Kovex

Kovex

Rezensionen
6 - 10 von 31
Kovex vor 3 Jahren 26 19
7
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ein lauer Sommerabend am Meer
Filippo Sorcinelli ist ein Tausendsassa. Grafikdesigner, Kreativdirektor, Fotograf und Maler sowie studierter Musiker. Dass er in die Welt der Düfte eingestiegen ist, ist ein Segen für mich, denn seine Nähe zur Kirche ist wohl der Grund, warum in zahlreichen seiner Düfte Weihrauch eine tragende Rolle spielt, eine meiner liebsten Duftnoten.

Schon als Kind begann er als Kirchenorganist tätig zu werden. Dadurch inspiriert entwickelte er seine Duftfamilie Extrait de Musique, deren Flakons an die Registerzüge einer Kirchenorgel erinnern sollen. Viele gute und tragbare Düfte rund um das Thema Räucherharz.

Die Unum-Kollektion ist für mich die speziellste seiner Duftfamilie im besten Sinne. Eine breite Spannbreite unterschiedlichster Duftkonzepte, die die Nischenparfümerie geradezu zelebriert, so außergewöhnlich sind die meisten dieser Düfte. Da er auch als Gewandschneider für die Päpste Benedikt und Franziskus tätig war, sollen die Kleider vor Auslieferung sogar mit seinem Duft LAVS eingesprüht worden sein, der - wenn auch in der Duftpyramide nicht angegeben - das Weihrauchthema nochmals in den Mittelpunkt rückt.

Nicht ganz so keusch sind seine eher experimentellen Düfte aus der X SÉ-Kollektion, die sich thematisch mit den sexuellen Abgründen des Rotlichtmilieus auseinandersetzen. Naja, Siddartha Gautama (Buddha) musste auch erst die geistige UND die weltliche Welt erkunden, um danach in das Nirwana eingehen zu können. Insofern bleibt Sorcinelli seiner Religiösität treu.

Die 2022 erschienen Düfte aus der SuperFluo?-Kollektion sind aus meiner Sicht wohl die „harmlosesten“ und zugänglichsten seiner Werke, wobei mich Dolcissimo Sollievo sofort eingenommen hat. Kein Wunder, ist auch hier Weihrauch verbaut, wenn auch in homöopathischer Dosierung.

Meiner Ansicht nach sind die Kopf- und Basisnoten hier in der Duftpyramide genau umgekehrt angegeben wie ich sie empfinde. Der erste Dufteindruck ist zitrisch und leicht hell-harzig, was nicht verwundert, enthält Elemiharz, welches durch Dampfdestillation in Elemi-Öl umgewandelt wird, Limone als einen der prägenden Gerüche. Das ist nicht fruchtig und auch nicht so frisch und belebend wie in vielen anderen Zitrusdüften, sondern tritt sehr gedämpft in Erscheinung. Rosmarin begleitet ein wenig und nimmt dem Elemiharz die Spitzen.

Von den angegebenen Blumen (Iris, Maiglöckchen und Gardenie) sind nur Nuancen zu erkennen, mehr Begleiter als eigenständiger Duftträger. Die maritimen Noten sind weit davon entfernt aus Dolcissimo Sollievo einen Aquaten zu machen. Kein penetrante Synthetik, welche durch ein Übermaß an Calone sehr schnell zu einem unangenehmen künstlichen Eindruck führt wir er häufig in Drogeriedüften anzutreffen ist. Vielmehr eine Spur Mineralisches, eine Prise Salz und wir finden uns am Strand wieder.

In meinem Schubladendenken, teile ich Weihrauch grob in drei Richtungen auf: Der Rauchige, der Aromatische und der Leichte und Luftige, wir er in den meisten Düften vorkommt, wenn er nicht die Hauptrolle spielen darf, wie auch hier. Dies führt dazu einem Duft die Schwere zu nehmen, die Duftnoten aufzulockern, gerade in Verbindung mit Iris eine Offenbarung für mich.

Was sich jedoch gleich von Anbeginn bemerkbar macht, ist dieser warm-weiche, minimal vanillige Amberton, welcher sich durch den gesamten Duftverlauf zieht und eine milde und auch für mich gut erträgliche leichte Süße beisteuert. Amber bringe ich normalerweise eher mit Winterdüften in Verbindung, hier allerdings legt er sich wie ein flauschiger leichter Teppich über die übrigen Duftnoten und verhindert, dass der Duft als typischer Sommer-Freshi abgestempelt werden könnte. Mich erinnert das an einen flammenden Sonnenuntergang am Meer im Frühjahr oder Spätsommer, wenn sich der Tag dem Ende neigt und die Temperaturen langsam sinken.

Dies sind auch genau die Situationen in denen ich mir gut vorstellen kann Dolcissimo Sollievo zu tragen. Nicht an den ganz heißen Sommertagen, sondern eher die schon kühleren Abende in maritimer Umgebung, wenn ein T-Shirt schon fast zu kühl ist um draußen zu sein. Ein gepflegter und frischer aber dennoch warmer Duft, der Wohlbehagen und Gemütlichkeit erzeugt.

Fein gemacht Herr Sorcinelli, es geht also auch einfach und unkompliziert ohne olfaktorische Herausforderungen. Ich bleib dabei: gut, dass er sein künstlerisches Schaffen auch um Parfüms erweitert hat.
19 Antworten
Kovex vor 3 Jahren 45 58
6
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Ich bin kein Blindkäufer
Ich bin doch Betriebswirt, kühler Stratege, eiskalter Kalkulierer, der spitze Bleistift mein Werkzeug, berechnend, abwägend und folgerichtig entscheidend. Alles Eigenschaften, die ich in der Parfümwelt über den Haufen werfe. Habe ich was gesagt?

Die Parfümbranche scheint Eigenschaften in mir hervorzurufen, die mich an meinem Verstand zweifeln lassen. Die Ankündigung, dass Düfte eingestellt werden, Reformulierungsängste, der letzte verfügbare Vintageduft, limitierte Auflagen. Alles Themen, die mich triggern, unvernünftig sein lassen, vorschnelle Entscheidungen treffen lassen. Ich hasse mich dafür. Aber doch: sie schaffen es immer wieder. Jaja, ich weiß: das limbische System. Die Fernsteuerung unserer Gefühle. Zwecklos dagegen anzukämpfen. Bin ich also entschuldigt? Auf jeden Fall!

Ich mag Kunst. Ich mag Künstler. Antonio Gardoni ist einer. Studierter Architekt, spezialisiert auf Innenarchitektur, Grafik- und Produktdesigner mit namhaften Kunden wie Nike, Redbull, Google und so weiter. Der muss was können. Und dann noch eine eigene Parfüm-Marke. Passt das? Und wie, der kann was.

Sein wunderbarer Duft Maai öffnete mir die Türen zu den blumigen Düften, dem Anderen, schräg sein ausdrücklich erwünscht. Ich könnte mich darin suhlen.

Und dann die Ankündigung eines neuen Duftes in einer auf 500 Stück limitierten Auflage. Wieder prall gefüllt mit Duftnoten bei denen es schwer fällt sich das Ergebnis vorzustellen. Ist das das Risiko eines Blindkaufs wert? Was? Schon vergriffen? Geht gar nicht. Such, stöber, find. Nur noch einer verfügbar? Bestellbutton gedrückt, schneller als die Seite die Bilder nachladen konnte. Da hatten sie mich wieder.

10 eröffnet herrlich bitter zitrisch. Keine Frucht, nur der Abrieb der Schale, die Destillation der Zweige, Blätter und Fruchtansätze, unreif, grün, belebend und erfrischend. So wird der Frühling eingeläutet. Das hält erstaunlich lange, hat Ausdruckskraft, ich kann nicht genug davon bekommen, noch zumal die Feige eine kleine Nebenrolle spielt oder das Feigenblatt, die Feigenmilch, egal, grüner Feige kann ich nicht widerstehen. Woher wusste er bei der Namensgebung, dass ich ihm 10 Punkte geben würde? Also auch noch ein Hellseher.

Nach ca. 30 Minuten mogeln sich florale Töne dazu, unmöglich auszumachen, wer hier wem die Schau stiehlt, Duftnoten runterbeten zwecklos. Das Gesamtergebnis zählt. Es wird weicher, sanfter, die Bitterkeit der ersten Minuten löst sich sachte auf, verschmilzt auf der Haut. Es bleibt konsequent unsüß, das Paradebeispiel eines Unisex-Duftes. Allenfalls die Puderwölkchen im späteren Verlauf verschieben die Akzente von herb zu lieblich und könnten den Anschein von etwas Süßlichem erwecken.

Was Animalik betrifft bin ich unerschrocken. Hier kann ich die Angst nehmen. Das Zibetkätzchen schnurrt nur ein bisschen, gerade so viel um den Duft einen verwegenen kleinen Schubser zu geben. Auch Weihrauch-Verächter kann ich beruhigen. Der Weihrauch hier lüftet alles nur ein wenig, steuert ein bisschen Kante bei. So macht man Düfte. Nicht plakative sondern subtile Kunst. Das Meisterliche eines van Gogh erkennt man auch erst, wenn man ganz nah ran geht.

Wie man lesen kann, soll der Duft 10 nur eine Zwischenstation sein zu einem endgültigen Duft der 2023 erscheinen soll, quasi eine Teilhabe am dem Projekt, was noch gar nicht zu Ende ist.
Fast möchte man ihm zurufen: „Stop! Hör auf, besser kann es nicht mehr werden!“ Und schon bin ich wieder angetriggert. Ob ich in 2023 auch wieder blind kaufen werde? Ach komm, im Frühjahr kommt doch die steuerfreie Inflations-Ausgleichs-Pauschale, damit hat ja auch keiner gerechnet.


58 Antworten
Kovex vor 3 Jahren 17 18
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Eher Oase als Wüste
Karim Abu El-Ez war ein glücklicher junger Mann. In seinem Kulturkreis war es üblich, dass die Eltern über die Wahl des künftigen Ehepartners mit den Brauteltern verhandelten. Während viele seiner Freunde mit ihrem fremdbestimmten Schicksal haderten, war er in der glücklichen Situation, dass die Wahl der Eltern auf seine Jugendliebe fiel.

Shayenne wuchs in seiner Nachbarschaft auf und schon als Kinder malten sie ihre Zukunft mit Stöcken in den trockenen Sandboden. Als sie mit ihren Eltern vor ein paar Jahren in eine entferne Oase umzogen da ihre Mutter die karge Einöde des Wüstendorfes nicht mehr ertrug, verloren sie sich aus den Augen. Vergessen konnte er sie jedoch nie.

Die Hochzeit sollte in der Oase ihrer neuen Heimat stattfinden. Ein mehrtägiger beschwerlicher Ritt durch die Wüste ging dem voraus. Um nicht im ständigen Dunstkreis der Kamele zu sein, setzte er sich an die Spitze der Karawane, auch um ungestört seinen vorfreudigen Gedanken nachzuhängen. Drei Tage schon waren sie unterwegs. Nichts als trockener Sand, blauer Himmel und eine sengende Hitze schärften seine Sinne, denn es gab weder optische, geruchliche oder akustische Reize, die ihn von seinen Gedanken hätten ablenken können.

Die olfaktorische Reise von Desert Nights to Remember beginnt erst mit Erreichen der Oase, denn der Duft ist anders als der Name vermuten lässt, nicht wirklich ein Wüstenduft wie Andy Tauer das beispielsweise recht authentisch umgesetzt hat.

Die Parfümeurin Sylvie Jourdet hat mit Dear Diary eine Marke erschaffen, die nahezu unbekannt ist. Eine eigene Web-Seite gibt es nicht. Die Bezugsquellen eher schwierig zu finden. Überhaupt scheint die Dame nicht all zu viel Wert auf eine Online-Präsenz zu legen. Auch auf der Web-Seite von Histoires de Parfums, für die sie einige Düfte kreiert hat, gibt es keinen Verweis auf Ihre Person. Wie so oft war es eine Zufallsbekanntschaft, diesen Duft kennen zu lernen. Danke Verbena!

Als Karim mit seiner Karawane die Oase erreichte, war es, als betrat er eine andere Welt. Das Klima wechselte schlagartig von trocken zu feucht. Die Farbenpracht des Dorfes und die üppige Vegetation fluteten seine Sinne. Typisch orientalische Gewürze des nahegelegenen Marktes wie Safran und süßlicher Zimt in Verbindung mit frischen Thymian ergänzten den Geruch von Jasmin und den prallen Rosenbüschen, die an den Mauern empor kletterten auf wundersam harmonische Weise. Es war als wollte sich das Holz der Marktstände durch Ausdünsten von Harzen gegen die Mittagshitze wehren und legte sich wie ein Schleier auf all die anderen Gerüche.

Als er Shayenne nach all den Jahren der bloßen Erinnerung endlich in seine Arme schloss, atmete er den lasziven Geruch Ihres Körpers ein. Es schien als hätten sich all die Gerüche der Umgebung auf ihrer von Schweiß benetzten Haut niedergelassen um eine Symbiose einzugehen, die eine frivol-erotische Stimmung in ihm erzeugte. Ihre leuchtend grünen Augen unter dem schwarzen Haar spiegelten all die Sehnsüchte wider, denen er auf seiner Reise durch die Wüste entgegenfieberte. Ja, Karim war ein glücklicher Mann.

Desert Nights to Remember ist ein aus meiner Sicht hocherotischer Duft, der von beiden Geschlechtern gleichermaßen getragen werden kann. Rose und Jasmin sind so innig ineinander verwoben ohne das eine der beiden dominant wird, dass ein völlig neues Duftbild entsteht. Ja, der Duft ist süßlich, ist aber weit entfernt von der synthetischen Tonka-Süße der aktuellen Duftmode. Die Gewürze und harzigen Eindrücke sind so herrlich harmonisch in den Blumenreigen eingebunden, dass sie sich gegenseitig im Zaum halten. Über allem liegt von Beginn an eine laszive Animalik, die niemals schmuddelig oder gar dreckig wirkt. Auch wenn Bibergeil als Duftnote angegeben ist, führe ich diese Animalik eher auf das angesüßte schwül-blütenschweißige Gesamtbild des Duftes zurück. Ein Duft zum Wohlfühlen, der seine Stärken in den kühleren Jahreszeiten voll zur Geltung bringt. Auch wenn ich blumige und süße Düfte lieber an Anderen rieche, hier mache ich eine Ausnahme.
18 Antworten
Kovex vor 3 Jahren 31 47
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Sillage
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Haltbarkeit
9
Duft
Dein Vater
Dein Vater hat viele der Klischees, die einem Schifffahrtskapitän anhängen gänzlich erfüllt. Als du mich vor über 20 Jahren deinen Eltern vorstelltest, saßen wir im Garten, am Rande des Reetdach-gedeckten Hauses, eingerahmt von uralten Buchen und Eichen. Er war wortkarg, der Blick eher grimmig als zugewandt, mehr stiller Beobachter als extrovertierter Unterhalter. Autorität strahlte er aus, seine Weltgewandtheit und Menschenkenntnis wusste er zu verbergen.

Sehen konnte er mich kaum noch. Eine Augenkrankheit die sukzessive zur vollständigen Erblindung führte, hatte ihn kurz zuvor dazu veranlasst, seinen Kapitänsberuf aufzugeben, bevor ein Arzt es per Attest tun würde. Verantwortung war etwas, dass er als jemand der zigtausende Bruttoregistertonnen Waren durch alle Weltmeere lotste, mehr als zu tragen verstand. Aber es war nicht seine Art mit alten Seemannsgeschichten zu prahlen, ebensowenig wie über sein Schicksal zu jammern. Ein aufrechter, ein stiller und ehrenhafter Mann, Dein Vater.

L'Odorat - Étude 1.5 erinnert mich an ihn. Die Möbel seines alten Kapitänszimmers standen im Keller, das Gästezimmer. Schwere Tropenholzmöbel, allerlei holzgeschnitzte Kunstwerke aus aller Herren Länder, Schifffahrtsutensilien, Schlangenhäute und riesige Schildkrötenpanzer. Mitbringsel vergangener Zeiten, als der Zoll so etwas noch durchgehen ließ, als Einfuhrbestimmungen noch auf einen Bierdeckel passten. Im Regal seine alten, ledergebundenen Tagebücher, vom Wetter gegerbt, von unzähligen Einträgen mit Leben gefüllt, von Deines Vaters Leben.

Wann immer ein Duft es mir schwermacht seine Duftnoten zu erkennen oder zu isolieren, weiß ich, dass ich ein Meisterwerk vor mir habe. Gerne vergleiche ich das mit einem klassischen Orchester, wenn vor dem Konzert die Instrumente gestimmt werden. Man nimmt die einzelnen Instrumente wahr, aber ein Hörgenuss ist es sicherlich nicht. Erst wenn die Instrumente vom Dirigenten durch die Komposition geführt werden, wird eine Sinfonie daraus. Erst das Zusammenspiel ergibt die Harmonie und die Instrumente verschmelzen miteinander. Kaum möglich eine Violine von einer Bratsche zu unterscheiden. Es entsteht ein Gesamtkunstwerk, dessen einzelne Protagonisten unabdingbar für das große Ganze sind.

L'Odorat - Étude 1.5 eröffnet mit einem zart ledrigen und leicht harzigen Dufteindruck. Schon zu Beginn will die Duftpyramide mich in die Irre führen, mir einen Verlauf vorgaukeln, der so bzw. nicht in dieser Reihenfolge existiert. Der ledrige Eindruck ist sehr subtil und keineswegs so plakativ wie Tom Fords das in seinem berühmten Lederduft zelebriert. Eher das Aroma einer alten Brieftasche, die zwar noch ledrige Nuancen enthält, aber doch angereicht wurde durch das pralle Leben Ihres Trägers, so wie die alten Tagebücher deines Vaters. Hatte er Alpenveilchen zwischen die Seiten des Buches gelegt? Kräuter zum Trocknen darin für die Ewigkeit aufbewahrt? Das Leder ist aromatisiert aber nur einen Hauch, eine Ahnung von dem was die Natur und die Vergangenheit zu bieten hat.

Keiner würde behaupten, hey tolles Parfüm, was Du trägst, es riecht nach Tinte. Aber doch meint man den handgeschriebenen Tagebüchern Deines Vaters diesen urvertrauten Geruch von Tinte zu entnehmen. L'Odorat - Étude 1.5 rüttelt an den Gitterstäben zu den Toren der verborgenen Kindheitserinnerungen. Ein vertrauter, ein anheimelnder Geruch, der meine Schulzeiterinnerungen mit Deinem Vater in Verbindung treten lässt. Geborgenheit, Sicherheit.

Die Seiten der Tagebücher duften nach Papyrus, sind getrocknet durch die salzige Luft der Meere, angereichert durch die holzigen Noten der schweren Hölzer der Möbel des Kapitänszimmers aus deren Poren die Harze in einem stetigen Strom der Erinnerungen ausdünsten.

L'Odorat - Étude 1.5 ist ein mystischer Duft, subtil in der Ausstrahlung, eigenständig und doch so vertraut. Wärme ausstrahlend, wie die Augen deines Vaters, denen das Licht genommen wurde, die einem aber immer noch das Gefühl geben können, zu Hause zu sein, dazu zu gehören und in sein Herz geschlossen worden zu sein.
47 Antworten
Kovex vor 4 Jahren 43 23
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Sillage
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Haltbarkeit
9
Duft
Die sanften Riesen
Die Skiurlaube meiner Kindheit verbrachten wir regelmäßig im Umland des österreichischen Maria Alm. Eine sehr familiäre und äußerst urige Pension auf einem Berg gegenüber des Aberg, zu erreichen über eine unbefestigte Serpentinenstraße, die das Erklimmen nur mit dem Aufziehen von Schneeketten möglich machte.

Der besondere Reiz dieser Pension mit ca. 10 Zimmern lag für mich als Kind nicht nur darin, dass jeder jeden kannte und die verschneiten Winterabende in der überschaubar kleinen Gaststube mit bollernden Kachelofen gemeinsam verbracht wurden, sondern auch darin, dass an das Gasthaus ein Kuhstall mit ca. 40 Kühen angeschlossen war, in dem ich täglich nach meinen Skikursen meine Zeit verbrachte. Das mir nicht unangenehme Aroma des Stalls aus frischem Heu und Kuhdung hat sich auf Ewigkeit in meinem Gehirn festgebrannt.

Dieser Geruch hat jedoch absolut gar nichts mit Zoologist´s neuester Kreation Cow zu tun. Wäre Oud eingesetzt worden, dass je nach Herkunft und Ausprägung durchaus diesem Aroma nahekommen kann, wäre das plausibel gewesen. Cow geht jedoch eine ganz andere Richtung und wie so oft schafft es Zoologist bei mir eine Assoziation zu dem Tiernamen her zu stellen. Aber möglicherweise bin ich auch nur das Opfer einer ausgeklügelten Marketing-Strategie. Nichtsdestotrotz kann ich den Duft mit meinen Erinnerungen in Einklang bringen, doch dazu weiter unten mehr.

Cow startet zu Beginn sehr frisch mit einer hellen leichten Blumigkeit. Der Apfel, den ich in Düften meist gar nicht mag, hat nur ein kurzes aber natürliches Gastspiel und macht Platz für ein zartes Zusammenspiel aus Maiglöckchen und Veilchen, so sanft und rein, dass mir sofort ganz milde ums Herz wird. Schon bald gesellt sich ein nur ganz leichtes süßliches Milcharoma hinzu, das den Duft in seiner Sanftmütigkeit noch weiter unterstreicht. Das Ganze ist dabei so wunderbar frisch und sauber, das der Duft für die wärmeren Jahreszeiten wie geschaffen ist. Fluffiger frische-Wäsche-Moschus in Verbindung mit Heliotrop tut sein Übriges um diesen Gesamteindruck aus cleaner, wohliger Frische mit einer hauchzarten vanilligen Süße noch zu verstärken.

Cow ist ein leiser Duft mit einer für mich überschaubaren Haltbarkeit von 5 - 6 Stunden, wie geschaffen für kühle Frühlingsmomente bis hin zu den wärmeren Sommermonaten.

Es ist ja nicht so, dass Zoologist mit seinen Düften immer den unmittelbaren Geruch eines Tieres abbilden will. Oftmals ist es auch der olfaktorische Eindruck des Lebensraumes, der Nahrung und manchmal auch eine Entsprechung des Wesens der jeweiligen Spezies. Und hier schließt sich für mich der Kreis.

Den Kühen, die ich nach meinen Skitouren im Stall besuchte, kraulte ich stundenlang das lockige Haar zwischen den Hörnern in der festen Überzeugung, dass sie es genauso genossen wie ich. Was sich eingeprägt hat, waren ihre großen sanften Augen unter den dicht bewimperten Lidern. Wer wird da nicht weich? Und genau da ist meine Verbindung, die ich vom Namen des Duftes zu seinem Geruch herstelle. Obwohl ich blumigen Düften eher selten zugeneigt bin, ist es dieser Eindruck von frischer frühlingshafter Blumenwiese sowie der zart-liebliche und weiche Grundtenor des Duftes, der sich in den Augen dieser sanften Riesen widerspiegelt.
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