Lipkat

Now I don't wanna spoil the party... aber ins Play-Bashing stimme ich nicht ein. Play selbst ist bei mir primär orangig und etwas schwül, Play Sport ist deutlich leichter und riecht auf meiner Haut nach Mandarinenschalen mit einer Spur Minze... was ich innerhalb der Play-Familie für eine schlüssige Variante halte. Mehr tut sich auch bei mir geruchlich nicht, aber das tut sich sehr natürlich. Ich liebe diesen Duft, obwohl ich geschmacklich mit Mandarinen nichts am Hut habe. Doch der Geruch wirkt auf mich friedlich, fröhlich, belebend und vermittelt mir ein Gefühl von Geborgenheit.

Ich habe bisher nichts in der Drogerie gefunden, was diesen Duft so gut auf die Haut bringt und weniger kostet. Ich bin für jeden konkreten Tipp offen.

Es gibt Früchte, die hat die Evolution aus guten Gründen nicht hervorgebracht: Mitleid. Taktgefühl. Rücksichtnahme. Mutter Natur, so grenzenlos ihre Weisheit auch sein mag, konnte ja vor Milliarden Jahren nicht ahnen, dass ihre Wege irgendwann zu einem Label mit Namen "Ed Hardy" führen würden, das eine dieser Lücken zumindest duftmäßig füllt.

"Hearts & Daggers" riecht für mich tatsächlich, als sei dafür eine neue Frucht erfunden worden, deren Ausdünstungen die Welt nun ertragen muss. Ist es die Birne? Die Papaya? Der Martini? Beim Schnüffeln an meiner herzlich be-daggerten Haut wölmt mir wie eine feuchte Dunstwolke dieses undefinierbare Obstaroma entgegen, sehr voluminös, überreif und aquatisch. "Aufdringlich" würde es nicht treffen; dieser Duft ist eher vereinahmend, er streckt seine bedrängend feucht-schwülen Pfoten aus, damit man ihm seine ganze Aufmerksamkeit schenkt. Es ist ein wenig, wie wenn man an der Ampel ins Auto nebenan schaut, wo der Fahrer gerade seine Finger in der Nase vergräbt, sie dann herauszieht und man sich nur denkt "Bitte, bitte - nicht in den Mund!"... aber man kann auch nicht wegsehen.... und dann....

... äh... ja. Wegriechen fällt in diesem Fall zumindest mir nicht ganz leicht, denn beim Versuch, diesem Fruchtgepansche dann doch noch eine organische Verwandtschaft zuzuordnen, verblüfft mich immer wieder meine eigene Fassungslosigkeit darüber, was hier in die Flasche gefüllt wurde. Vielleicht ist dieser Duft einfach nicht für meine Haut gemacht - da ihn aber außer mir noch niemand kommentiert hat, scheine ich damit nicht alleine zu sein.

Villain for men hat hier wahrscheinlich deshalb noch niemand kommentiert, weil das, äh... Zeug niemandem die Zeit wert war. Ich habe ihm drei Chancen gegeben, davon eine auf der Haut - doch die penetrante Note nach Instantkaffee mit leichten Anleihen bei verdorrtem Gestrüpp vermochte mich nicht zu becircen. An diesem EdT ist - für meine Nase - so gar nichts rund und stimmig oder durchdacht. Offen gesagt wirkt Villain auf mich, als habe die Chefetage in ihrer Ed Hardy-Abteilung für Parfüm-Entwicklung angerufen und einen klaren Arbeitsauftrag gegeben: "Wir brauchen noch einen Duft - rührt irgendwas zusammen, Ihr habt acht Minuten."

Der Flakon mutet dazu mit seinen Kunststoffteilen so billig an, dass man sich stark an die Ed Hardy-Imitationen aus diesem roten Laden für sehr günstige Klamotten erinnert fühlt. Das Original unterbietet hier seine eigenen Kopien und Fakes. Was sagt uns das über den Zustand der Marke? Und bevor irgendwer mir unterstellt, Villain hätte aufgrund seiner Herkunft keine Chance bei mir gehabt: Love & Luck finde ich okay, und da mag ich den Flakon echt gerne.

Wie schade! Der Name "Villain" schreit doch danach, mit einem Bild, einer Konzeption an die Duftkreation heranzugehen, eine Idee umzusetzen, den Begriff zu interpretieren! Eine 100-prozentige Schuftigkeit leistet Villain sich dann aber doch: Er ist enorm haltbar und sehr wasserresistent. In diesem Fall ist das eine echte Gemeinheit.

Play verschießt den Großteil seines Pulvers in den ersten 90 Sekunden. Ein heller und funkelnder Orangenakkord ist vielleicht nicht jedermanns Sache und auch nicht der originellste Griff in die Trickkiste; wenn er gut gemacht ist, stehe ich aber auf solchen Flitterkram, ich geb's ja zu. Nach anderthalb Minuten ist dieser Zauber vorbei, und auf meiner Haut entsteht etwas, das mir folgende Szene vor dem inneren Auge entstehen lässt:

Ein Orangenhain an einem unglaublich schwülen Tag im Sommer... der Himmel ist verhangen, es ist relativ dunkel... die Luft so schwül und dick, dass man sie schneiden kann... die Orangen über-überreif, so weit, dass die Früchte teilweise schon platzen... dazu ein Geruch nach dem Zeug, das beim Bleistiftspitzen übrig bleibt, nach Graphit....

Klingt nicht gut, hm? Und trotzdem benutze ich Play hin und wieder echt gern. Eigentlich ein Fall fürs Mystery-Team.

Die No. 19 aus dem Hause Rituals bietet das, was der Name verspricht. Mehr nicht. Das ist in diesem Fall aber eine ganze Menge: Ein zutiefst erdiger und holziger Duft, rund, weich, ungemein maskulin; wie ein riesiger und dunkler alter Baum mit knorrigen Ästen und rissiger Borke inmitten eines noch feuchten, dichten Waldes an einem sonnigen Morgen im frühen Herbst. Diese Umschreibung mag kitschig sein - geschenkt. Aber sie bringt sehr präzise auf den Punkt, was ich mit diesem Duft in der Nase vor mir sehe. Kein Schnickschnack, keine Raffinessen, sondern eine bewusst auf wenige Noten reduzierte, klare, natürliche, intensive Komposition. Der Dufverlauf ist linear, die Haltbarkeit gut. Wer's erdig mag, sollte den unbedingt testen.