KnowThis30

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KnowThis30 vor 4 Jahren 11 4
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Wo es kein schlecht oder gut, richtig oder falsch zu geben scheint...ist alles Geschmackssache...
Nun...was lässt sich über einen Duft wie Dior Sauvage (EDT) sagen, was noch nirgends gesagt wurde? Vermutlich nichts! Lassen sich die Duftnoten auf einer Klaviatur neu komponieren, wie sie von noch keiner Person zuvor komponiert wurden? Vermutlich auch nicht! Alles, auf das es sich lohnt ein genaueres Augenmerk
zu werfen, wurde mit größtmöglicher Sicherheit schon in der ein oder anderen Form in diesem Forum und anderswo beschrieben. Gelobt, verissen, gehasst, geneidet, geliebt und vergöttert...Dior Sauvage.

Und dennoch möchte auch ich versuchen meine Meinung zu diesem - doch immerhin - Meinungen spaltenden Duft kundzutun, lässt sich Dior Sauvage doch ohne Untertreibung in seinem Erfolg mit dem originalen Acqua di Giò von 1996 vergleichen. Vielleicht mag sich der Erfolg ein wenig langsamer als einst eingestellt haben, doch ist Sauvage heutzutage mindestens genauso bekannt und beliebt wie der einstige König unter den aquatischen Düften - nur eben mit stärkerer medialer Präsenz! Allen voran im Netz.
Doch zunächst möchte ich mich drei Behauptungen nähern, von denen ich glaube, dass sie die Misere dieses Duftes ziemlich genau umfassen:

Behauptung 1:
Dior Sauvage ist - mindestens aus verkaufstechnischer Sicht - das wohl beste Beispiel für gelungenes Marketing!

Behauptung 2:
Anders als zur Anfangszeit des Duftes von Youtubern und Kritikern verrissen, handelt es sich bei Sauvage keinesfalls um einen schlechten Duft!

Behauptung 3:
Abseits der breiten Masse scheitert der Duft unter Kennern vermutlich ganz zu Recht an der Dufthistorie des Hauses Dior!

Auch wenn es für einen Duft eigentlich unsinnig erscheinen mag, möchte ich die eigentliche Beschreibung zunächst mit dem Marketing und der Bewerbung des Duftes beginnen, in der meiner Meinung nach eine der größten Stärken dieses Duftes schlummert. Fernsehwerbung, Werbebanner im Netz, Anwesenheit in entsprechenden Foren und Blogs, sowie die unübersehbare Kampagne in einschlägigen Boutiquen haben diesen Duft dorthin gebracht, wo er nun einmal steht - auf den obersten Plätzen der beliebtesten Düfte.
Ich selbst möchte mich als unfreiwilliges Opfer dieser gut geölten Werbemaschinerie bezeichnen, kaufte ich mir den Duft im Jahr 2015 doch kurz nach seinem Erscheinen und leerte den Flakon so schnell wie vermutlich kaum einen anderen vor ihm. Und das trotz der wirklich respektablen Haltbarkeit - aber hierzu später vielleicht mehr.

Ja, ich war eines seiner frühen ersten Opfer, hatte dabei jedoch nie die heutzutage so gerne in Clubs präsente Aura im Hinterkopf!
Denn während Dior Sauvage Neulinge und Gelegenheitskäufer "lediglich" über den zurdamaligen Zeit noch neuartigen Duft - bei all den Ambroxschleudern die es im Jahr 2019 zu kaufen gibt, handelt es sich unverkennbar um Trittbrettfahrer - einfing, köderte er die Kenner - oder auch nur die Informierten - mit seinen eher subtileren Lockstoffen: Der Name "Sauvage" weckte bewusst Assoziationen an das großartige einstige "Eau Sauvage" des Großen Meisters Edmond Roudnitska aus dem Jahre 1966. Aber auch wer lediglich die Parfumvariante des Jahres 2012 kannte, hatte zumindest gedanklich zu Recht einen guten Grund auf freudige Erwartungen.
Und dann noch dieser Flakon! Zwar ein wenig kleiner, aber für Eingeweihte durchaus mit den Gegenstücken der Privée-Kollektion vergleichbar. Düfte, die allein aufgrund ihres Preisetiketts und ihrer Abwesenheit als ewig leere Tester in den Regalen der Boutiquen für puren Luxus stehen - ganz gleich wie irrational der Gedanke manch einem erscheinen mag, mehrere hundert Euro für einen einzigen Duft auszugeben. Und das im Jahr 2015 etwas so unscheinbares und beinahe banales wie ein magnetischer Verschluss (in der Designerkategorie) ebenfalls noch keine Selbstverständlichkeit war, sollte hier auch nicht unerwähnt bleiben.

Was aber macht diesen Duft, diese - ich betitelte diese bereits zuvor - Ambroxschleuder so beliebt? In wenigen Worten: seine universellen Einsatzmöglichkeiten! Genau wie das zu Beginn genannte Acqua di Giò und manche seiner heutigen Nachfolger bzw. Wegbegleiter, ist Dior Sauvage so vielseitig einsetzbar wie nur wenig andere Düfte.
Es kann - und ich bitte mir meine jetzige Wortwahl ein wenig zu verzeihen - "prollig" genug für abendliche Festivitäten, ausreichend "nüchtern" für die allermeisten Büroumgebungen, "würzig" genug für die älteren und "frisch" genug für die jüngeren Generationen sein.
Ein beinahe gänzliches Ausbleiben von Entwicklung gereicht dabei ausgerechnet diesem Duft mehr zum Erfolg als zur Schande, liefert er den testenden Käufern doch oftmals ein viel klareres Bild als so manch verzweigender und Abfahrten suchender Duft aus Kopf-, Herz- und Basisnote. Was man - sofern man vor Ort überhaupt dazu in der Lage ist - vor dem eigentlichen Kauf riecht, ist hier in der Regel auch was man bekommt.
Obwohl...ein kurzer Einwand sei mir noch gestattet: das Testen auf der Haut wird gerade bei Dior Sauvage (und auch allen darauf folgenden Ambroxschleudern) dringend empfohlen! Ein simples Beschnuppern eines Teststreifen kann in diesem Fall Zuhause durchaus zu einem ungewollten Rümpfen der Nase und einer ärgerlichen Erleichterung des eigenen Geldbeutels beitragen. Denn gerade dieses so metallisch und stechend riechende Ambrox besitzt die Fähigkeit - oder sollten wir sagen Fluch - auf der Haut eines jeden Besitzers anders zu riechen. Dem eigene PH-Wert sei Dank...u.a.

Halten wir also fest, dass es sich bei Dior Sauvage keinesfalls um einen schlechten Duft handelt! Denn seien wir ehrlich: auch das beste Marketing mag einem zum Himmel stinkenden Duft nicht dauerhaft zum Erfolg verhelfen. Und dass er - wie so viele andere erfolgreiche Düfte auch - seinem Erfolg und den unweigerlich folgenden Kopien zum Opfer fällt, ist heutzutage wohl oder übel auch eher die Norm als die Ausnahme. Im Jahr 2015 war sein Duft etwas Besonderes! In 2019 ist er nur einer unter sehr vielen!

Das Dior Sauvage gerade in seiner Anfangszeit auf Youtube und in entsprechenden Foren dermaßen viel Häme entgegen schlug, dürfte allen voran vermutlich seinem zuerst undefinierbaren Zweck geschuldet sein, waren die meisten Düfte aus dem Hause Dior doch eher etwas für Liebhaber. Homme, Fahrenheit, Dune und Higher ließen sich allesamt nicht als Einheitsbrei bezeichnen, brauchten oftmals geschulte Nasen oder zumindest mehrere Versuche und Zeit um Bewunderung zu erfahren und ans Herz zu wachsen.
Dior Sauvage hingegen schien von Beginn an für die Masse und nicht für die Liebhaber gemacht zu sein. Wer seinen getragenen Duft studierte, gezielt auswählte oder nach Zweck und/oder Jahreszeit rangierte konnte hiervon nur enttäuscht sein - allen anderen war es hingegen schlichtweg gleichgültig!

War es also gut, dass dieser Duft 2015 das Licht der Welt erblickte? Ein klares: Ja! Viele Düfte in den Boutiquen scheinen von weitaus schlechterer Qualität zu sein, erfahren aber aufgrund mangelnder Popularität nicht ansatzweise so viel Kritik. Mag die Zeit des Ambrox auch irgendwann vorbeigehen und den Platz für andere Vorlieben oder Trends räumen, so kann man sich doch sicher sein, dass zumindest Dior Sauvage - als quasi Beginner dieser Gattung - auch weiterhin seinen Platz in den Regalen der Düfte innehaben wird. Vielleicht kein Duft mehr für Jedermann, aber doch zumindest noch eine lange Zeit für viele und so gut wie jede Gelegenheit.

Oder um es mit den abgewandelten Worten eines Schweizer Arztes und Naturforschers zu schließen: "Nur die Dosis macht das Gift".
4 Antworten
KnowThis30 vor 4 Jahren 6 3
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Das Ende des Jahrtausends neu aufgelegt...
Die Allermeisten dürften das Original kennen! Spritzig und frisch läutete er das Ende des Jahrtausends in der Duftwelt ein. Die Profumo-Variante tritt also in zumindest große Fußstapfen, betrachtet man die Beliebtheit dieses Duftes ...

... und füllt diese exzellent aus! Die zugrunde liegende DNA bleibt erhalten, das Aquatische wird weder ignoriert noch zu stark verändert. Stattdessen wurde die Tiefe der würzigen Noten enorm verfeinert und harmoniert in dieser Variante wunderbar mit dem neu hinzugekommenen Weihrauch.

Die Haltbarkeit dürfte wohl mit der größte Pluspunkt der Profumo-Variante sein, hat das Original doch durch mehrfache Reformulierungen - nicht nur ausschließlich - in diesem Punkt mehr gelitten als hinzugewonnen. Fünf bis sechs Stunden kommen dabei problemlos zustande, was weit mehr ist als das Original zur jetzigen Zeit imstande zu sein scheint. Wem diese Zeitspanne zu kurz erscheint um sie als "problemlos" zu bezeichnen, dem sei eine Relativierung hinzuzufügen: Die meisten Düfte scheinen mit meiner Haut eine etwas andersartige Symbiose einzugehen, als sie von vielen Rezensenten beschrieben wird. Düfte die halten sollen wie Klebstoff, verfliegen wie ein schwacher Atemstoß an einem warmen Sommertag - andere mit angeblich schwacher Performance scheinen sich mir wie eine offene Probeflasche um den Hals zu hängen und dort den lieben langen Tag zu verweilen. Acqua di Giò Profumo landet - meiner Einschätzung nach - irgendwo dazwischen. Nichts besonderes! Allerdings auch endlich wieder dort, wo das Original sich einst befand!

Die Sillage ist in meinen Augen (bzw. in meiner Nase) ein zweischneidiges Schwert! In der Kopfnote kommen die aquatischen Noten - nachdem der erste Anflug des Alkohols verflogen ist - wunderbar und auch deutlich zur Geltung. Selbiges gilt für die Herznote, auch wenn hier definitiv die dunkleren Gewürze und Sträucher tonangebend sind. Enttäuschend ist für mich hingegen die Basisnote! Nicht etwa weil die Kombination aus Patchouli und Weihrauch deplatziert oder anderweitig unpassend riecht. Nein, vielmehr unterstreicht sie das Dunkle der Profumo-Variante, die neu hinzugekommene Tiefe , das Erwachsene - wenn man es denn so betiteln möchte. Wenn mich etwas in der Basisnote stört, ist es die Art und Weise wie hautnah dieser Duft in seiner letzten Phase wird. Kaum noch auszumachen, scheint er ab hier um eine Auffrischung geradezu zu betteln.

Über den Flakon sind hingegen kaum Worte zu verlieren - das Original in Dunkel. Dem Thema des Duftes folgend wurden weder Flakon noch Duft zu stark verändert. Vielmehr ein klein wenig verbessert und Augenmerk auf die alten Tugenden gelegt.

Ist dieser Duft also genauso gut wie sein Original vom Ende des Jahrtausends? Ganz eindeutig: Ja! Was verändert werden musste, wurde von Herrn Morillas konsequent angepackt und was schon immer funktionierte ebenso konsequent belassen! Ist es aber deswegen ein gleichwertig imposanter Duft wie einst das Duftsystem erweiternde original Acqua di Giò?
Nun...für alle die einen wertigen (bzw. in meinen Augen besseren und maskulineren) Ersatz für ihren einstigen Schatz gesucht haben: In jedem Fall! Für all jene ist ein Blindkauf durchaus nichts, wovon klar abzuraten ist. Wer das Original mochte, wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die Profumo-Variante mindestens gleichwertig mögen.
Für alle anderen allerdings: Wohl eher nicht! Der Zeit - und der Menge an neu erscheinenden Düften - geschuldet, ist das Feld der aquatischen Düfte groß und größer geworden (da dies mein erster Kommentar ist und ich die Richtlinien des Forums nur überflogen haben, verzichte ich sicherheitshalber auf die Nennung von Alternativen) und hat im Laufe der Jahre interessantere und meiner Meinung nach mindestens gleichwertige Düfte hervorgebracht. Anders als das Original läutet Acqua di Giò Profumo also keinen Systemwechsel mehr ein, sondern reiht sich als einer von vielen beinahe unscheinbar in der Menge unter. Ein gut riechender und wohltuender Duft mit dem man zwar nichts sonderlich falsch machen kann und der sich in beinahe jeder erdenklicher Situation tragen lässt (anders als so manch bekannter Youtuber-Rezensent verlauten lässt, ist dies meiner Meinung nach kein Duft der ausschließlich in entsprechender Kleidung zu tragen ist).

Definitiv ein Immergeher!
3 Antworten
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