von Lalique.
Ein erstaunlich sanfter, weicher Duft feiner Seife begrüßt mich.
Ich liebe ja immer noch Stückenseife, auf deren pure Sinnlichkeit bei der Benutzung ich nicht verzichten möchte.
Angesichts der beerigen Kopfnote bin ich schon hier sehr angenehm überrascht: ein feiner Hauch umschwebt mich.
Langsam gesellen sich nun die diversen Beerensorten hinzu: die lustvolle dunkle Brombeer-Nuance tändelt mit nicht nur Schwarzen, sondern wohl auch roten Johannisbeeren.
Die erwartete Säure überdeckt das seifige Entrée völlig; hier bizzelt und beißt nichts: alles ist angenehm ausbalanciert. Selbst noch, als sich die reife duftpralle Erdbeere einstellt; nicht ganz so dominant wie erwartet.
Eine mir immer ein wenig dumpf schmeckende Maulbeere - bis heute konnte ich nicht herausfinden, woran das liegt - schließt diesen Beerenmix sehr gekonnt und vollmundig ab.
Reife, volle Beerenvielfalt auf einem weißen Seifenschaumbett - nein, essen möchte ich diese Mischung nicht; aber als Duftkomposition erfreut sie mich sehr.
Sie zaubert ein glückliches Lächeln in mein Gesicht: Sommer - ich komme!
Pfingstrosen: in den letzten Wochen regelmäßige Gäste in meinen großen Vasen.
Wie liebe ich diese schweren, Blütenblatt reichen Köpfe, das dunkle Blattwerk und den Sonne und Leichtigkeit verheißenden Duft!
(Dass ich sie zur Nacht gerade wegen dieses Duftes auf den Balkon verbannen muss, gehört dazu.)
Hier in "Amethyst" verströmen sie diesen Duft sehr großzügig; ganz im Wettstreit mit einer Rose, deren Köpfe in meiner duftigen Vorstellung durch die Schwere der Blüten leicht hängen: zu gewaltig ist ihr Farb- und Aromareichtum!
Als Highlight erscheint endlich Ylang-Ylang: wie freue ich mich jedes Mal an dessen Funkeln und Strahlen!
Für mich werden dadurch immer wieder leuchtende Duftakzente gesetzt; der Duft von Ylang-Ylang erinnert mich an die Leuchtkäfer, die einen sommerlichen Abendhimmel verzaubern und zu ganz eigenen Traumreisen verführen!
Die leichte Zärtlichkeit des Duftes ist aber an dieser Stelle doch noch sehr flüchtig; "Amethyst" könnte hier Ariel, dem Luftgeist, gewidmet sein.
Es fehlt noch eine Basis, die ein wenig Festigkeit und Erdverbundenheit vermittelt.
Geschickt wird dies zuerst durch Hölzer, nicht allzu dunkel, nicht allzu edel - aber wunderbar duftig in der Sonne getrocknet, erreicht.
Geschichtetes Holz, das die Zeit hatte, z. B. am Waldwegesrand durch Sonne und Wind zu trocknen, erfreut mit diesem ganz besonderen, reichhaltigen Duft.
Genau dieser wurde hier einfangen und harmonisch integriert: der Luftgeist erhält dadurch eine irdische Bindung! (Er wird nicht gefragt, ob es ihm gefällt!)
"Amethyst" von Lalique ist kein "Klein-Mädchenduft": deshalb darf auch eine gewisse erotische Komponente, ein leises höchst weibliches Locken hier nicht fehlen. Schließlich kommt er doch aus Frankreich!
Die warme erotische Sämigkeit der Vanille trifft deshalb auch auf eine gekonnt dosierte Moschusgabe.
Nichts ist hier zu viel, nichts zu laut oder herausfordernd: eine sehr feminine, fast fragile Eleganz, ein lockendes Schweben strahl dieses nun vollendete Duftkunstwerk aus.
Bei mir hält dieser feine Duft mehrere Stunden; wobei mich die anfängliche Seifenanmutung immer wieder angenehm berührt: sie verlässt mich nie ganz. Ein duftiger Schleier umgibt mich, reichhaltig und doch vornehm zurückhaltend. Wohltuend und beglückend!
Der Ausklang des Duftverlaufs lässt mich ein kleines bisschen wehmütig zurück: "Verweile doch, Du bist zu schön!" möchte ich in Anlehnung des Dichterwortes sagen!
Schön ist auch der Flacon; wie könnte es bei dieser Firma, deren Glaskunst immer wieder fasziniert und verzaubert, auch anders sein.
Eine klassische Form, die von dem tiefen Farbton des Amethysts dominiert wird.
Vorsicht! Der Amethyst bleicht unter Sonneneinstrahlung aus - hoffen wir, dass es diesem Flacon nicht so geht! Aber wer von uns setzt seine duftigen Lebensgefährten schon der prallen Sonne aus?
Amethyst ist nicht nur wunderschön in Schmuckstücke integriert; er verfügt auch über eine große Heilwirkung.
Selbst bei Schlaflosigkeit eingesetzt, sorgt er für erholsamen Schlaf. Bei mir liegt immer ein dicker, ähnlich einer Eiform geschliffener Amethyst unter dem Kopfkissen. Begleitet wird er von einem Rosenquarzherz.
Ganz ehrlich: mal hilft er, mal hilft er nicht. Sicher ist nur, dass er nicht schadet!
Amethyst verwandelt negative Energien und kann psychische Erkrankungen stabilisieren.
Durch seine blutreinigende und ableitende Wirkung, gilt der Amethyst auch als Helfer gegen Alkoholismus.
Der Volksmund glaubt daran: glauben wir es oder auch nicht!
Der tiefe Farbton soll Kraft, Macht vermitteln: nun, wir nehmen, was wir bekommen können!
Ich glaube, man merkt es deutlich: ich habe mich in "Amethyst" verliebt!
In die sanfte Zärtlichkeit, diese leise Melancholie - ein Duftgebilde ganz nach meinem Herzen.
Um so glücklicher bin ich, dass der Mini-Zerstäuber mit der Probe noch gut gefüllt ist: so schnell möchte ich diese Schönheit nicht gehen lassen.
Denn Laliques "Amethyst" wird mich mit Sicherheit eine Zeitlang begleiten.
Ich danke hier wieder einmal einer lieben und großzügigen Parfumista, die mir diese Probe überlassen hat.