Larimar

Larimar

Rezensionen
Larimar vor 10 Jahren 17 5
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Das original Rumeur - mehr chypré geht nicht!
Die großartigen alten Lanvin-Klassiker der 1920/30er Jahre sind mit das Großartigste was die Parfumeurskunst je hervorgebracht hat... My Sin, Arpège, Scandal, Rumeur oder Pretexte. Alle fünf wurden z.B. gemeinsam in schönen 10 ml Test-Flakons als Set aufgelegt und repräsentierten die Duftwelt von Lanvin.
Während My Sin (Mon Pèche) von einer mysteriösen Madame Zed, die eine russische Emmigrantin gewesen sein soll, kreiert wurde, war es André Fraysse und dessen Nase, die Lanvin den großen Erfolg Arpège sowie Scandal und eben Rumeur bescherten. Sein Sohn Richard Fraysse ist übrigens die 'Nase' von Caron heute und, wenn ich mich richtig erinnere, ist es Richards Sohn, der bereits wieder bei Caron von seinem Vater lernt.
Rumeur ist mir in mehreren, leicht unterschiedlichen, da auch unterschiedlichen Alters, Gesichtern begegnet. Allen gemeinsam ist der eindeutige trockene Chypre-Charakter. Costus soll es gewesen sein, das Rumeur (und auch vintage Vol de Nuit) seinen besonderen Touch verlieh. Die floralen Noten sind schwierig zu beurteilen, da Rumeur immer mindestens mehrere Jahrzehnte alt ist. Das Chypre-Herz und -Basis hingegen widerstehen dem Zahn der Zeit naturgemäß recht gut. Die animalische und holzig-warme Lanvinbasis ist in leichter Variation in allen alten Klassikern des Hauses vorhanden, wobei hier in diesem Fall der animalische Charakter nur im Hintergrund schlummert (Scandal und My Sin hingegen spielen offen und offensiv damit.).
Leider war Rumeur nie annähernd so leicht erhältlich wie Arpège oder My Sin und so waren die heißgesuchten Lanvinschätze stets Scandal und Rumeur. So wie düstere, regnerische Herbstabende zum Film Noir Schauen förmlich einladen, transportiert auch Rumeur seinen Träger in eine andere schwarz-weiße Epoche. Der Regen prasselt, der Whisky ist eingegossen und im Raum hängt die herbe Parfumnote von Rumeur...
5 Antworten
Larimar vor 10 Jahren 28 9
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
En Avion - Caron verleiht Flügel!
Wie bitte?! Kein Kommentar bisher für das GROSSartige En Avion? Hier betritt man Haute Parfumerie Terroir feinster Güte - deutlicher geht nicht mehr! En Avion eröffnet mit pompöser Sillage, einer Neroli-Duftwolke mit kräftigem Benzin- und Ledereinschlag. Der üppig florale Akkord, der dann freigelegt wird, ist dabei immer 'sombre' und ein bisschen 'maskulin'. Eine anisige Süßigkeit ist fest im Akkord verwoben. Ich persönlich bin immer leichte Beute für diese bittersüßen Kontraste. Der Star der Basis ist das Opoponax. Das Gesamtbild des Dufts (nach ca. 1-2 Stunden) ergibt eine 'Illusion von Leder', vermittelt den Duft von (menschlicher) Haut an der frischen Luft, an der Sonne).
En Avion ist ein Parfum, das auch nach nahezu 24 Stunden noch auf der Haut wahrgenommen werden kann. Als Mann ist und wird En Avion durchaus getragen, wobei die anfängliche Diva-artige Sillage wesentlich gezähmt werden kann durch Tupfen (traditionell DIE Applikationsmethode für reines Parfum!) statt Sprühen, was dabei auch das Duftbild insgesamt noch etwas 'dunkler' wirken lässt. Wer hingegen die Neroli-, Benzin-, Lederexplosion genießen will, sprüht sich ein und Mann bleibt zuhause... oder zieht die Blicke auf sich. Komplimente inklusive.
Wenn die Rede auf Caron kommt, dann finde ich, dass Tabac Blond und En Avion die klare Spitze bilden. Und erst dann kommen die restlichen zum Teil auch großartigen Parfums. Aber diese beiden stellen die Kronjuwelen im Arrangement dar.
En Avion wurde 1932 geschaffen als Hommage für die mutigen Frauen, die die Männerdomäne Luftfahrt für sich eroberten. Ernest Daltroff wird sicherlich Hélène Boucher und Amelia Earhart vor seinem künstlerischen Auge (oder Nase) gehabt haben. Interessant ist die thematische und zeitliche Analogie mit Guerlains fantastischem Vol de Nuit.
Wie immer bei Caron ist die Extrait de Parfum Konzentration klar vorzuziehen, wobei ich gestehen muss, dass ein Vergleich mit dem EdP vor ein paar Jahren schwierig (da wesentlich weniger deutlich als bei z.B. Tabac Blond) für mich war. Carons großartige 'Urnenparfums', die von den herrlichen Baccaratbrunnen in den Caron-Boutiquen gezapft werden, zeichnen sich ausnahmslos durch die meisterliche und sehr langlebige Basis aus. Das ist was Haute Parfumerie ausmacht und die Extrait de Parfum Konzentration ist ihr Ausdruck! Kein Haus verschreibt sich - meiner Meinung nach - heute noch so deutlich und verantwortungsbewusst dieser Tradition wie Caron!
Nicht nur bei Tabac Blond, sondern auch bei En Avion ist online vielfach von Klagen über die deutlich schlechtere Formulierung heute zu lesen. Auch hier muss ich sagen, dass ich bei meinen zahlreichen Vergleichen mit Extraits aus den 1980er Jahren bzw. sogar aus den Anfängen (1930er Jahren) kein wirklich abweichendes Duftbild (noch geringer als bei Tabac Blond) feststellen konnte. Das Extrait aus den 1930er Jahren kann naturgemäß bis weit in die Herznote hinein keinen authentischen Eindruck mehr wiedergeben. In der Basis jedoch muss ich gestehen, dass ich kaum einen Unterschied zu einem heutigen Extrait feststellen konnte. Beim Vergleich mit den 1980er Jahren zeigt sich, dass der Grundcharakter von En Avion früher eindeutiger 'chypré' gewesen ist - ein 'grünerer' Anfangsakkord (in der Duftpyramide war früher die Rede von Orangenbaum und nicht -blüte oder Neroli) und naturgemäß die Basis, wobei En Avion zu keiner Zeit ein sehr animalischer Duft war.
Abschließend noch ein Wort zu den original Flakons für En Avion, die sich leicht für die 1 oz. und 2 oz. Version unterschieden. Ich mache mir in der Regel nicht sehr viel aus der Präsentation eines Parfums generell, aber für En Avion bin ich Feuer und Flamme. Ein schlichtes Art déco Meisterstück von unerreichter Eleganz! Klasse und Finesse hat man oder eben nicht...
9 Antworten
Larimar vor 10 Jahren 40 13
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Lizabeth Scott trug Tabac Blond - oder zumindest hätte es ihr perfekt gestanden!
Die Caron Romantik vermag zu erzählen, dass Tabac Blond ursprünglich (1919) von
Ernest Daltroff für Männer konzipiert war. Sein 'Pendant' Felicie Vanpouille hingegen fand es in der damaligen Zeit für zu gewagt und so wurde Tabac Blond als Damenduft vermarktet.
Tabac Blond soll dem Duft des in den 1910er und 20er Jahren beliebt werdenden Virginia-Tabaks ('tabac blond'), der schick und en vogue war, gewidmet sein. Zigarettenrauchen in der Öffentlichkeit war für Damen in der damaligen Zeit noch absolut verrucht oder gar skandalös.
Diese konzeptive Verwirrung finde ich noch heute treffend. Die Androgynie macht einen guten Teil des Reizes aus. Eine rauchige, benzinartige Lederkopfnote, die den Weg zunehmend frei macht für eine amberige Basis mit Moschus und viel Nelken, wobei der Ledereindruck sehr lange, wenn auch weicher, erhalten bleibt. Tabac Blond beginnt mit großer Sillage und wird dann deutlich leiser, wobei es sehr lange (12 Stunden plus) auf meiner Haut wahrnehmbar ist.
Als ich Lizabeth Scott in dem klassischen Film Noir 'The Strange Love of Martha Ivers' sah, fand ich, dass sie den Charakter von Tabac Blond so treffend wie kaum jemand verkörperte. Die äußere Schale rauh, was allein schon die auffallend heisere Stimme quasi impliziert, und innen weich und warmherzig, wobei immer ein Hauch Mystik, Ungewissheit erhalten bleibt.
Tabac Blond schafft es auch heute noch, Unwissende in ihren Bann zu ziehen. Kein anderes Parfum an mir vermochte so viele Duftbewunderer anzuziehen (z.B. Duftverfolgungen in der Bahn oder Bewunderer an der Tankstelle (wie passend!)).
Für Caron gilt generell, aber für Tabac Blond insbesondere, die Regel, dass die Extrait de Parfum Konzentration bei Weitem überlegen ist. Das EdP von Tabac Blond verströmt zu Beginn einen durchaus reizvollen zigarettenartigen Duft, der relativ rasch in nahezu Nichts auf meiner Haut verfällt. Die Schwere (im positiven Sinn) und Fülle des Extraits (das sehr ölig in der Konsistenz ist) fehlt dem EdP gänzlich.
Die Caron-Boutiquen in Paris nehmen übrigens Telefonbestellungen (auch in Englisch) entgegen, was kostengünstig (Versand) und tadellos funktioniert.
Zum Abschluss möchte ich auf den Vergleich zum vintage Extrait eingehen. Ich bin im Besitz von mehreren Flakons, die ursprünglich original versiegelt waren. Trotz der Vielzahl an Beschwerden und einer allgemeinen (online) Lamentiererei ob der minderwertigen heutigen Formulierung des Extraits muss ich gestehen, dass meine Nase keinen allzu großen Unterschied vernehmen mag. Es sind im Detail deutliche Unterschiede in der Kopfnote und der Basis da, aber das Gesamtbild stimmt. Das vintage Extrait eröffnet mit einer schärferen terpentinartigen Kopfnote und einem Leder, das wir von Knize Ten kennen. Hier wird klar, warum Tabac Blond und Knize Ten früher in einem Atemzug genannt wurden. Dieser Part ist verdammt gut - so heftig und knallig! Großes Kino! Relativ bald verbleibt dann ein Akkord, den ich wie folgt versuchen würde nachzuahmen: 1/3 Knize Ten, 1/3 vintage Extrait von Nuit de Noel und 1/3 heutiges Extrait von Tabac Blond. Die 'Caronade', die legendäre Hausbasis (siehe 'Mousse de Saxe'), die im alten Nuit de Noel am deutlichsten repräsentiert ist, enthält - abgesehen von heute nicht mehr verfügbaren animalischen Stoffen - eine deutlich wahrnehmbare Vetivernote, die auch durch die gute Alterung absolut zum Träumen ist.
KEIN Parfum ist heute wie Tabac Blond! Wo Knize Ten zu Gentleman-like und einen Touch zu 'altbacken' wird, je länger man den Duft trägt, ist Tabac Blond immer noch verrucht, androgyn und gibt nie vollends seine Absichten preis. Und ich denke immer noch, Lizabeth Scott sollte Tabac Blond tragen... und ich zünde mir eine Sobranie Black Russian an!
13 Antworten
Larimar vor 10 Jahren 29 5
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Olfaktorischer Ausdruck der Romantik!
Cannes, Sommernacht in der Rue de Suquet. Es ist spät und die enge Gasse, in der praktisch jedes Haus ein kleines Restaurant beherbergt, leert sich langsam. Beim eiligen Hinaufschreiten der Rue de Suquet in Richtung Hotel trifft mich eine Duftwolke wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Mir war augenblicklich bewusst, dass es sich um L'Heure Bleue handeln musste. Ich schaue nach rechts und sehe eine junge Frau in männlicher Begleitung einsam an einem Tisch sitzen. Mein Gesichtsausdruck war offensichtlich dementsprechend entrückt verzückt, dass sie mir bewusst und intensiv in die Augen schaute. Was für ein Bild, was für eine Szene - dieser dramatisch verträumte, romantische Duft, der zugleich kühl-warm ist, so vielschichtig stark kontrastiert ist - Heliotrop, Anis, Orangenblüte, Nelke, die Guerlinade und die animalischen Untertöne schaffen ein Gesamtkunstwerk.
L'Heure Bleue muss mein SCHÖNSTES Parfum aller Zeit sein und war auch der einzige Guerlainklassiker, in den ich mich auf Anhieb verliebte. Ich sehe heute noch die Szene vor meinem geistigen Auge - in welcher Parfumerie ich bei Sonnenschein das EdT zuerst auf dem Teststreifen und dann auf meiner Haut getestet habe.
Ich liebe das ältere EdP aus der schwarz-goldenen Ära, weil es die volle Dramatik besitzt (der Tschaikowsky in der Parfumwelt?) und den Fokus auf die floralen Noten setzt. Das Extrait aus den 1990er Jahren und frühen 2000er Jahren ist perfekt erhalten (bei guter Lagerung) und hat durch die erst später erfolgte Reformulierung nichts von seiner Schönheit verloren. Um ein umfassendes Bild von L'Heure Bleue über die Jahrzehnte zu bekommen, muss man die schwere Moschusbasis eingebettet in dieses dramatische, florale Bouquet eines gut erhaltenen vintage Extraits gerochen haben.
L'Heure Bleue - die Stunde nach Sonnenuntergang bis zur Dunkelheit. Wieder ein Tag geht zu Ende! Das ganze Leben besteht aus kleinen Abschieden, Momenten, die nur durch die eigene Erinnerung und Gefühle 'unsterblich' werden. L'Heure Bleue ist für mich dieser kontemplative Moment, ein bisschen melancholisch ob der Tatsache und doch romantisch verträumt, schwelgend in dieser Erinnerung und der Bewusstheit, dass morgen wieder die Sonne aufgeht.
Noch ein letztes Bild, dass die Aura von L'Heure Bleue perfekt für mich beschreibt: Eine klirrend kalte Winternacht, die Straße ist verlassen und die dünne Schicht Pulverschnee knirscht unter den Schuhen. Das Mondlicht und die altmodische Straßenlampe lassen die Schneekristalle wie Sterne funkeln, eine leichte Brise macht klar, warum der wärmende Kragen ganz hochgestellt ist. Das weiche Material schmiegt sich an den Hals und von der warmen Brust kommt ein perfekt kontrastierter Duft empor. Diese frische klare Winterluft und L'Heure Bleue...
Hast du L'Heure Bleue schon erlebt? Gefühlt?
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