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vor 8 Jahren - 03.10.2016
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Nasengold im Parfumo-Interview - Vier Düfte, vier Fragen!

#S, :P, G. und /L – Nasengold, das Nischenduftlabel mit den kryptischen Namen, meldet sich erneut zu Wort!

An einem Montagabend im Juli treffen der Parfümeur Christian Plesch von Nasengold und ich uns zu einem zweiten Interview für Parfumo in der Tapas-Bar Altamira in Hamburg-Altona. Wir kennen uns seit etwa 15 Jahren, sind befreundet und ich freue mich, Christian mal wieder zu seiner Arbeit befragen zu können. Bei warmem Wetter, erfrischenden Getränken und leckerem Essen geht’s los:

Seit unserem ersten Interview hast Du zwei weitere Düfte auf den Markt gebracht. Zuerst erschienen #S und :P. Nach unserem Gespräch hast Du G. und /L entworfen. Magst Du was zu diesen beiden neuesten Kreationen erzählen?


Ja, G. basiert, wie das „G“ schon andeutet, auf Grapefruit. Was anderes ist gaaar nicht beabsichtigt. Das gehört zu Nasengold, dass der Name so ein Augenzwinkern hat, Ironie beinhaltet.

Es ging bei G. darum, einen Duft zu konzipieren, der die Grapefruit schön einkleidet. Normalerweise ist Grapefruit so ein Naturstoff, der sehr schwierig ist. Viele stören sich an seinem schwefeligen Akzent. Es ist nicht so einfach, daraus einen Unisex-Duft zu entwickeln, der auch etwas Weiches ausstrahlt. Ich hab das mit meinen Lieblingsgewürzen wie weißem Pfeffer, Ingwer und Kardamom probiert. Die Grapefruit explodiert damit förmlich als richtiges Frischegewitter. Um die Blitze abzuwehren, habe ich mit weichen Moschusnoten abgepuffert. Ich mag „kopfnotige“ Düfte. Aber nicht „monofrisch“, sondern so, dass sie auch Komplexität besitzen. Die Haltbarkeit ist ebenfalls ein Thema bei Grapefruit. Diese ganzen agrumigen Bestandteile sind normalerweise schnell weg. Aber durch Fondnoten, wie warme Holznoten beziehungsweise moderne ambrierte Akkorde, bekommt der Duft eine ganz andere Haltbarkeit.

Und /L ist ganz frisch rausgekommen. Das ist erst einen Monat (Interview war im Juli) in den Läden. Und „ / “ (SLASH) bedeutet in der Internetsprache „Pfad“. Und „L“ steht für „Luxus, Laster, Lenzen“. Und dieser Luxus als Attribut von /L ist ein anderes als das, was wir aus dem Fernsehen kennen. Es ist der Pfad, den wir einschlagen können: Den Luxus frei zu haben, zu entspannen, rauszugehen und ein Bier mit Freunden zu trinken, vielleicht auch ein bisschen den Lastern zu frönen. Aus diesem Grund ist der Duft zwar frisch, aber auch mit so einer lustvollen rauchigen Note. Dieser Kontrast besteht aus frischen Agrumennoten auf der einen Seite und Veilchennoten und Leder auf der anderen. Das ergibt einen ungewöhnlichen Effekt. Auch Maiglöckchen, krautige Akkorde und Litschi klingen an. Die Gesamtkomposition duftet für mich persönlich „luxuriös“.

Und zum Namen: Die Komposition der beiden Zeichen (/L) finde ich cool und avantgardistisch. Sie stehen optisch ein wenig im Kontrast. Jeder kann sich da hinein interpretieren, was er möchte.

Wie ist es denn bisher so mit Nasengold gelaufen?

Ich hab 2013 angefangen mit #S (ssssss, spritzig, sprudelnd). Und der lief gleich ganz ordentlich, da hab ich nach den ersten zwei Monaten schon nachproduzieren müssen. Und mit dem Erlös auch gleich das Geld verdient, um damit die zweite Variante :P anzuschieben. Wir sind in immer mehr Läden gekommen, was nicht zuletzt an meinem Distributeur Sven Eric Moos von willbeabrand liegt. Der kümmert sich darum, dass die Düfte hinkommen, wo sie gut aufgehoben sind, nämlich in Concept Stores und in kleine, feine Parfümerien. Da wo meine Düfte auch hingehören. Mittlerweile sind wir auch in anderen europäischen Ländern vertreten, so zum Beispiel in Dänemark, wo ich mit meinem Debut von #S einen Preis gewonnen habe („Best Niche Perfume in 2015“). Das war überraschend und geil.

Nasengold hat seit dem Start etwas Bekanntheit erlangt. Es ist schön zu erkennen, dass die Düfte an den Menschen unterschiedlich rüberkommen. Durch einen anderen Typus bekommen sie plötzlich eine ganz neue Aussage.

Ich arbeite auch weiterhin als angestellter Parfümeur und werde auch dabei bleiben, ganz einfach, weil es mir Spaß macht. Und ich genieße auch diesen Kontrast zwischen kommerzieller Arbeit und der Arbeit, die ich für mich selbst mache, die im Massenmarkt einfach nicht funktionieren würde.

Ich muss für mein eigenes Label nicht kommerziell sein. Von mir aus darf eine Sache auch mal floppen. Ich mach einen Duft in die Flasche rein, weil ich denke, der soll da rein.

Wie geht es weiter?

Nasengold sollte als Linie nicht zu weit aufgebläht werden. Sie soll belassen bleiben bei circa sechs Düften. Und das ich auch gut. Es soll eine kleine, feine Linie sein, die auch organisch gewachsen ist. Das ist mir wichtig. Dafür war es zu Beginn entscheidend, jemanden zu finden, der den Mut hat, eine Marke zu vertreiben, die mit nur einem Duft auf dem Markt startet. Risikobereit sind ja leider wenige heutzutage.

Und dann wird es so weiter gehen, dass ich nächstes Jahr mit einer neuen Marke starten werde. Die wird einen ähnlichen Duktus haben, zumindest von der Frechheit des Namens, wie Nasengold. Die beiden Düfte, mit denen ich reüssiere, sind fertig, da mache ich jetzt nur noch den Feinschliff. Und ich hoffe, dass die auf jeden Fall auch Fans finden werden, weil das auch so richtige kleine Drecksäue sind (lacht). Sie sind allerdings etwas erwachsener als die Nasengold Düfte. Sie sind immer noch sehr eigen und „sophisticated“, aber sie sind nicht mehr so „durchgeknallt“ wie die Nasengold-Sachen.

Was reizt Dich künstlerisch in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Es reizt mich, vielleicht mal ein paar Projekte mit Kollegen wie Mark Buxton oder Geza Schön anzustossen. Eine interessante, coole und moderne Koproduktion. Denn Nischenparfümerie betrachte ich auch ein bisschen als Avantgarde. Und mit den beiden Parfümeuren, die ich ja noch aus der Industrie kenne, verstehe ich mich nach wie vor gut. Nur dass wir uns an unterschiedlichen Standorten befinden…ich habe so viele Ideen, dass mir nicht langweilig wird.

Nasengold im Internet: http://www.nasengold.com/de

Nasengold bei Facebook: http://www.facebook.com/nasengold

Das Interview führte Milosava

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