ProFan

Ich kenne den alten Herrn im Anzug schon seit Jahren. Und zwar nur im Anzug und mit Hut. Wenn er grüßt, dann hebt er seinen Hut und „Küss die Hand“ kommt bei ihm mit der größten Selbstverständlichkeit. Das heißt, eigentlich kennen tut ihn ja niemand so genau: er war früher in einem Ministerium oder in einer Botschaft – sagt man sich. Auch sein alter Mercedes sieht heute genauso sauber aus wie an allen der letzten 5479 Tage. Im Zenit seiner Karriere wurde seine Korrespondenz noch in Schreibmaschinen getippt und nicht in MS-Word. In seiner Nähe kann man auch sein „Rasierwasser“ riechen: Sauber aber nicht klinisch, männlich aber kein Macho, unantastbar aber nicht unzugänglich, konservativ aber nicht stur.
So nobel würde manche Hotelseife gerne duften.
Ob der Duft auch zu einem jungen Mann passt? Gehe zum Herrenausstatter und zieh dir Anzug und Hut an. Wenn sie dir „zu groß“ sind, probier es in zehn Jahren wieder.

Diese Version der Iris dominiert den Duftverlauf etwa zwei Stunden lang. Die anderen Bauteile, die eigentlich eine schöne Basis erwarten lassen sind hier nur sehr schwach eingesetzt worden.
Man sollte also schon ein Liebhaber der Iris sein, damit man Gefallen an diesem eau de Parfum finden kann.
Mit Vanille, Tonkabohne und Patchouli könnte man einen bessere Duft machen.
Für mich bleibt also kein Grund, dieses Produkt zu empfehlen.
Der Duft ist leicht zu verstehen, zeigt von Anfang an, was es gibt. Da kommt auch keine Steigerung im Verlauf mehr.
Es würde mich nicht wundern, wenn es zu einem typischen Drogeriemarkt-Produkt wird.

Ich mag die 50er-Jahre!
Ich mag Fossil!
Ich mag Wacholder im Sauerkraut.
Aber hier steht Wacholder ständig im Mittelpunkt und läßt die anderen Komponenten kaum zu Wort kommen.
Ich finde Fossil 1954 ganz nett, aber leider empfinde ich es nicht so toll, wie Andere.
In solchen Fällen frage ich mich, wie es eigentlich mit der Serienstreuung bei der Abmischung aussieht.
Vielleicht habe ich ein Montagsparfum erwischt.

Die Qualitäten von Héritage haben sich mir nicht gleich gezeigt. Zum Glück hatte ich genug Geduld. Beim ersten Versuch vernahm ich lediglich Haarwasser oder ein stark verwässertes Parfumchen war. Beim zweiten Mal nahm ich sehr verschiedene Duftrichtungen wahr, die in völlig verschiedene Richtungen orientiert waren und gegeneinander stritten. Erst beim dritten Einsatz hat mein Geruchssinn das Geruchsbild als EIN Bild wahrgenommen. Von da an war es wunderbar. Héritage stellt sich nicht selbst in den Vordergrund stattdessen macht es seinen Träger sympathischer. An mir selbst rieche ich es nur leicht, aber kehre ich nach einigen Minuten in den Raum zurück, dann merke ich gleich, dass es hier duftet. Héritage entwickelt sich erst an der warmen Haut zu seiner ganzen Pracht.
Héritage kümmert sich nicht um die Mode oder welches Jahr im Kalender steht. Es ist wirklich wie die Taschenuhr, die von Großvater zu Vater und Sohn weitergereicht wird.
Wenn eines Tages nur noch Erinnerungen von mir übrigbleiben, dann können sie gerne mit diesem Duft in Verbindung gebracht werden – das wäre vollkommen in Ordnung für mich.

„Bevor sich Batman in die Nacht schwingt, nimmt er einen Schluck dieses Elixiers um mit dem Geist von Gotham City eins zu werden.“
Echt jetzt? Würdest du das schreiben?
OK: „Wenn man Schurken durch die Nacht jagt, wäre dieser Duft die richtige Wahl.“ Besser?
.....
Riecht so dunkle Materie?
Riecht so ein schwarz leuchtender Blumenstrauß?

Man muss kein finsterer Held sein, um diesen Duft zu tragen, sollte aber einen durchs Leben gefestigten Charakter mitbringen, damit Duft und Mann zusammenpassen.
Apropos Mann: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass auch eine toughe Frau mit diesem Wohlgeruch beeindrucken kann.
Das dunkle Encre Noire erinnert mich an Minze und Eisen.
Encre Noire hält sich auch ohne Kleiderschutz einige Zeit recht ordentlich.
Doch es bleibt nicht bei nachtdunkelschwarz, nein, da kommt auch etwas zutiefst Schönes, worauf man sich schon freuen kann.
Besonders, wenn man Encre Noire schon kennt, ist die Vorfreude auf den Verlauf ein ständiger Begleiter.
Während man noch mit Cold Steel hantiert ahnt man schon was der Abend für Master Wayne noch bringen wird:
Das Schwarz glänzt dann am Bösendorfer Imperial im goldenen Lichte des Konzertsaals und an den Louboutin So Kate der Begleiterin.