NuiWhakakore
NuiWhakakores Blog
Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 2 Jahren - 24.01.2022
28 36

Sag mal, brennt hier was? Versuch einer Annäherung

Es geht ja sicherlich vielen so: es gibt einfach bestimmte Noten in Düften, die mag man nicht. Man würde sie vielleicht sogar gerne mögen, aber es geht halt einfach nicht. Manche nimmt man nicht wahr, egal wie viel davon man sich unter die Nase haut. Andere überwältigen einen schon in der denkbar geringsten Dosis. Hier soll es um letztere gehen und wie man sie tolerieren und vielleicht sogar lieben lernen kann.

Die Note, um die es hier geht, ist Rauch. Wobei man wohl eher von der Rauch-Familie sprechen müsste, hat Rauch im Duft doch ganz unterschiedliche Ursachen, von deren jeweiliger persönlicher Wahrnehmung ganz zu schweigen.

Irgendwann im Laufe seines Parfumo-Lebens kommt man jedenfalls an einen Punkt, an dem man mal was richtig rauchiges ausprobieren möchte. So ging es mir zumindest und der erste richtig rauchige Duft war Midnight Oud (Eau de Parfum)Midnight Oud Eau de Parfum. Was ich damals wahrgenommen habe waren drei Dinge: Rauch, Rauch und Rauch. Alles andere war darunter verborgen und erst nach Stunden habe ich ein paar der sonstigen Noten gefunden. Ein klarer Fall von Überforderung.

Natürlich sollte man sich nicht so einfach geschlagen geben, deshalb hier ein paar Strategien zur Annäherung (an Rauch in Düften):

1. Hyposensibilisierung / Desensibilisierung

= durch die langsam in der Dosis ansteigende und wiederholte Exposition mit dem Allergen hofft man, einen sog. Isotypenswitch in den Antikörper-produzierenden B-Zellen zu erreichen (sagt Wikipedia, wenn auch in etwas anderem Zusammenhang, das kann man sicher übernehmen).

Ich habe es probiert und kann bestätigen, dass es funktioniert. Prinzipiell zumindest. Die Probleme liegen, wie meist, im Detail. Eine langsam in der Dosis ansteigende Exposition ist praktisch nicht erreichbar, da die Wahrnehmung von Duftstoffen so verdammt persönlich ist. Was der eine als „voll krasse Rauchbombe“ bezeichnet, ist für den anderen noch nicht mal als Rauch erkennbar. Es besteht also die Möglichkeit, dass man „ah ja, das war ein schöner Rauch“ unmittelbar zu „Bombe“ kommt und das demotiviert. Zumindest muss man aber in der Regel keine Anaphylaxie fürchten. Ein weiterer Nachteil ist, es dauert…

2. Konditionierung

= das Erlernen von Reiz-Reaktions-Mustern (Stimulus-Response) aus ursprünglich spontanem Verhalten. Die Häufigkeit eines Verhaltens wird durch seine angenehmen (appetitiven) oder unangenehmen (aversiven) Konsequenzen nachhaltig verändert. Das bedeutet, dass erwünschtes Verhalten durch Belohnung verstärkt und unerwünschtes Verhalten durch Bestrafung unterdrückt wird (Wikipedia).

Würde also bedeuten, man testet einen Duft und merkt, schöner Rauch, den mag ich. Daraus folgt: alles gut, du hast dir eine Belohnung verdient, nimm dir ein Bierchen, weiter so. Oder aber, man testet einen Duft und merkt, ekelhaft, Zimmerbrand, ich brauche frische Luft. Daraus folgt dann leider: falsche Reaktion, dafür musst du bestraft werden. Die Art der Strafe ist individuell, von die Wäsche bügeln bis Elektroschocks ist da vieles denkbar, wichtig aber: es darf keinen Spaß machen (also auch nicht die Elektroschocks)!
Das klingt für mich recht logisch, ich habe es aber nicht getestet. Falls da jemand einschlägige Erfahrungen hat, bitte melden.

3. Schocktherapie

= eine relativ unvorbereitet und plötzlich einsetzende körperliche Behandlung mit ungewohnt stark wirksamen physikalischen oder chemischen Reizen, die eine „Erschütterung“ in Form intensiver seelischer, vegetativer, hormonaler oder humoraler (bzw. Immun-) Reaktionen auslöst (Wikipedia).

Das bedeutet übersetzt soviel wie: vergiss die leicht rauchigen Wohlfühldüfte, die sind für kleine Jungs(oder kleine Mädchen, wir sind natürlich gegendert), hau Dir gleich die härtesten Düfte, die Du finden kannst unter die Nase! Und wir tupfen hier nicht mit Wattebällchen, wir sprühen und zwar kräftig! Denn man weiß ja, was nicht umbringt härtet ab und viel hilft viel.
Ich habe es ausprobiert und es hat funktioniert, wenn auch etwas anders als erwartet. Grundlage waren einige Düfte von Beaufort (Vi Et Armis, Cœur de Noir, 1805 Tonnerre, kann ich dafür sehr empfehlen)*. Und tatsächlich, die härten ab, mir kommt Rauch jetzt viel angenehmer vor. Manchmal frage ich mich sogar, wo die Leute in Duft x die starke Rauchnote finden, bei mir ist da nur noch ein leichter Hauch.


Ich denke, die Prinzipien sind klar und sollten auch auf andere Duftnoten übertragbar sein. Das nächste Projekt wäre dann vielleicht Vanille, oder Iris, oder aber die Königin der Nervtöter, die Rose (wobei ich glaube, dass ich dafür noch nicht reif bin und vielleicht auch nie sein werde).


Also, überwindet eure Ängste, no risk no fun!



* Eine unerwartete Nebenwirkung hatte die Therapie leider schon: ich bin jetzt allergisch auf Birkenteer. Das ist ein Rauch, mit dem ich nicht umgehen kann und der in hoher Dosis (sorry Mourant) wie stark geräucherter Speck in meiner Nase ankommt und auch in niedriger Dosis nervt.

28 Antworten

Weitere Artikel von NuiWhakakore